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Schicker Chinese nuckelt zu viel Strom: Schlägt der Nio EL6 im Test Tesla & Co.?

Fazit: Praktisch und modern, aber mit Stromdurst und Software-Schwäche

Der Nio EL6 überzeugt im Test mit seinem üppigen Platz, zudem ist er ausgesprochen komfortabel abgestimmt und mit neuster Elektronik ausgestattet. Der EL6 nimmt es mit den luxuriösen E-SUV aus Deutschland auf – in puncto Reichweite und assistiertem Fahren gibt’s jedoch Nachholbedarf. Darüber kann auch das einzigartige Akkuwechsel-System nicht hinwegtäuschen. Punkte gibt’s zudem für die Leistung und das ansprechende Design, mit dem er sich vom Einheitsbrei deutlich abgrenzt.

Für wen ist der Nio EL6?

Wer sich für einen Nio EL6 interessiert, hat bislang wahrscheinlich eher Audi Q5 und Q7, BMW X3 und X5 oder Mercedes GLC und GLE auf dem Schirm gehabt. In der Elektrowelt hört die Konkurrenz auf die Namen Audi Q6, Tesla Model Y und BMW iX3. Der Anspruch ist also klar. Und in vielerlei Hinsicht wird der EL6 dem Premium-Anspruch von Dienstwagen-Fahrern gerecht: Mit viel Komfort, Platz ohne Ende und ordentlicher Nutzbarkeit ist er für dienstliche wie private Fahrten gerüstet.

Dienstwagen-FahrerInnen dürfte auch gefallen, dass statt halbstündiger Ladestopps, die wir an Schnellladestationen (10 bis 80 Prozent Ladestand) messen, auch sechsminütige Akkuwechsel zur Wahl stehen – zumindest an gut einem Dutzend Stationen. Die schnellen Wechsel sind insofern wichtig, weil der EL6 mit begrenzter Reichweite von rund 300 Kilometern auf der Autobahn auffällt. Die eben erwähnten Dienstwagen-FahrerInnen müssen ihre Stopps also clever planen.

Wer gern abseits des automobilen Mainstreams kauft, für den ist der EL6 mit seinen flexiblen Abo-Modellen eine Überlegung wert. Denn: Nur auf den zweiten Blick ist der Nio mit mindestens 53.500 Euro teuer. Wer die Konfiguratoren der Konkurrenz anwirft, stellt schnell fest: So teuer ist der Premium-Chinese im Vergleich auch wieder nicht. Beispiel: Der Audi Q6 e-tron quattro kostet mit 74.700 Euro fast exakt das gleiche wie der EL6 mit dem 100-kWh-Kaufakku (plus 21.000 Euro). Während die Audi-Preisliste mit dieser stolzen Summe erst losgeht und die Wunschkonfiguration ruckzuck über die 90.000 Euro springt, ist im Nio einfach alles schon drin.

Nio EL6: Vorteile und Nachteile im Überblick

Nio EL6: Technische Daten, Reichweite, Leistung, Anhängelast, Preis

Länge/Breite/Höhe  4,85 x 1,99 x 1,70 Meter
Akku-Größen 75 kWh und 100 kWh (getestet)
Radstand 2.915 mm
Leistung 360 kW / 490 PS
Drehmoment 700 Nm 
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Von 0 auf 100 km/h 4,5 s
Reichweite WLTP 529 km
Akkutyp Lithium-Ionen
Ladeleistung bis 180 kW DC, bis 11 kW AC
Anzahl Sitze 5
Kofferraum und Frunk 579 Liter (bis zu 1.430 Liter), kein Frunk
Anhängelast / Stützlast 1.200 kg gebremst / 75 kg
Antrieb Allrad
Preis ab 53.500 Euro zzgl. Batterie-Miete oder Akku-Kauf75-kWh-Akku: 169 Euro monatlich oder 12.000 Euro100-kWh-Akku: 289 Euro monatlich oder 21.000 Euro

schicker chinese nuckelt zu viel strom: schlägt der nio el6 im test tesla & co.?

EFAHRER, Max Dockhorn

Nio EL6: Wer ist eigentlich Nio?

Zwar bringt der chinesische Autobauer Nio in Deutschland bislang kaum Autos auf die Straße:  Die Neuzulassungen waren im Januar und Februar 2024 jeweils zweistellig. Aber an der Auswahl liegt das nicht. Neben dem EL6 hier gibt es bereits das noch größere SUV EL7, die Limousine ET5, den ET5 Kombi namens Touring und den Luxusliner ET7. Sie alle hat EFAHRER bereits getestet und sie alle haben gewissen Gemeinsamkeiten.

Zum Beispiel die auffälligen Hörnchen auf dem Dach, den sogenannten Watchtower. Der besteht aus einem Laser-Scanner (LiDAR), und Surround-Kameras rundum, einigen Ultraschall- und Radarsensoren. Nio bereitet mit insgesamt 33 Sensoren seine Autos damit fürs autonome Fahren vor.

Nio EL6: Assistenzsysteme mit Aussetzern

Vorbereitung ist hier das Stichwort, denn so richtig gut funktioniert das noch nicht gut. Beim Fahren auf der Autobahn bricht das Auto vollautomatische Spurwechsel ab, nervt mit Phantombremsungen Fahrer- und BeifahrerInnen – ganz anders, als die Tester das im ET5 und ET5 Touring wahrgenommen haben. Beim Test im vergangenen Herbst und Winter waren sie vom „Nio Assisted und Intelligent Driving“ regelrecht angetan. Eine kurzfristig organisierte Vergleichsfahrt zum Testzeitpunkt ergab: In der Tat arbeiten die Systeme im ET5 deutlich zuverlässiger. Hier muss Nio nochmal an der EL6-Software drehen, die zum Testzeitpunkt die Version Banyan 2.0 trug. Kurz nach Ende des Tests veröffentlichte der Hersteller die überarbeitete Software Banyan 2.3, mit der das Problem behoben sein könnte. Das alles ist zwar ärgerlich, aber kein Beinbruch.

Nio EL6: Komfort und Fahrverhalten

Auf der Habenseite verbucht das stattliche Elektro-SUV seinen Komfortanspruch. Dank diverser Modi stellen die Tester das Fahrwerk, die Lenkung, die Rekuperation, die Sitze, das Lenkrad, die Spiegel und vieles mehr genau nach den Vorstellungen ein. Über das Nio-Konto werden die Einstellungen gespeichert – und beim Wechsel in einen anderen Nio automatisch übernommen. Praktisch!

Der Nio EL6 ist ohnehin ein sehr komfortabel ausgelegtes Auto. Das ist auf unebenen Straßen und auf Kopfsteinpflaster angenehm, bei zügiger Fahrt fehlt es trotz Sportmodus an Feedback von Lenkrad und Straße – eine Eigenart, die sehr viele Autos aus chinesischer Produktion haben. Trotz 490 PS, 200 km/h Spitzentempo und des sportlichen Antritts, der den dicken Nio in 4,5 Sekunden auf 100 km/h katapultiert, gehen es die Tester lieber ruhig an.

Nio EL6: Reichweite, Laden und Akku wechseln

Für die Reichweite ist das ohnehin besser, denn hier schlummert der zweite große Lapsus des EL6: Die EFAHRER-Tester haben an Wechselstrom-Säulen maximal 95 kWh in den Akku geladen. Die sind auf der Autobahn nach knapp über 300 Kilometern verbraucht – bei 130 km/h wohlgemerkt. Das entspricht einem vergleichsweise hohen Verbrauch von über 31 kWh auf 100 km. Das Tesla Model Y und weitere Autos in dieser Klasse sind hier deutlich genügsamer, die Reichweite selbst des Model Y Performance im EFAHRER-Test mit mehr als 500 PS und deutlich kleinerem Akku (netto 78 kWh) schlägt den EL6.

Wer in den Urlaub fahrt, lädt den neuen Akku jetzt mit bis zu 180 kW Leistung, der 75 kWh kleine soll weiterhin nur mit 135 kW laden. An einer Wechselstation, von denen es zum Testzeitpunkt in Deutschland rund ein Dutzend gibt, ist er in Minuten ausgetauscht, sofern diese nicht belegt ist. Beim Akkuwechsel gibt es noch eine Besonderheit zu berücksichtigen: Die im Vergleich zum ersten getesteten ET7 höhere Ladeleistung von 180 kW liegt nicht etwa an der Ladeelektronik im Auto, sondern am Akku. Alle EL6 werden mit dem neuen Akku ausgeliefert, in den Wechselstationen sind aber zum großen Teil noch Akkus der ersten Generation gebunkert. Nach dem Akkutausch kann das Auto also plötzlich auf 135 kW beschränkt sein. Weil alle neuen 100-kWh-Nios mit dem neuen Akku bestückt, und die Wechselstationen zügig weiter ausgebaut werden, wird sich dieses Thema in den nächsten Monaten aber weitestgehend erledigen.

Wer den Akku übrigens für 21.000 Euro kauft, der braucht sich diese Gedanken nicht zu machen: Nur Akku-Abonnenten kommen in den Genuss des Wechsels.

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Nio EL6: Abmessungen, Kofferraumvolumen, Anhängelast

Der Blick in den Kofferraum offenbart Reisetauglichkeit: Dem gutaussehenden Chinesen kommen die üppigen Abmessungen von gut 4,85 Meter Länge, zwei Meter Breite und 1,70 Meter Höhe zugute. Gute 520 Kilo dürfen EL6-FahrerInnen zuladen und 1,2 Tonnen Anhänger-Gewicht ziehen. In den Kofferraum passen zwischen 579 und 1.430 Liter Volumen. Damit und aufgrund der hohen Ladekante ist der EL6 sicher nicht das praktischste Auto der Welt, hinter Q6 und Q8 e-tron und sogar hinter dem BMW iX braucht er sich aber nicht zu verstecken.

Nio EL6: Innenraum und Elektronik

Gerade im Vergleich mit dem Nio ET5, bei dem die Tester die mangelnde Kopffreiheit bemängelten, gibt es ordentlich Platz und Komfort für die Insassen. Vier Leute sitzen bequem, auch der 1,83 Meter große Tester sitzt auf allen vier Plätzen bequem. Die Sitze sind komfortabel, bieten aber nur mäßigen Seitenhalt. Dank Massage, Heizung und Belüftung sitzt man sehr gut.

Die Oberflächen wirken hochwertig, nichts knarzt und knackt. Die Nio-typischen Pastelltöne würden die Tester dem schwarzen Innenraumlook und der grauen Farbe des Testautos vorziehen. Die Sprachsteuerung und das Navi überzeugen noch nicht unbedingt, sie werden beide aber stetig dank Updates besser. Vor dem Update auf Banyan 2.3 wechselten Nomi und Navi sich ab mit „Du“ und „Sie“ – das ist ungewohnt. Leider gibt es kein Apple Carplay und Android Auto – zur Navigation ist man auf das Nio-System festgelegt.

Gut gefällt uns das Panorama-Schiebedach, das ein luftiges Raumgefühl vermittelt und sich auch auf Sprachbefehl öffnet. Bemerkenswert: Auch für die Rücksitzbank gibt es eine Sitzverstellung.

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Nio EL6: Varianten, Preis, Marktstart

Der Nio EL6 ist ab sofort bestellbar, kurzfristig lieferbar und in mehreren Versionen erhältlich: Alle kosten ab 53.500 Euro und sind sehr gut ausgestattet. Aufpreis gibt’s fast nur noch für die Batterie-Varianten: Die 75 kWh große kostet 12.000 Euro einmalig oder 169 Euro monatlich. Die 100 kWh große 21.000 Euro oder 289 Euro monatlich. Nur wer abonniert, kann die Akku-Wechselstationen von Nio nutzen.

Der EL6 ist damit sicher alles andere als ein Schnäppchen. Wer aber schaut, was andere Fahrzeuge in dieser Klasse kosten, wenn sie vergleichbar ausgestattet oder motorisiert sind, wird feststellen: Mit beliebten Premium-Verbrennern und Elektroautos kann Nio es durchaus aufnehmen.

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