24.04.2024 16:38 Uhr | Lesezeit: 4 min
Michael Ziegler wird den Kfz-Landesverband Baden-Württemberg auch in den nächsten drei Jahren führen. © Foto: Emil Frey Deutschland
von AUTOHAUS
Michael Ziegler steht auch in den kommenden drei Jahren an der Spitze des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg. Der seit 2018 amtierende Präsident wurde anlässlich der Delegiertenversammlung des Kfz-Landesverbandes in Korntal-Münchingen einstimmig wiedergewählt.
Diese Aussage untermauerte der Branchenvertreter mit Vergleichszahlen: Inklusive Karosseriebauern und Lackierern kommt das deutsche Kfz-Gewerbe auf 480.000 Arbeitsplätze, die Kfz-Industrie auf 467.000. Beim Inlandsumsatz lag das Gewerbe 2023 mit bundesweit fast 210 Milliarden deutlich höher als die Hersteller mit 170 Milliarden: “Diese Bedeutung des Gewerbes als Wirtschaftsfaktor löst bei den Entscheidungsträgern immer wieder Verblüffung aus”, erklärte er. Das Kfz-Gewerbe im Ländle sei an diesen Zahlen mit 90.000 Beschäftigten (21 Prozent) und 40 Milliarden (19 Prozent) beteiligt.
Sonderkonjunktur im Gewerbe ist vorbei
Das Kfz-Gewerbe habe wirtschaftlich in den vergangenen zwei Jahren eine Sonderkonjunktur mit Umsatzrenditen von bis zu drei Prozent hinter sich, die auf knapper Ware bei Neu- und Gebrauchtwagen und der Förderung der Elektromobilität basiert habe, betonte Ziegler. “Das ist jetzt aber vorbei.” Die deutsche Wirtschaft insgesamt habe einen Kipppunkt erreicht. Damit komme der Mobilitätsmarkt in einen kritischen Bereich, weil die Kaufkraft abnehme. Außerdem sei festzustellen, dass der Plan, 15 Millionen E-Autos in den nächsten Jahren im Markt zu platzieren, nicht funktioniere und auch die eine Million Ladesäulen nicht zu erreichen seien. Ziegler: “Wir schaffen das nicht.”
Der alte und neue Landesverbandspräsident geht außerdem davon aus, dass statt rund 3,5 Millionen Neuwagen wie in guten Jahren langfristig eher 2,5 bis drei Millionen in Deutschland verkauft werden. Er forderte deshalb Konsequenzen seitens der Politik, so müssten die klimapolitischen Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung angepasst werden. Ziegler: “Wir brauchen einen Plan, der sagt, da stehen wir und das müssen wir tun.” Beispielsweise sei die CO2-Bepreisung ein Fehler, der zusammen mit den Flotten-Grenzwerten deutsche Hersteller zwinge, Creditpoints bei ausländischen E-Autoherstellern zu kaufen. “Wir schieben damit unserer Konkurrenz in China und den USA Geld, das wir dringend für die Transformation brauchen, in den Rachen und erhöhen so den Druck auf unsere Industrie und damit indirekt auch auf den Handel”, prangerte er an.
Branchenkonzentration setzt sich fort
Am Konzentrationsprozess in der Branche werde das aber nichts ändern, bekräftigte Ziegler. “Es wird weniger Betriebe und weniger Arbeitsplätze geben, je nachdem, wie sich die Margenverlagerung vom Handel in Richtung Hersteller, der sinkende Gesamtmarkt und die Überarbeitung der Händlernetze durch die Hersteller entwickelt.” Außerdem sei es wichtig, alle Möglichkeiten zu nutzen, die sich durch die technologischen Entwicklungen auftun.
Im Verhältnis zwischen Kfz-Gewerbe und Autoherstellern erkennt Ziegler hingegen eine positive Entwicklung. Der Angriff auf die Autohäuser durch Agenturmodelle sei zu einem großen Teil zurückgenommen, erläuterte er. Parallel nehme auch der Druck beispielsweise durch Software- und Tec-Firmen ab, “die wie Apple meinen, Autos bauen zu können”. Die bisherige klare Arbeitsteilung von Hersteller und Händler gewinne wieder an Gewicht. Für das Gewerbe sei wichtig, “dass wir eine faire Vergütung für unsere Arbeit auf Basis einer effektiven Aufgabenverteilung zwischen Industrie und Handel erhalten.” Dabei helfe, “wenn Politik und Öffentlichkeit wissen, dass wir als Wirtschaftsfaktor auf Augenhöhe mit der Industrie sind”.