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Maserati-Design-Chef Klaus Busse: So macht man den perfekten Sportwagen!

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Ein Mann und sein Werk: Designer Klaus Busse studiert kritisch seine jüngste Schöpfung – den Maserati MC20. © Maserati

Klaus Busse ist einer der wichtigsten Auto-Designer der Welt. Sein jüngstes Werk: Der neue 630 PS starke MC20 von Maserati. Lesen Sie hier das Interview.

  • Im Exklusiv-Interview verrät Klaus Busse seine Design-Geheimnisse.
  • Überall am Auto wurde der Dreizack versteckt, sogar auf der Motorhaube.
  • Sportlich und gut aussehen – dazu braucht es keine Spoiler und Lüftungsschlitze.

Es röhrt, blubbert und brabbelt. Der Asphalt ist heiß, die Luft riecht nach Benzin. Was gibt es für einen besseren Ort als eine Rennstrecke, wenn man einen Sportwagen-Designer interviewen will? Wir sind am Autodromo di Modena, der Haus- und Hofstrecke von Maserati. Über den Rundkurs donnern brandneue MC20*. Der Supersportwagen ist das neueste Werk von Klaus Busse, dem Chef-Designer der italienischen PS-Schmiede. Lässig steht er in der Boxengasse, streichelt den MC20 mit Blicken und erklärt, warum dieser Maserati etwas ganz Besonderes ist. Lesen Sie hier das Interview.

Was war für Sie als Designer die größte Herausforderung beim MC20?

Klaus Busse: Wir wussten, dass der MC20 einzigartig ist. Ein Fahrzeug, an dem eine ganze Generation von Designern gemessen wird, und dass das Auto auch noch ein paar Generationen später diskutiert wird. Wenn man einen Sportwagen für Maserati macht, dann sind zwei Dinge wichtig. Erstrangig geht es nicht nur um das Design, sondern vor allem um die Performance. Bei uns arbeiten Fahrzeugtechnik und Design traditionell sehr eng zusammen. Weil die Ingenieure und wir Designer wissen, dass ein Auto nicht nur gut aussehen, sondern auch perfekt funktionieren muss. Und zweitens wird ein Maserati nicht einfach entworfen für einen dreijährigen Leasingvertrag, sondern für 10, 20, 30 Jahre Laufzeit. Die Fahrzeuge gehen in eine Kollektion, sie fahren irgendwann mal bei einem Concours d´Elegance mit.

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Weit aufgerissenes Maul, Dreizack im Kühler – und oben drüber das Zäpfchen. Der MC20 ist ein typischer Maserati-Sportwagen. © Maserati

Busse: Er muss können, wenn man will, aber er muss nicht zeigen, was er kann. Maserati war historisch immer schon keine schreiende Marke. Nicht nach dem Motto, schaut her, hier komme ich. Ein Maserati hat allein schon durch sein Design, durch die Proportion und den Klang des Motors dominante Präsenz. Da muss man nicht noch zusätzlich unnötig auftragen mit Spoilern oder unechten Lüftungsschlitzen. Die Eleganz, die für Maserati steht, verspricht eine gewisse Zeitlosigkeit. Luxusprodukte müssen qualitativ aber auch visuell langlebig sein. Je weniger modische Elemente, desto höher die Langlebigkeit. Das zeigt sich auch bei unseren historischen Autos. Ein A6 GCS oder die Ghiblis – das sind auch heute noch wundervolle Fahrzeuge.

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Sogar auf der Motorhaube, die bei einem Mittelmotorsportwagen selbstverständlich hinten ist, findet sich der Maserati-Dreizack. © Maserati

Ohne Dreizack kein Maserati – wo haben sie das Markenzeichen versteckt?

Busse: Der Trident findet sich an wenigen, aber ganz wichtigen Stellen. Traditionell im Kühler und hinten auf den Schultern in der C-Säule. Beim MC 20 sogar in den Lüftungsschlitzen auf der Motor-Abdeckung. Dieser Dreizack ist in den sozialen Netzwerken mittlerweile das meistfotografierte Detail. Die technische Anforderung dazu kam spät im Entwicklungsprozess. Da wird bei uns im Design-Team aber nicht groß gefackelt. Zunächst haben wir mit einem schwarzen Tape drei Streifen auf die Abdeckung gemacht. Das hat uns nicht zu 100 Prozent gefallen. Und da kam ich auf die Idee, das ganz abstrakt als Trident aufzubauen. Kein großes plakatives Logo, sondern erst auf dem zweiten Blick erkennbar und aus der Funktion heraus geboren. Die Dreispeichen-Felgen, die ebenfalls vom inspiriert wurden, sind ein weiteres wichtiges Element. Wenn man noch genauer hinsieht, dann entdeckt man auf den Felgen noch so ein kleines Dreieck. Das ist auf Italienisch die Ugula, das Zäpfchen, das man im Hals hat. Das sieht man auch vorne im Kühlergrill, der ja an einen, aufgerissenen Mund erinnert.

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Deutsche Seele, italienisches Blut: Klaus Busse ist einer der wichtigsten Designer der Welt, jetzt auch im Stellantis-Konzern. © OrazioTruglio / Maserati

Welcher Maserati hat Sie am meisten beeindruckt?

Busse: Das Auto, das meine Liebe zur Marke prägt, ist der A6 GCS von 1954, Pinifarina. Das Fahrzeug zeichnet sich für mich durch seine besondere Ruhe aus. Es erinnert an einen Flugzeugrumpf. Wunderschön. Und dann die brutale Ehrlichkeit, auf der Fahrerseite die frei liegenden perfekten Auspuffrohre. Maserati war nie eine Marke, die nur aus der Skulptur entsteht. Bei Michelangelo denkt man an die reine Skulptur. Bei Leonardo da Vinci ist die Kunst ein Beiprodukt von Wissenschaft und Forschung. Es ist zwar kühn von Leonardo da Vinci zu reden, da werden wir vermutlich nie mehr rankommen. Aber dieser Anspruch, wir gehen einen Maserati nicht nur mit ein paar schöne Skizzen an, sondern schauen mit den Ingenieuren gemeinsam, was die Technik hergibt, den verfolgen wir ganz konsequent. Intern nennen wir das: When science creates art. Wenn aus der Wissenschaft Kunst entsteht.

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Aerodynamisches Meisterwerk: Der MC20 kommt ganz ohne Spoiler aus, generiert den Anpressdruck allein über die Karosserie. © LORENZO MARCINNO / Maserati

Da prallen dann aber auch Gegensätze aufeinander?

Busse: Das ist auch beim MC20 so. Genauso wie beim A6 präsentiert sich die obere Schale, die Silhouette, ganz pur. Hier wurde beim Modellieren auch viel von Hand feingetunt. Den unteren Bereich hat hingegen nie eine Hand berührt. Er wurde komplett am Computer geplant, ein schwarzer komplett funktioneller Bereich. Mechanische Ehrlichkeit trifft hier auf elegante zurückhaltende Formen. Zwei sehr unterschiedliche Welten, aber das gefällt mir gut.

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Puristisch aber nicht unbequem ist das Interieur des MC20. Perfekt für die Rennstrecke, angenehm für die Langstrecke, so soll es sein. © Maserati

Rennbiest, Reiselimousine, Alltagsgefährt – auch im Interieur?

Busse: Das fängt schon bei der Fahrzeughöhe an. Wir hätten das Auto noch niedriger machen können. Aber das hätte Raum gekostet. Wir haben auch den Tunnel in der Mitte sehr schmal und flach gestaltet. Viele Sportwagen haben dramatische Konsolen in der Mitte. Sehr breit. Sehr diagonal. Das ist gar nicht notwendig bei einem Mittelmotorwagen, weil hier das Getriebe hinten ist und keinen Kardantunnel braucht. Eine große Konsole mag cool aussehen, nimmt aber in der Realität viel Platz weg. Damit der MC20 möglichst viel Raum hat, der auch eine lange Reise angenehm macht, wurde der Tunnel maximal klein gestaltet. Damit das Einsteigen in so einen Sportwagen leichtfällt, haben wir Butterfly-Türen genommen. Das ist der eine Grund. Anderseits wollten wir nicht, dass das Auto vom Fahrer unterschätzt wird. Der MC20 fährt sich zwar sehr sicher, sehr entspannt, ist aber auch ein echter Sportwagen. Da musste eine psychologische Schwelle her. Und so sieht man, wenn man diese an sich schon spektakulären Schmetterlingstüren öffnet, den komplett frei gelegten Reifen und spätestens da weiß man: Hoppla, wenn man dieses Auto bewegt, dann braucht man auch eine gehörige Portion Respekt.

Das Interview führte Rudolf Bögel. *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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