Der Wagen scheint ein Elektroauto für Petrolheads zu sein
Der Hyundai Ioniq 5 N steht in den Startlöchern. Schon Anfang 2024 kommt das 478 kW starke Sportvariante des Mittelklasse-SUVs auf den Markt. Nun sind die ersten Testberichte erschienen, unter anderem bei der Automobilwoche sowie unseren Schwesterseiten InsideEVs USA und Motor1 Italien. Wir berichten hier über die interessantesten Ergebnisse der Testfahren in Korea.
Technik: Mehr Leistung und größere Batterie
Doch zunächst etwas zur Technik: Wir dachten ursprünglich, der Hyundai Ioniq 5 erhielte in der N-Version wohl den gleichen Antrieb wie der Kia EV6 GT mit 430 kW. Dem war nicht so; der Hyundai ist mit bis zu 478 kW noch stärker. Diese Leistung steht allerdings nur kurzzeitig bei aktiviertem N Grin Boost zur Verfügung. Die Nennleistung liegt bei 448 kW, wovon 166 kW vom vorderen und 276 kW vom hinteren Motor kommen.
Damit sind 260 km/h möglich, also 20 km/h mehr als bei den schnellsten Versionen des normalen Ioniq 5. Den Tempo-100-Sprint absolviert der N in 3,4 Sekunden, während der bürgerliche Ioniq 5 dafür mindestens 5,1 Sekunden braucht und der Kia EV6 GT 3,5 Sekunden.
Bildergalerie: Hyundai Ioniq 5 N (11/2023)
“Emotionaler als jedes andere E-Auto”
Thomas Geiger schreibt in der Automobilwoche, der Ioniq 5 N sei “viel sinnlicher” und “emotionaler” als jedes andere Elektroauto. Der “Motorsound”, der aus den Lautsprechern kommt, sei überraschend “authentisch”. Wobei das paradoxerweise hier bedeuten soll, dass der Sound wie bei einem Benziner klingt.
Außerdem wird ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe simuliert, und zwar inklusive Schubkraftunterbrechung und Drehzahlbegrenzer. Auch einen Drift-Modus gibt es, der die Kraft bei dem Allradler weiter nach hinten verschiebt. Dazu kommen ein straffes Fahrwerk, eine direkte Lenkung, eine stärkere Rekuperation (bis 0,6 g statt maximal 0,4 g) und ein verbessertes Thermomanagement, mit dem man zwei Nordschleife-Runden “mit Vollgas” schaffen soll, wie Hyundai-Berater Albert Biermann erklärte. Das seien etwa 16 Minuten Vollgas-Action gewesen, bevor die Leistung verringert wurde, sagte er gegenüber Tim Stevens von InsideEVs USA.
Einstellmöglichkeiten ohne Ende
Über den Touchscreen kann man zahlreiche weitere Feinheiten einstellen, darunter N Pedal (starke Rekuperation für die Rennstrecke), N Race (maximale Power für eine Rennstrecken-Runde), N Drift Optimizer (der Driftmodus) und N Torque Distribution (Einstellung der Kraftverteilung per Schieberegler – vom Fronttriebler bis zum Hecktriebler). Der Ioniq-5-N-Neuling wird von der die Vielzahl der Einstellungen überfordert, aber zumindest ermöglicht einem das Auto eine viel bessere Konfigurierbarkeit als der Kia EV6 GT, was der Kollege schätzt.
Aktives Heck und Brake by wire
Den größten Teil der Strecke in Korea, schreibt Tim, konnte er nicht viel schneller als 30 km/h fahren. Die Wildleder-Mikrofasersitze sind allerdings bequem und der Spurhalteassistent hält einen schön in der Mitte der Fahrbahn. Zum Schluss durfte er kurz mit dem Auto auf eine Rennstrecke. Dabei stellte er fest, dass man das Heck sogar mit aktiviertem ESP leicht zum Herumschwingen bringen kann, was Tim “eine wunderbare Sache” nennt.
Das Brake-by-Wire-System funktioniert gut. Hier entscheidet das System, wie viel Bremskraft richtig ist. Bei Verzögerungen mit mehr als 0,6g werden nahtlos die mechanischen Bremsen verwendet. Vorne beißen Vierkolben-Monoblock-Bremssättel zu, hinten nur Einkolben-Bremssättel. Das System lässt einen sogar gleichzeitig Gas geben und bremsen, was für Rennen bei geringem Grip nützlich sein soll, so Tim.
Links im Instrumentendisplay werden die Motortemperaturen und die Temperatur des Akkus angezeigt
Alessandro Lago von Motor1 Italien ergänzt noch, dass das Alcantara-Lenkrad gut in der Hand liegt, dass er aber die Sitzposition zu hoch findet – was von der Geometrie des Basisfahrzeugs komme. Er berichtet auch, dass im Cockpit drei Temperaturen angezeigt werden: die der beiden Motoren und die der Batterie. Die Lenkung sei so gewichtig und direkt wie bei keinem E-Auto, das der Kollege bisher fuhr.
Da auch Alessandro auf den öffentlichen Straßen nicht so schnell fahren konnte, wie er wollte, konzentrierte er sich auf den künstlichen Sound und die Schalt-Simulation. Der Sound soll den Klang des 280 PS starken 2,0-Liter-Turbos aus dem i30N simulieren, schreibt der Kollege, und das soll perfekt klingen. Den Gangwechsel erlebt man bei aktiviertem N Shift sogar physisch, man spürt den Tritt in den Rücken, wenn der nächste Gang drin ist. Sogar ein passendes Auspuffgeräusch wird erzeugt.
Ein Elektroauto mit simuliertem Sound und simuliertem Getriebe mag für viele schwer zu verdauen sein, so der Kollege sinngemäß. Doch das Ergebnis hat ihn überzeugt, die Maßnahmen erzeugen wirklich Emotionen beim Fahren. Wer es nicht glaube, solle es ausprobieren.
Die Preise für den Hyundai Ioniq 5 N sind noch nicht bekannt. Thomas Geiger schätzt 75.000 Euro, Tim Stevens glaubt, dass es das Auto nicht unter 70.000 Dollar geben wird. Zum Vergleich: Die 239 kW starke Topversion des normalen Ioniq 5 gibt es ab 51.900 Euro. Zu den Konkurrenten dürften wohl der MG4 XPower mit 320 kW gehören, der Kia EV6 GT und das Tesla Model Y Performance.
Technische Daten des Hyundai Ioniq 5 N
- Allradantrieb mit zwei Permanentmagnet-Synchronmotoren: 166 kW vorn, 282 kW hinten
- Systemleistung/Drehmoment: 448 kW (N Grin Boost: 478 kW) / k.A.
- 0-100 km/h / Höchstgeschwindigkeit: 3,4 sec. (mit N Grin Boost) / 260 Km/h
- WLTP-Stromverbrauch: k.A.
- Batterie / WLTP-Reichweite: 84 kWh / k.A.
- Max. DC-Ladeleistung: angeblich 350 kW
- Ladedauer: 18 min mit DC (10-80%)
- Maße: 4.715 mm Länge / 1.940 mm Breite / 1.585 mm Höhe / 3.000 mm Radstand
Quelle: Automobilwoche, InsideEVs USA, Motor1 Italien, Hyundai (Daten)