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Honda Civic e:HEV im Test: Serieller Hybrid verspricht geringe Verbrauchswerte

Der Civic bietet mehr Fahrkomfort und Performance als sein Vorgänger. So kultiviert war bisher kein Honda-Hybrid. Was macht er technisch anders? Ein Test.

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte

(Bild: Goppelt)

Hondas Vollhybridtechnik kam mit dem CR-V unter der Bezeichnung i:MMD (Intelligent Multi Mode Drive) in Europa erstmals 2019 auf den Markt. Die Arbeitsweise schon damals: Der Verbrennungsmotor treibt einen Generator an, welcher Strom erzeugt, der in die Batterie gespeist wird und/oder direkt an den elektrischen Fahrmotor durchgereicht wird – soweit also ein serieller Hybrid. In bestimmten Fahrsituationen lässt sich aber auch durch Schließen einer Kupplung im einfach aufgebauten Getriebe ein direkter Durchtrieb vom Verbrennungsmotor zu den Rädern schaffen. Aus dem seriellen Hybrid wird dann ein P1/P3-Parallelhybrid.

Bei den neueren Modellen wie Jazz und Civic nutzt Honda mittlerweile die Bezeichnung e:HEV, also sozusagen “electric : hybrid electric vehicle”. Gerne spricht Honda auch vom selbstladenden Hybrid. Das klingt ein bisschen nach Perpetuum Mobile, meint aber im Grunde nur, dass bei Hondas Hybridantrieb der elektrische Fahrmotor die Hauptrolle spielt und der Verbrennungsmotor vor allem Strom erzeugt.

Was Hondas Hybridantrieb in der Praxis bringt

Die Betriebsstrategie des Honda-Antriebs wählt im Fahrbetrieb immer den Modus aus, der den besten Wirkungsgrad bietet. Zur Wahl stehen rein elektrisch, seriell oder parallel. Ein Novum war von Anfang an, was Honda-Entwickler als alternierenden Betrieb bezeichnen: Ein Betriebszustand besteht darin, dass der Verbrennungsmotor nicht nur für Vortrieb sorgt, sondern gleichzeitig leicht gegen den Generator läuft, um Strom zu erzeugen. Der Benziner läuft so im optimalen Betriebspunkt. Der eingesammelte Strom ermöglicht dann, eine gewisse Strecke rein elektrisch zu fahren, das ist der zweite der beiden alternierenden Zustände.

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte Antriebsstrang des CR-V: Die Verteilung der Komponenten im Fahrzeug sieht bei allen Modellen ähnlich aus.

(Bild: Honda)

Das mag zunächst etwas seltsam klingen, aber dieses “Alternieren” ist ein wesentliches Element, trotz des früher verpönten seriellen Betriebs eine gute Effizienz zu erreichen. Es ist ein permanentes Spiel mit Wirkungsgraden. Der Parallelbetrieb kommt dagegen nur dann zum Tragen, wenn der direkte Durchtrieb effizienter ist, typischerweise zum Beispiel bei Konstantfahrt auf der Landstraße.

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte Ein Vergleich der dritten und vierten Generations des Honda-Hybridantriebs im CR-V. In der vierten Generation sind die E-Maschinen nebeneinander angeordnet und zwei statt nur einer Kupplung ermöglichen einen zweiten, kürzer übersetzen direkten Durchtrieb von Verbrennungsmotor zu den Rädern.

Verbrauchswerte im Vergleich

Ich fuhr den Honda Jazz im Alltag mit knapp über vier Liter Benzin, den Honda HR-V mit etwa 4,6 Liter. Mein Kollege Christoph bewegte den neuen Civic mit gut fünf Liter. Das schafft er allerdings nur unter günstigen Bedingungen: Bei mir landete der Civic-Testwagen Anfang Dezember 2022, die erste Probefahrt erfolgte bei -7 °C. Das mag er weniger. Erstens muss der Verbrennungsmotor mehr laufen, um per se nicht zu stark auszukühlen, zweitens, um genügend Wärme für Innenraum und Batterie bereitstellen zu können. Denn die Innenraumklimatisierung wird zur Batterietemperierung mitgenutzt. Erfahrungswerte mit Jazz und Civic zeigen, dass man mit einem Heizzuschlag von gut zehn Prozent rechnen darf, wenn es richtig kalt wird. Bei meiner ersten Ausfahrt kam ich auf einen Verbrauch von gut sechs Litern, auf einer längeren Etappe waren es etwas mehr als fünf.

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Serieller Hybrid: Oft im optimalen Kennfeldbereich

Ein serieller Betrieb kann auch aus heutiger Sicht sinnvoll sein. Anders als bei Antrieben mit Stufengetriebe kann Honda den Verbrennungsmotor sehr oft in einem optimalen Kennfeldbereich betreiben, also den Anteil zum Vortrieb und Generatorbetrieb ideal austarieren. Ein weiterer Effekt sind die gegenläufigen Eigenschaften von Elektro- (hier eine Permanenterregte Synchronmaschine – PSM) und Verbrennungsmotor: Ersterer hat vor allem bei geringen Lasten und Drehzahlen seine beste Effizienz, beim Verbrennungsmotor ist dies eher umgekehrt der Fall – gerade bei einem Benziner, der im Atkinson-Zyklus arbeitet, wie Honda das in all seinen Hybriden einsetzt. Im Atkinson-Zyklus wird das Einlassventil später als normalerweise geschlossen. Der Wirkungsgrad steigt, die Leistung sinkt im Vergleich zum konventionellen Schließwinkel des Einlassventils.

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte Hier wird in einem US-Werk der neue Zweiliter-Atkinson-Motor für den CR-V zusammengebaut. Im Civic wird der gleiche Motor mit etwas weniger Leistung eingesetzt.

Honda hat an diesem Punkt nachgearbeitet: Während die Kennfelder von Atkinson-Motoren meist vergleichsweise spitz sind, soll der thermische Wirkungsgrad des neuen Zweiliter-Motors höher als bisher liegen und der Bereich günstiger Verbräuche im Kennfeld über Last und Drehzahl dennoch erweitert worden sein. Für den neuen Motor – anders als der Vorgänger nun auch mit Direkteinspritzung – gibt Honda einen maximalen Wirkungsgrad von 41 Prozent an. Zum Begriff “Vorgänger” sei angemerkt, dass dieser Motor im CR-V arbeitete, im Civic ist dieser Hybridantrieb ja erstmals im Einsatz.

Civic e:HEV: sportlich und komfortabel

Überraschender fand ich, dass die neue e:HEV-Generation beim Komfort einen verblüffenden Schritt nach vorne gemacht hat. Besonders deutlich ist das im Vergleich zum Jazz und HR-V, die mit ihren 1,5-l-Motoren unter hoher Last recht vorlaut sind, hervorgerufen unter anderem von Massenkräften zweiter Ordnung. Der neue 2,0er im Civic läuft dagegen in allen Betriebsbereichen fast vibrationsfrei, trotz der prinzipbedingt oft hohen Drehzahlen. Er wird nicht laut, hat dabei eine leicht knurrige, durchaus angenehme Note. Übergänge zwischen den diversen Hybridbetriebsmodi, einschließlich Ein- und Ausschalten des Motors, sind praktisch nicht wahrnehmbar.

Was seine Leistungsentfaltung angeht, ist der Civic sehr souverän. Beim Beschleunigen packen die 135 kW und 315 Nm ansatzlos und unangestrengt zu. Obacht: Spaßgefahr. Dass der Verbrennungsmotor übrigens “nur” 105 kW leistet, macht nichts, denn das Beschleunigungsvermögen definiert normalerweise allein der elektrische Fahrmotor. Die Betriebsstrategie hat Honda so ausgelegt, dass sich der Bedarf bei typischen Beschleunigungsvorgängen praktisch immer aus der Batterie mit ihren knapp über 1 kWh speisen lässt. Man muss schon eine längere Steigung schwungvoll herauffahren, um mit 105 kW abzüglich der Umwandlungsverluste vorliebnehmen zu müssen. Aber wer fährt schon mit Vollgas einen Alpenpass hoch?

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte Das Lieblingsmetier des Honda Civic e:HEV: Cruisen auf der Landstraße.

Eco bevorzugt

Im Grunde ist der Civic über seine Klasse hinausgewachsen, ein Gran Turismo, mit dem sich komfortabel und punktuell sportlich cruisen lässt. Von den drei Modi “Eco”, “Standard” und “Sport” hat der erste den Vorzug, dass er mit einem weniger “scharf” übersetzten Gaspedal einem gleitenden Fahrstil entgegenkommt. Der Sport-Modus wiederum, sehr spontan ausgelegt, mit härterer Lenkung, bietet das lustige Extra eines künstlich, aber nicht übertrieben verstärkten Motorsounds. Dazu kann man sich einen individuellen Modus basteln, etwa mit weicher Gasannahme und straffer Lenkung usw. Die Lenkrad-Paddles dienen hier nicht zum Schalten, sondern zum manuellen Wählen von mehr oder weniger starker Rekuperation. Ich mochte sie schnell nicht mehr missen, denn vor allem bergab kann man so kontrolliert Ladestrom ernten.

honda civic e:hev im test: serieller hybrid verspricht geringe verbrauchswerte Was im Innenraum auffällt: Die hinter dem Lenkrad versteckten Paddles zum Regeln der Rekuperation, ganz rechts unten der Fahrprogrammschalter, davor die etwas ungewohnte Automatikwählhebelei – und insgesamt ein Bedienkonzept, bei dem sich alles Wichtige mit Knöpfen bedienen lässt.

Außer dem Zweiliter-Motor der neuen Generation hat Honda noch ein paar andere Dinge überarbeitet: Die Leistungselektronik ist höher integriert, die Batterie hat nun eine spezifisch höhere Energiedichte. Außerdem vergrößerte Honda nach eigenen Angaben ihren nutzbaren Bereich, konnte so die Reserve verkleinern, die notwendig ist, um Alterung zu vermeiden. All dies sind übrigens Eigenschaften, die er mit dem neuen CR-V teilt, der in den USA bereits vorgestellt wurde. Seine offiziellen Spezifikationen für die europäische Version stehen noch aus.

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Angesichts des Antriebsverhaltens des Civic ist anzunehmen, dass auch Leistungsfähigkeit und Komfort des neuen CR-V deutlich gewinnen werden. Die Motorbasis ist dieselbe, allerdings sind zumindest in Nordamerika stärkere E-Motoren verbaut. Der elektrische Fahrmotor leistet hier 150 kW. Da daraus etwas mehr Baulänge resultiert, hat Honda bei dieser Gelegenheit auch ihre Anordnung geändert: Während bisher bei allen Modellen die E-Maschinen hintereinander angeordnet sind, sitzen sie beim CR-V nebeneinander. Das erfordert auch ein neues Getriebe und bringt die nächste Neuerung mit sich.

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