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Habeck in China: Experten fordern, dass er die „schrecklichen“ EU-Zölle auf E-Autos stoppt

habeck in china: experten fordern, dass er die „schrecklichen“ eu-zölle auf e-autos stoppt

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steigt am BER in ein Flugzeug. Nach einem Besuch in Südkorea reist er am 21. Juni weiter nach China.

Dass die EU-Kommission ab Juli Sonderzölle auf chinesische Elektroautos erheben will, ist bekannt. Deutsche Autohersteller wie Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW schreckt das ab. Schließlich sind sie stark von China als größten Automarkt der Welt abhängig.

Am Ende landet das Problem aber beim Verbraucher, ist sich der Autoanalyst Frank Schwope sicher. Er warnt: „Für die deutschen Autokäufer sind Strafzölle auf chinesische Elektroautos eine Katastrophe.“ Wie kann Wirtschaftsminister Robert Habeck dagegen steuern? Immerhin ist der Grünen-Politiker ab Freitag in China. Die Berliner Zeitung hat neben Schwope beim Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer und den Herstellern nachgefragt.

In China wird der Minister laut Bundeswirtschaftsministerium auf hochrangige chinesische Politiker treffen, etwa den Handelsminister Wang Wentao, den Industrieminister Jin Zhuanglong und den Vorsitzenden der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie. Eine gute Chance also, um die Wogen zu glätten. Dessen ist sich Robert Habeck auch bewusst.

„Das wird sicherlich die Reise stark prägen“, sagte er laut der Deutschen Presse Agentur im Bezug auf die Zölle – auch, wenn die EU-Kommission natürlich die Verhandlungen führe. Denn es ist die EU, die chinesische Autobauer beschuldigt, den Markt durch staatliche Subventionen zu verzerren und gegen WTO-Regeln zu verstoßen. Die geplanten Zölle können je nach Zusammenarbeit der Hersteller in der EU-Untersuchung zusätzlich zum Standardsatz von zehn Prozent bis zu 38,1 Prozent betragen. Dadurch würden Elektroautos aber künstlich verteuert, so Schwope, der bei der Norddeutschen Landesbank seit mehr als 21 Jahren als Automotive-Analyst arbeitet.

Der Gründer des privatwirtschaftlichen Center Automotive Research (CAR), Ferdinand Dudenhöffer, spricht ebenfalls von einer künstlichen Verteuerung. Der Branchenexperte geht davon aus, dass durch die zu erwartenden Gegenzölle, etwa auf Verbrenner, circa 40 Prozent der Luxusfahrzeuge und Porsche Sportwagen in China verteuert werden. Das koste bei Porsche, Mercedes-Benz, BMW und Audi viele Arbeitsplätze in den jeweiligen Produktionen.

Das Elektroauto gehe auf die Standspur, sagt er metaphorisch. Der Wegfall der Umweltprämie und angekündigten Strafzölle würden die Nachfrage nach E-Autos stark schädigen. Dadurch breche der Elektroauto-Markt weiter ein und die Verbraucher wenden sich laut Dudenhöffer vom E-Auto ab. „Jetzt noch die preisgünstigen Elektroautos mit Zöllen künstlich teurer machen ist dümmer als jeder Schildbürgerstreich“, sagt er. Doch damit ist der Wirtschaftswissenschaftler noch nicht am Ende seiner scharfen Abrechnung mit der Politik.

„Die Verbraucher verlieren, die Umwelt verliert und die Klimakatastrophe wird eher angefeuert und selbst die deutschen Autobauer verlieren“, sagt er weiter. Der Hochlauf der Elektroautos werde mit den Zöllen abgewürgt und damit auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Mit den zu erwartenden Gegenzöllen der Chinesen zerstöre man zudem Arbeitsplätze in Stuttgart, München und Wolfsburg. „Schrecklich, was die EU-Kommission treibt“, sagt der promovierte Ökonom. „Sie schweben auf einem anderen Stern, Lichtjahre von den Problemen der Menschen und Industrie in Deutschland entfernt.“

Diese Meinung teilen auch die Hersteller, die direkt mit der Entscheidung aus Brüssel konfrontiert sind. Genau wie Dudenhöffer rechnen sie mit der Maßnahme ab. „Was wir nicht gebrauchen können, als Exportnation, sind steigende Handelshindernisse“, sagt etwa Vorstandsmitglied bei Mercedes-Benz, Ola Källenius. Ein freier und fairer Welthandel sei wichtig, um Innovation und Wachstum zu treiben.

Auch bei VW ist man nicht überzeugt. Logisch: Der Konzern verkauft in keinem anderen Land der Welt so viele Autos wie in China – im Jahr 2023 waren es rund 3,2 Millionen Personenkraftwagen. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Absatz bei etwa 1,1 Millionen. Auch für BMW und Mercedes geht es um Hunderttausende Fahrzeuge, die sie jährlich in der Volksrepublik ausliefern.

habeck in china: experten fordern, dass er die „schrecklichen“ eu-zölle auf e-autos stoppt

Chinesisches Elektroauto BYD in Berlin: Aktuell schmücken sie die Fanzone am Platz der Republik – ab Juli werden E-Autos aus China mit Sonderzöllen belegt.

Ausgleichszölle seien generell nicht geeignet, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie langfristig zu stärken, sagt ein VW-Sprecher. Außerdem seien die Zölle auch gar nicht nötig, um deutsche Autobauer zu schützen. „Wir haben Vertrauen in unsere Produkte und in unsere Innovationsfähigkeit“, so der Sprecher. Man nehme den internationalen Wettbewerb, auch mit China, selbstbewusst an.

Was wünschen sich die Autohersteller also stattdessen? Eine Sprecherin von BMW sagt dazu: „Europa und Deutschland sollten mit China kooperieren, um große politische Vorhaben umzusetzen.“ Das betreffe beispielsweise die Klima-, Wirtschafts- und Energiepolitik. Die Pläne für zusätzliche Importzölle seien der falsche Weg, sagt auch der BMW-Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse: „Die EU-Kommission schadet damit europäischen Unternehmen und europäischen Interessen.“

Eine harmonische Kooperation mit China dürfte auch ganz im Sinn von Robert Habeck sein. Der betonte kurz vor seiner Reise einmal mehr, dass China ein sehr wichtiger Handelspartner Deutschlands sei. „Deshalb ist es wichtig, dass wir im Gespräch bleiben und auch über faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen sprechen.“

Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer hat noch radikalere Lösungsansätze: Die EU-Kommission solle ihre Zollpläne zu 100 Prozent zurücknehmen. Außerdem hat der Autoexperte einen Vorschlag für Habeck. Der solle in China sagen, dass chinesische Unternehmen und Autos, wie beispielsweise BYD, Rowe oder NIO, in Europa willkommen seien. „Weg mit der Ideologie ‚De-Coupling‘“, sagt Dudenhöffer und meint damit, dass Europa sich nicht von China entkoppeln sollte.

In der Tat kommt es in Anbetracht der kritisierten Strafzölle gelegen, dass Habeck gerade in China ist. Nun sind alle Augen auf ihn gerichtet, in der Hoffnung, dass er den Konflikt entschärfen kann. Damit wird für Habeck die China-Reise zu einem „Ritt auf der Rasierklinge“, sagt der Experte für E-Mobilität Wulf Schlachter. Sein Unternehmen DXBe Management ist weltweit im Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur aktiv. Der Wirtschaftsminister hat damit offenbar die glorreiche Aufgabe, die Entscheidung aus Brüssel „wieder glattzuziehen“.

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