Maserati

Im Test: Maserati Grecale GT

Der Grecale ist der Maserati unter den Kompakt-SUVs. Der sportliche Italiener setzt auf Luxus und Leistung, als Hauptgegner nimmt er den Porsche Macan ins Visier. Schon das Einstiegsmodell GT bietet 300 PS auf. Sie entspringen einem mildhybridisierten Vierzylinder-Turbo. Passt der zu einem Maserati? Fahrbericht:

im test: maserati grecale gt

Grecale: Wie alle Maseratis ist auch er nach einem mediterranen Wind benannt – in diesem Falle einem, der kühl aus nordöstlicher Richtung weht. Hersteller

Wie er aussieht:

“Cooles Auto” ruft die eine Nachbarin begeistert und reckt den Daumen hoch. Die andere schickt uns finstere Blicke hinterher. Allein die Tatsache, dass auf dem Grecale der “Maserati”-Schriftzug steht, ordnet ihn unübersehbar einer motorisierten Elite zu, die für den überwiegenden Teil der autofahrenden Bevölkerung unerreichbar ist. Dass man es außerdem mit einem SUV zu tun hat, baut das Missfallen automobiler Sozialkritiker auch nicht gerade ab. Der unvoreingenommene Betrachter aber kommt nicht umhin zu konstatieren, dass der Grecale einfach bildschönes Auto ist. Sein eleganter italienischer Maßanzug lässt das Muskelspiel darunter erahnen, ohne dabei auch nur einen Hauch aufdringlich zu wirken; die dezenten Schmuckstücke sind an den genau richtigen Stellen platziert, ob es sich nun um die senkrechten Streben des Kühlergrills, die kleinen Lufteinlässe an den Flanken oder den Maserati-Dreizack auf der C-Säule handelt.

Mit einer Länge von 4,85 Metern ordnet sich der Grecale unterhalb seines großen Bruders Levante ein, die Plattform mit dem schönen Namen “Giorgio” teilt er sich mit dem Alfa Romeo Stelvio, denn auch Maserati gehört zur großen Stellantis-Familie. Unmittelbarer Mitbewerber ist der Porsche Macan, aber auch Premium-Kompakt-SUVs  wie BMW X3, Audi Q5, Mercedes GLC oder Jaguar F-Pace zählen zu den Konkurrenten.

Wie er eingerichtet ist:

Die Verarbeitung ist von prestigeträchtiger Güte, als Materialien der Wahl haben die Innenarchitekten Leder (und zwar echtes, der Grecale hat keine vegane Seele), feine Hölzer und Chrom gewählt, nirgends breitet sich unwürdiger Kunststoff aus. Die qualitativ hochwertigen Sitzmöbel bieten sowohl in erster als auch in zweiter Reihe bequemen Komfort, ohne dass es ihnen am kurvensicherem Seitenhalt fehlt.

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Darüber hinaus schließt sich der Grecale konsequent der digitalen Moderne an. Gleich vier Displays präsentiert er: Eines hinterm leicht überfrachteten Multifunktionslenkrad, über das sich auch die Konfiguration vornehmen lässt, dazu zwei weitere in der Mittelkonsole. Das obere illustriert die – weitgehend umstandslos zu bedienenden – multimedialen Möglichkeiten, das untere vornehmlich die der Klimatisierung und des Lichts. Und schließlich gibt es noch die kleine, kreisrunde Smartwatch, die nur auf den ersten Blick traditionell analog aussieht, sich in Wahrheit aber mit verschiedenen Inhalten beschicken lässt und so beispielsweise als Kompass fungiert oder über die G-Kräfte informiert. Für den musikalischen Wohlklang sorgt ein standesgemäßes Audiosystem von Sonus Faber.

Das Smartphone findet via Apple CarPlay und Android Auto kabellos seinen Weg ins Infotainment, zudem hat Maserati Amazons Alexa an Bord gebeten. Das Sprachdialogsystem reagiert auf den saloppen Zuruf “Hey Maserati”, es funktioniert einigermaßen gut, Mercedes beispielsweise ist da aber schon mindestens eine Klasse weiter.

Die Türen öffnen wie im Fiat 500 E auf Knopfdruck, desgleichen lassen sich die Fahrstufen über Taster anwählen. Das mag nicht jeder, wir sind aber gut damit klargekommen.

Wie viel Platz er hat:

Der Einstieg gelingt bequem, die Raumfülle erweist sich als beachtlich. Das Gepäckabteil ist mit feiner Auslegeware verkleidet, beim von uns gefahrenen Mildhybrid schrumpft das Volumen allerdings von sonst 570 auf 535 Liter. Die dreigeteilten Rücksitzlehnen lassen sich praktischerweise vom Kofferraum aus umlegen, unterm Ladeboden gibt es ein kleines Kellerabteil, und die Heckklappe öffnet und schließt elektrisch. Alles andere wäre in dieser Preisklasse freilich auch unangemessen.

Was ihn antreibt:

Der GT ist das Basismodell der Grecale-Familie. Ihm ist ein Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit 221 kW/300 PS und 450 Newtonmetern Drehmoment zu Diensten. Maserati hat den Turbobenziner mildhybridisiert, was bedeutet, dass ein kleiner Elektromotor in Gestalt eines Riemenstartergenerators (RSG) die Funktion einer Lichtmaschine übernimmt und die Batterie lädt, die wiederum den sogenannten E-Booster des Motors versorgt.  Eine Achtgang-Automatik von ZF überträgt die Antriebskräfte an alle vier Räder.

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Etwas stärker agiert der Grecale Modena, hier erfährt der Zweiliter-Vierzylinder eine Leistungssteigerung auf 243 kW/330 PS. Wer Sechszylinder-Seligkeit sucht, muss den Grecale Trofeo wählen, dessen Dreiliter-V6 gleich 390 kW/530 PS bereitstellt.

Auf der Shanghai Auto Show im Frühjahr hat Maserati zudem eine elektrische Variante namens “Folgore” vorgestellt.

Wie er sich fährt:

Zum Leben gerufen wird der Vierzylinder-Benziner über einen am Lenkrad positionierten Startknopf. Der Sound, der daraufhin aus der vierflutigen Auspuffanlage dringt, ist von eher dezentem Wohlklang. Freunde mächtiger Tonfülle mögen enttäuscht das Haupt mit den erwartungsvoll gespitzten Ohren senken, uns hat die Maserati-Musik in Vierzylinder-Moll gut getaugt.

Auch hinsichtlich der Leistung machen sich keinerlei Defizite bemerkbar. Der Grecale GT hängt folgsam am Gas, unterstützt vom elektrischen Boost sputet er sich, um in schnellen 5,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu gelangen, in der Spitze legt er 240 km/h auf den Asphalt, das liegt eigentlich schon jenseits dessen, was im öffentlichen Straßenverkehr überhaupt noch tolerabel ist. Die sehr gute ZF-Automatik wählt unaufgeregt die jeweils passende Fahrstufe aus, die mächtigen Schaltwippen am Lenkrad – die den Fingern beim Blinken immer irgendwie in die Quere geraten – haben wir kaum bemühen müssen.

Der GT beweist agilen Sportsgeist, aber nicht in Hardcore-Manier. Gern nutzt man ihn als kultivierten Gleiter, was auch vom Umstand begünstigt wird, dass das maximale Drehmoment über ein breites Band zwischen 2000 und 4000 Umdrehungen zur Verfügung steht und das adaptive Luftfahrwerk (Aufpreis) Unebenheiten verschiedenster Art fein pariert, dies bei vergleichsweise geringfügigen Karosseriebewegungen. Als bevorzugten Fahrmodus haben wir “Comfort” genutzt, daneben gibt es “GT” und “Sport”. Man spürt den Unterschied, auch am Sound übrigens; und der Druck auf eine Lenkradtaste bewirkt, dass sich die Stoßdämpfer noch einmal nachstraffen.

Was er verbraucht:

Der Grecale GT wiegt fast 1,9 Tonnen, hinzu kommt die hohe Leistung, Spritsparrekorde sind daher nicht zu erwarten, trotz Vierzylinder und 48-Volt-Mildhybridsystem. Schon auf dem Papier wird ein Verbrauch von 8,7 bis 9,7 Tonnen angegeben, in der Praxis solle man mit zehn bis zwölf Litern rechnen, bei schärferer Gangart mit mehr.

Was er bietet:

Serienmäßig unter anderem Allradantrieb, Performance-Bremssystem, Vierfach-Auspuffanlage, volldigitales Fahrerdisplay, zwei Touchscreens, Sonus-Faber-Audiosystem mit 4 Lautsprechern, Rückfahrkamera, Tempomat und Fußgängererkennung. Erstaunlich vieles muss noch extra bezahlt werden: Das Handlingpaket etwa (Sperrdifferenzial, Skyhook-Fahrwerk mit adaptiver Federung etc.), ebenso das erweiterte Fahrassistenzpaket (Adaptivtempomat, Verkehrszeichenerkennung, Spurhalteassistent mit Totwinkelassistent, adaptive Voll-LED-Matrix-Hauptscheinwerfer) und das Tech Assistance Paket, zu dem unter anderem Navi, Induktionsladeschale und Head-up-Display zählen.

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Was er kostet:

Ab 71.519 Euro. Unser Testwagen hatte Sonderausstattung im Wert von rund 24.500 Euro an Bord, was in einen erschütternden Endpreis von 96.022 Euro mündete. Wie die Homepage des Herstellers informiert, herrscht bei Maserati Modelljahreswechsel, der Grecale lässt sich daher vorübergehend nicht konfigurieren. Nach der Sommerpause dürften sich neue Preise ergeben.

Was wir meinen:

Der Maserati Grecale ist ein Kompakt-SUV der Edelklasse, mit dem sich der auf Individualität bedachte Kunde erfolgreich von der Masse abheben kann. Der mildhybridisierte Vierzylinder tut der sportlichen Ausstrahlung keinen Abbruch. Platz gibt es reichlich, in multimedialer Hinsicht ist der Nobel-Italiener modern aufgestellt. Sparsam sieht allerdings anders aus, und auch beim Preis langt Maserati  heftig zu.

Ulla Ellmer

Datenblatt: Maserati Grecale GT

Antrieb: Mildhybrid, Allradantrieb, 8-Gang-Automatik

Hubraum 1995 ccm

Zylinder 4

Leistung 221 kW/300 PS bei 5750 U/min

max. Drehmoment 450 Nm bei 2000 – 4000 U/min

Höchstgeschwindigkeit 240 km/h

Beschleunigung 0 – 100 km/h 5,6 sec

Normverbrauch WLTP 9,2 – 8,7 l Super Plus/100 km

Testverbrauch 11,2 l Super Plus/100 km

CO2-Emission 208 – 198 g/km

Schadstoffnorm Euro 6d-FINAL

Energie-Effizienzklasse E

Länge 4,85 m

Breite 1,95 m

Höhe 1,67 m

Radstand 2,90 m

Sitzplätze 5

Gepäckraum 535 bis 1237 l

Tankinhalt 64 l

Leergewicht 1870 kg

zulässiges Gesamtgewicht 2560 kg

Zuladung 690 kg

Anhängelast 750 kg (gebremst), 2300 kg (ungebremst)

Reifengröße 235/55 R19

Grundpreis 71.519 Euro

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