Volvo

Dienstag Special: Volvos Modellpflege des XC40 bringt echten Mehrwert und jede Menge Spaß.

Volvo hat die XC40 und C40-Elektrofahrzeuge modellgepflegt. Äußerlich und im Interieur hat sich nicht viel getan, der wahre Unterschied ist sprichwörtlich nur „erfahrbar“. Sparsamer sollen die Autos geworden sein, denn man hat vor allem beim Antrieb so einiges verändert. Wir hatten Gelegenheit das zu überprüfen – und waren überrascht. Auch von uns selber, denn wir haben unsere typischen „Einstellungspfade“ am Anfang der Testwagenübernahme verlassen und so das gesamte Potenzial mit der Default-Einstellung der neuen Antriebe ausgenutzt.

dienstag special: volvos modellpflege des xc40 bringt echten mehrwert und jede menge spaß.

Vor allem auf engagiert gefahrenen Paßstraßen zeigt sich wie erfolgreich die Modellpflege war: der Volvo XC40 AWD macht doppelt Spaß, sowohl beim Blick auf den Verbrauch als auch in der leicht geänderten Fahrcharakteristik.

Was hat sich geändert?

Volvo hat den Antriebsstrang optimiert. Das bedeutet: der Heckmotor, ein Permanentmagnet-Synchronmotor, wurde komplett neu konstruiert, während man vorne nun einen Asynchronmotor einsetzt. Der kommt jedoch weitgehend aus dem Regal. Durch die Konzentration auf einen effizienteren Heckmotor wurde auch bei der Allrad-Version die Fahrzeug-Charakteristik von der Front aufs Heck verschoben – was man tatsächlich beim Fahren subtil bemerkt – in Paßstraßen sogar ziemlich offensichtlich. Der Frontmotor wird nur bei Bedarf hinzugeschaltet. Hier zeigt sich schon mal der erste Hebel, um sparsamer unterwegs zu sein. Im Übrigen wurde die Single Motor-Variante von Front auf Heck verändert – ein Vorgang der im Automobilbau beim gleichen Modell fast schon beispiellos ist.

Neben einem veränderten Antriebsstrang wurden auch die Assistenzsysteme überarbeitet. Das Front-RADAR hat eine größere Reichweite – und das hat in der Tat die größten Auswirkungen auf das Fahren, dazu später mehr. Die Sicherheitssysteme sind ohnehin auf höchstem Niveau.

Als wir eine Paßstraße um eine uneinsichtige Rechtskurve herunterfuhren, kam auf unserer Spur ein Motorrad entgegen, das gerade 2 Autos überholte. Der Volvo reagierte blitzschnell, straffte die Gurte, und ging schneller in die „Eisen“ als wir reagieren konnten. Der Motorradfahrer kam vorbei und wir mit dem Schrecken davon.

Dass die nutzbare Batteriekapazität sich beim Twin und beim Long-Range Single nun auf 79 kWh erhöht hat und die Ladeleistung von 149 auf 200 kW gewachsen ist, ist nur das Tüpfelchen auf dem „i“.

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Vergleich der XC40-AWD-Versionen von 2022 und 2024: Die Preise haben sich nicht groß geändert. (Klick aufs Bild öffnet PDF)

Volvos Eigenart

Volvo hat früh darauf verzichtet die Einstellungsmöglichkeiten zu übertreiben. Man vertraut auf den sensiblen „Gasfuss“ der Kunden. Es gibt deshalb kein Eco, Normal und Sport – auch keine Stufen bei der Rekuperation. Man konnte wählen zwischen „Einpedalfahren“ und „Normal“. Letzteres war dann Autofahren wie gewohnt. Also mit aktivem Bremsen. Wobei festzuhalten wäre, dass das Bremsen hier zunächst die Rekuperation bemüht und erst beim Aufbau von mehr Bremsdleistung die physikalischen Bremsen hinzunimmt. Die Rekuperation findet also ganz normal statt – was uns zu einem weiteren Novum nach der Modellpflege bringt: der neuen zusätzlichen Einstellung „Auto“.

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Vor der e-engine Normrunde wird das Auto auf 80% geladen, nach der Normrunde wird wieder auf 80% geladen um die Ladeverluste zu messen.

Die neue „Auto“-Einstellung

Elektroauto-Profis lieben Einpedalfahren. Das liegt wohl auch daran, dass sie – irrtümlich – glauben, dass man so am effizientesten unterwegs sein kann. Schließlich wird jedesmal, wenn man vom „Gas“ geht, rekupiert. Viele glauben auch, dass man beim Verzögern im Normalmodus nur die mechanischen Bremsen bemüht, also buchstäblich Strom auf der Straße lässt. Die neue „Auto“-Einstellung arbeitet im Prinzip wie beides zusammen.

Es erinnert an „Einpedalfahren“, sollte ein Hindernis oder anderes Fahrzeug auf der Straße vor einem unterwegs sein. Das Auto bremst also über die hintere Motorbremse wie beim Einpedalfahren ab, wenn man vom Gas geht. Übrigens kurzzeitig mit bis zu 200 kWh Durchschnittsrekuperation pro 100 Kilometer, wenn es sein muss. Die tatsächliche Rekuperationsleistung liegt allerdings weiter begrenzt bei rund 100 kW. Ist kein Hindernis auf der Straße, fängt der Wagen zu „Segeln“ an, wenn man vom Gas geht, was dazu führt, dass die Motoren faktisch keine Energie verbrauchen. Dabei nimmt die Geschwindigkeit auf der Geraden tatsächlich nur ganz langsam ab. Sollte sich ein Hindernis ergeben, bremst das Auto ganz normal selbsttätig ab. Das alles wird möglich, weil Volvo neue RADAR-Sensoren einbaut, die mehr Reichweite haben und empfindlicher reagieren.

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Der Trip bis München mit weitgehend Autobahn war mit 17,8 kWh pro 100 Kilometer mehr als sparsam.

Das hört sich spannend an?

Ist es auch. Der mit dafür mit verantwortliche Dipl.-Ingenieur und Senior Technical Manager Propulsion bei Volvo Cars, Lutz Stiegler, meinte beim Presse-Briefing, dass so Einsparungen von bis zu 25 Prozent möglich wären – eine Zahl die wir zunächst bezweifelten. Deshalb testeten wir den Wagen am Samstag vergangener Woche unter anderem auf einer Strecke von rund 170 Kilometern auf dem Weg nach München – der Löwenanteil davon war Autobahn.

Wir starteten mit dem Allradler (408 PS) am Hotel auf dem Obersalzberg mit einem SOC von 95 und fuhren Richtung München. Die Fahrt dauerte 2 Stunden, die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 87 km/h. Der Verbrauch pendelte sich bei 17,8 kWh ein. Dabei fuhren wir auf der Autobahn im Rahmen der Geschwindigkeitsbegrenzungen und bei freier Fahrt laut Tacho 135 km/h.

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e-engine Normrunde mit dem XC40 AWD: 2 kWh Mehrverbrauch, aber 11 km/h schneller bei der Durchschnittsgeschwindigkeit. Wir fuhren übrigens auf den kurzen Autobahnstücken der Normrunde Vollgas, laut Tacho 188 km/h.

Ja, aber? Die e-engine Normrunde?

Stimmt. Das Hotel liegt auf etwa 1.000 Metern und die ersten 16-20 Kilometer gings auf Serpentinen nur bergab. Hier verbrauchte der XC40 so gut wie keine Energie, sodaß der Durchschnittsverbrauch bei Auffahrt auf die Autobahn in Österreich bei sagenhaften 7 kWh lag. Wir machten den Trip nach München, weil wir die e-engine Normrunde fahren wollten.

Die ist, wenn Sie uns öfter lesen, durchaus eine Runde mit „engagiertem“ Fahren. Da wird nicht getrödelt sondern ständig mit Bleifuss gefahren – soweit das die Landstraßenverhältnisse zulassen. Nun fuhren wir das das erste Mal im „Auto“-Modus. Die schlechte Nachricht? Mit 22,3 kWh verbrauchte der überarbeitete XC40 sogar mehr als der Vorgänger, der die Runde mit 20,2 kWh absolvierte. Der „Neue“ fuhr die Runde allerdings mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 74 km/h, statt 63 km/h wie beim Vorgänger. Der Neue war also 11 km/h schneller als der Vorgänger, was vor allem dem „Segeln“ zuzuschreiben ist. Am Schnelllader „tankten“ wir für die nun 90,5 Kilometer lange neue Normrunde 21,76 kWh hinzu. Umgerechnet auf 100 Kilometer verbrauchte der Volvo also mit Ladeverlusten 24,04 kWh. Mit anderen Worten: die Ladeverluste lagen bei etwa 7%.

Und die Rückfahrt?

Kommen wir zur Rückfahrt auf den Obersalzberg. Hier musste sich der CX40 wieder die Serpentinen nach oben „quälen“ – das kostet natürlich mehr Energie. Trotzdem macht die Kurvenhatz nach oben eine Menge Spaß, denn die 408 PS beschleunigen den Wagen fast wie ein Motorrad, was Überholvorgänge, die sonst den Bikes vorbehalten sind, möglich macht. Als wir wieder am Ausgangspunkt ankamen hatte der XC40 auf einer Streckenlänge von 436,9 Kilometern und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 72 km/h 19,3 kWh laut Display verbraucht. Das übrigens inklusive der e-engine Normrunde und einem riesigen Stau auf der A8, den wir mit der feinen Stopp-And-Go Automatik meisterten. Denn wenn der Tempomat eingestellt ist, verzögert der Volvo bis auf 0 km/h und fährt auch wieder selbsttätig an, wenn man nicht länger als eine Sekunde steht. Ansonsten reicht ein kurzes Antippen des Gaspedals.

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Die Single Motor-Variante macht übrigens kaum weniger Freude in den Paßstrecken. Der Wandersmann war jedenfalls fasziniert vom Auto, oder sinnierte er über die Farbe?

XC40 mit Single Motor

Am Sonntag hatten wir noch Gelegenheit, den XC40 mit Single-Motor und großer Batterie kurz zu beschnuppern. Auf knapp 100 Kilometern, wo es in den Bergen heftig rauf und runter ging, und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 53 km/h verbrauchte der Hecktriebler nur sagenhafte 15,6 kWh. Das ist für das schwere Auto ein sensationeller Wert. Der Umstieg vom potenten Allradler war übrigens kein Problem. Die 252 PS des kleinen eSUVs reichen auch in Paßstrecken mehr als aus. Das maximale Drehmoment von 420 Nm tut sein Übriges.

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Auch der „kleine“ XC40 mit RWD und großer Batterie fährt sich im entspanntem Modus äußerst sparsam.

Unser Fazit

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Bezieht sich auf den XC40 mit Allradantrieb.

Letztlich hat Lutz Stiegler von Volvo doch recht behalten. Die neuen Modelle sind im Alltag tatsächlich weit sparsamer geworden. Man kann die Fahrzeuge flott mit deutlich unter 20 kWh pro 100 Kilometer bewegen, selbst Werte um die 15 kWh sind drin, wenn man den typischen Elektroauto-Piloten-Allüren frönt, die allesamt Sparfüchse sind. Für den Normalfahrer lohnt sich der XC40 tatsächlich mehr als sein Vorgänger, denn die Einstiegspreise sind weitgehend gleich geblieben. Ab der Ausstattungslinie Core ist auch die Wärmepumpe serienmäßig, beim XC40 Twin und der Single Motor Extended Range-Version also immer.  Wir vergeben 4,5 Sterne, weil der Wagen mit einer exzellenten Verarbeitung brilliert, ein hervorragendes Infotainmentsystem besitzt, unglaublich viel Spaß macht und durch die Modellpflege tatsächlich die Schwächen der ersten Generation weitgehend ausgemerzt hat. Der Testwagenpreis des XC60 AWD lag übrigens bei 69.200 Euro, der Grundpreis (Ausstattungslinie: Ultimate) bei 63.100 Euro. Well Done, Volvo.

Bernd Maier-Leppla
Fotos: Bernd Maier-Leppla, Volvo

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