Auto-News

Autos

Autos-Top Stories

Genesis

Genesis G70

Volvo

Volvo V60

Genesis G70 gegen Volvo V60 und VW Arteon: Schicke Dieselkombis im Test

Mit dem G70 Shooting Brake konzipiert Genesis extra einen Kombi für Europa – und trifft hier auf etablierte Gegner wie Volvo V60 und VW Arteon Shooting Brake. Kann er sie in Bedrängnis bringen?

genesis g70 gegen volvo v60 und vw arteon: schicke dieselkombis im test

Zack, weg war er, der Insignia Sports Tourer. Am 15. Juli verkündete uns Opel sein vorzeitiges Aus zum Jahresende; und alle, die Kombis schätzen, schütteln traurig den Kopf. Zumal mit Ford Mondeo Turnier und Renault Talisman Grandtour gerade erst zwei weitere bemerkenswerte Kombis vom Markt verschwunden sind.

Andere lassen sich von diesem Trend nicht beeindrucken: Rund 30 Kilometer fernab der Opel-Zentrale, im prächtigen Alpha-Haus, gelegen an der Strahlenbergerstraße in Offenbach, feilen derweil die Herrschaften von Genesis Europe an der nächsten Message, wie schön und nachhaltig es sich mit ihren neuen Modellen durchs Leben reise. Unten in der Tiefgarage pudern die Techniker einem ihrer jüngsten Probanden, dem G70 Shooting Brake, noch mal die Nase, dann reist der Kombi nach Stuttgart. Kein anderer Hersteller schickt derzeit so viele frische Modelle auf den Markt wie die neue Premium-Marke aus dem Hyundai-Konzern.

In den Volvo-Zentralen Köln beziehungsweise Göteborg dürfte die hohe Schlagzahl der Koreaner durchaus für Unruhe sorgen. Edle Wagen, ob Kombis oder SUV, sind schließlich das Kerngeschäft der Schweden. In Wolfsburg wiederum weniger. Dass VW gute, aber weitgehend unaufgeregte Kombis baut, ist hinlänglich bekannt. Glanz und Gloria? Nicht allzu wichtig. Nur mit dem Arteon Shooting Brake rollt eine charismatischere Variante vom Band. In sportlicher R-Line-Kluft dient sie im Vergleichstest als Referenz bei Platzangebot, Nutzwert und Preisgestaltung.

Also dann, genug der Einführung. Was kann er, der 200 PS starke G70 2.2D? Vorgefahren im Dress der Sport-Variante, ist er in jedem Fall ein Wagen, der neugierige Blicke auf sich zieht. Ist es das Mallorca-Blau? Die mächtige Front mit einem Logo, das an Aston Martin erinnert? Die teils rot lackierte Brembo-Bremse, die übrigens gar nicht übermäßig kräftig verzögert (100–0 km/h: 35,4 Meter), oder die geteilten Quad-Leuchten? Wahrscheinlich ist es das gesamte Paket, das selbst den Volvo V60 B4, als Ultimate Dark ziemlich grimmig unterwegs, blass aussehen lässt.

Schöner wohnen im Genesis G70 Shooting Brake

Bei so viel Brimbamborium sollte das Innenleben nicht enttäuschen. Und? Viel Leder, softe Flächen, echte Alu-Elemente, flauschige Teppiche, dazu weiche, belüftete Sessel vorne, beim Fahrer gar mit aufblasbaren Seitenwangen. Passt!

,

Zugleich nutzt der G70 die üblichen Bausteine des Konzerns. So fehlt es dem 4,69 Meter langen Kombi weder an Drehreglern für Infotainment, Klimaautomatik, Kartenzoom und Fahrmodi noch an gut ablesbaren und informativen Instrumenten im 3-D-Look oder einem Lenkrad mit funktionalen Tasten. Alles zusammen erleichtert den Umgang gewaltig. Entsprechend heimst der Genesis hier viele Punkte ein. Umso wichtiger die Frage, ob Antrieb und Fahrwerk zum Auftritt passen. Wir sagen: Ja; wenn auch mit Abstrichen, wobei sich Arteon und V60 ebenso kleine Patzer erlauben. Dazu später mehr.

Erst mal werfen wir den 2,2 Liter großen Diesel des G70 an. Der erzählt recht viel, mit kernigem Unterton, und schickt mit 440 Nm via Achtgangwandler auch eine Fülle an Newtonmetern an die – Achtung – Hinterräder, die mit 255er-Breite nicht eben schmal ausfallen. Ach, und dazwischen wirkt – nochmals Achtung – ein mechanisches Sperrdifferenzial mit. Klingt alles in allem gut, der Shooting Brake dampft kraftvoll davon, arbeitet sehr harmonisch mit der schnellen Automatik zusammen. 100 km/h sind nach glatt acht Sekunden passé. Schluss ist bei 225 km/h.

,

Nur der Nutzwert des Differenzials, das lediglich die Sportmodelle erhalten, kommt nicht recht rüber. Da der G70 in den Fahrmodi Eco und Normal ohnehin sehr brav unterwegs ist, verspricht nur die Einstellung Sport Plus (ESP geht automatisch offline) mehr Unterhaltung. In engen Kehren erlaubt der Genesis tatsächlich ein leicht mitlenkendes Heck. Doch dann greift die Stabilitätskontrolle unwirsch ein und erstickt jedweden Fahrspaß. Ohne dass der Pilot zuvor auf die Bremse tritt.

Genesis: Hohe Kraft, hoher Verbrauch

Schade, denn auch die direkte und rückmeldungsstarke Lenkung animiert zum lustvollen Fahren. Der Testverbrauch liegt mit 8,0 Litern recht hoch (VW: 7,1 l), und in der Stadt kann sich der Wandler kleine Ruckler nicht verkneifen.

Lob verdient dafür das Fahrwerk mit seinen adaptiven Dämpfern. Trotz aller gebotenen Sportlichkeit begreift sich der G70 keineswegs als rüder Bursche, der über Querfugen rumst und bei flotter Fahrt jede Welle kopiert. Vielmehr bietet er einen gesunden Mix aus Härte und Komfort, ohne auf Dauer zu nerven.

Ein idealer Reisewagen ist er dennoch nicht. Die über Land unterhaltsame Lenkung sorgt bei schneller Autobahnfahrt für einen unruhigen Geradeauslauf. Zudem dringen laute Abrollgeräusche zu den Insassen durch. Die wiederum sollten sich auf einen engen Fond einstellen und beim Packen einschränken. Der Kofferraum verträgt nur 403 Liter, und die Dachlinie plus die kleine Öffnung sperren großes Gepäck ohnehin aus. Allerdings ist der Koreaner auch 18 Zentimeter kürzer als der Arteon. Zudem unterstützt er die Packerei als Einziger mit einer 40 : 20 : 40-Teilung der Rückenlehne. An Unterboden-fächern und einer Lehnenfernentriegelung spart Genesis ebenso nicht.

Geradezu einen magischen Sog-Effekt könnte die untypische Preispolitik von Genesis auslösen. Top ausstaffiert und qualitativ hochwertig, ist der Testwagen mit 46.910 Euro gar nicht mal übertrieben teuer. Zugleich übernimmt Genesis alle Inspektionen, Wartungs- und Garantiearbeiten für die ersten fünf Jahre oder 75.000 Kilometer. Damit sahnt der Genesis im Kostenkapitel kräftig ab.

Volvo V60 B4 Diesel: Starker Schwede

Im deftigen Kontrast dazu steht der 197 PS starke Volvo V60 B4 Ultimate Dark für 64 600 Euro. Selbstverständlich exklusive Wartungskosten und mit nur zwei Jahren Garantie. Immerhin fehlt dem stilvoll eingerichteten Kombi kaum ein Extra. Eine Vierzonen-Klimaautomatik, das große Panoramaschiebedach aus dem V90, ein gelungenes Head-up-Display, die seit 2022 eher einfältigen Digitalinstrumente und alle verfügbaren Assistenzsysteme sind im hohen Preis schon mit drin. Ebenso der für Volvo so typische und nützliche Aufsteller zur Gepäcksicherung im Ladeboden sowie eine sehr schmale Durchlade.

Der Kofferraum selbst nimmt mit fast 500 Litern im Vergleich zum Genesis deutlich mehr Gepäck mit. Auch sperrige Güter wären kein Problem, da der V60 kantiger ausfällt. Eher schränkt die geringe Zuladung (468 Kilogramm) schwerere Transporte ein. Der Arteon erlaubt 540 kg.

Volvo: Gewichtsproblem, aber Safety first

Ohnehin hat der Volvo ein kleines Gewichtsproblem. Fast elf Zentimeter kürzer als der VW, bringt der Testwagen dennoch 162 Kilo mehr auf die Waage. Heftig, aber eine ideale Überleitung für eine Lobeshymne auf den milde hybridisierten Diesel. Wie fix und ruckarm der 197-PS-Biturbo- diesel dank Riemenstartergenerator (10 kW, 40 Nm) anspringt, wie kraftvoll und gleichmäßig der schwere V60 Fahrt aufnimmt und dabei auch noch leise bleibt, hat Seltenheitswert.Zugleich beschleunigt der Volvo im Vergleich zum Genesis kaum langsamer und verlangt im Schnitt lediglich 7,7 Liter Diesel. Auf der 275 Kilometer langen Eco-Runde sinkt der Verbrauch sogar auf 5,5 Liter.

1.000 Kilometer am Stück? Dank 60 Liter großem Tank und 180-km/h-Limit kein Problem. Okay, die optionalen Sportsitze vorne drücken eventuell einen Tick zu fest auf die Hüfte, und der Fondbank fehlt es etwas an Beinauflage. Viel wichtiger aber ist die Botschaft, dass dieser V60 mit Standardfahrwerk (im Gegensatz zu früheren, adaptivgedämpften Testwagen) einen sehr gediegenen Federungskomfort bietet. Kein Rüttler, keine Schläge, dafür mehr Hubbewegungen auf kurzen Wellen, die aber kaum stören.

Steht eine Stau-Umfahrung auf kurvigen Landstraßen an, ist der Volvo dennoch kein taumeliger Spielverderber, sondern folgt mit passabler Seitenneigung neutral der Lenkrichtung. Und wer doch mal zu schnell in eine Kurve sticht: Auch kein Problem, der Volvo V60 zeigt hier beim Bremsen keine Lastwechselreaktionen.

,

Die Verzögerungswerte der fein dosierbaren Bremsanlage sind erstklassig. 33,9 Meter aus 100 km/h. 59,0 Meter aus 130 mit warmer Anlage – schneller steht hier keiner.

Zu Stau und Routenplanung noch ein Tipp: Der aktuelle V60 setzt auf die Vorzüge von Google Maps und der zugehörigen Spracherkennung. Hierzu braucht der Volvo beständig Netz, und das gibt’s nicht überall. Also immer mal wieder bewusst Kartenmaterial runterladen, dann klappt die Navigation auch offline.

Schneller reisen im VW Arteon Shooting Brake

Der Arteon Shooting Brake (53.405 Euro) ist nicht ganz so hip, belässt es bei seinem knopflosen Infotainment aus dem VW-Regal mit Webanbindung, einer einfachen Sprachbedienung für Routenführung und Telefoniererei sowie einem altmodischen Head-up-Display mit separater Projektionsscheibe, das man sich getrost sparen kann. Wahrlich ein Segen ist dagegen sein serienmäßiges “Digital Cockpit Pro”, das neben klassischen Runduhren auch Kartenmaterial messerscharf anzeigt.

Gleichfalls ein Highlight: das unauffällige Mobiliar in Kombination mit dem üppigsten Normsitzraum. Hinten eine bequeme Bank, vorne Sport-Komfortsitze, geformt nach dem Motto “One size fits all”, in denen sich wohl jeder schnell zu Hause fühlt.

Für ordentlich Stauraum ist ebenfalls gesorgt. Mit 565 Litern bis unter die Fensterkante übertrumpft der 4,87 m lange Shooting Brake seine Kontrahenten deutlich. Nur die hohe Innenkante und der kräftige Absatz zwischen Gepäckraumboden und umgeklappter Lehne passen so gar nicht zu einem Volkswagen. Was bitte schön hilft eine lange Ladefläche, wenn der Koffer wieder runterrutscht? Ein variabler Ladeboden könnte helfen, den gibt’s aber nicht.

VW Arteon der Platzhirsch

Ein zwiespältiges Bild liefert auch der 2.0 TDI ab. Nach einem langsamen, ruckligen Startprozedere bringt er den leichten VW nur träge in Fahrt und klingt längst nicht so satt und vollmundig wie die Konkurrenzmotoren. Doch unterschätzen sollte man den Selbstzünder nicht. Einmal in Schwung reißt er sich mächtig am Riemen. Bei höheren Geschwindigkeiten enteilt der VW seinen Kontrahenten: Auf 160 km/h nimmt er dem Genesis beispielsweise fast zwei Sekunden ab. Das wiegt umso schwerer, da der Arteon knausriger mit Kraftstoff umgeht (Testverbrauch: 7,1 l/100 km). Dennoch: Das seichte Anfahren enttäuscht.

Ansonsten benimmt sich der Arteon in typischer VW-Manier meist wohlerzogen und hat noch mehr in petto. Die leichtgängige Progressivlenkung spart nicht mit Rückmeldung, wenn der Fahrer nach etwas Jux und Tollerei trachtet. Sie reagiert spontan auf Impulse, führt den Kombi präzise und macht sich so schnell Freunde. Selbst der Federungskomfort passt. Bestückt mit 20-Zoll-Rädern, die VW zum Wohl der Passagiere nur in Kombination mit dem DCC-Fahrwerk verkauft (1.200 Euro), erlaubt sich der Arteon auf zerfurchten Straßen zwar einige Unpässlichkeiten und rollt in der City kaum samtiger ab als G60 und V70. Generell federt er aber am geschmeidigsten; wer mag, kann in der Individual-Einstellung der Dämpfer auch den Schunkelmodus einstellen.

,

Nicht so beglückend agiert die Bremse. Grundsätzlich verlangt sie einen Fahrer, der kräftig aufs Pedal tritt, und bei den Messungen aus 130 km/h liefert sie eher schwache Werte ab – trotz sportlicher Pirelli P Zero im erwähnten 20-Zoll-Ornat, für die VW 1.080 Euro verlangt.

Der Preis ist entscheidend

Ohnehin ist der Arteon kein Schnäppchen. Selbst beim R-Line sind teure Extras wie ein großes Navi, Leder, adaptive LED-Scheinwerfer und vieles mehr nicht Serie. Einmal auf das Level des Volvo hochkonfiguriert liegt er ruckzuck bei 65.000 Euro, ohne dessen Wertigkeit und die penible Verarbeitungsgüte zu erreichen. Bestes Beispiel sind die schroffen Kanten in den Führungsschienen des kleinen Rollos in der Mittelkonsole, das gesamte Hartplastikensemble drum herum oder die schnöde Bodenmatte im Kofferraum, der nur von einem Lämpchen beleuchtet wird.

Zack, schon kommt der noble G70 wieder ins Spiel, der all das kann, zu weit niedrigeren Kosten. So überholt er den V60 mit Schmackes und kommt dem Arteon auf letzter Rille sehr nahe. Glückwunsch nach Offenbach: Der G70 ist ein toller Wagen, ein Kombi mit Nutzwert aber nicht.

,

TOP STORIES

Top List in the World