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Audi Q6 e-tron im Test: Audis neues 800-Volt-Auto schon gefahren

Neuling ist ein komfortables Auto mit viel Power, aber ziemlich teuer

audi q6 e-tron im test: audis neues 800-volt-auto schon gefahren

Mit dem Q6 e-tron startet bei Audi nicht nur das erste Fahrzeug auf Basis der Premium Plattform Electric, sondern auch der erste 800-Volt-Stromer und das erste Mittelklasse-SUV mit Elektroantrieb. Ein sehr wichtiges Auto also. Wir haben den Wagen auf regennassen Straßen im Baskenland getestet, und zwar als Q6 e-tron quattro und als SQ6 e-tron.

Für den Audi Q6 e-tron angekündigt sind zwei Hecktriebler und zwei Allradler; bei der Test-Veranstaltung kündigte der Hersteller zudem einen RS Q6 e-tron als Top-Motorisierung an. Mit allen Daten bekannt sind bisher aber nur drei Varianten:

Audi Q6 e-tron Performance Audi Q6 e-tron quattro Audi SQ6 e-tron quattro
Antrieb RWD 240 kW AWD 285 kW AWD 380 kW
0-100 km/h / Spitze 6,6 Sek. / 210 km/h 5,9 Sek. / 210 km/h 4,3 Sek. / 230 km/h
WLTP-Stromverbrauch 16,5-19,1 kWh 17,0-19,6 kWh 17,5-18,4 kWh
Akku netto 95 kWh
WLTP-Reichweite 556-641 km 540-625 km 565-598 km
Max. DC-Ladeleistung 135 kW (400 Volt)
260 kW (800 Volt)
135 kW (400 Volt)
270 kW (800 Volt)
DC-Ladedauer
((10-80%)
35 min (400 Volt)
22 min (800 Volt)
35 min (400 Volt)
21 min (800 Volt)
DC-Ladegeschw. 1,9 kWh/min (400 Volt)
3,0 kWh/min (800 Volt)
1,9 kWh/min (400 Volt)
ca. 3,2 kWh/min (800 Volt)
Basispreis 68.800 Euro 74.700 Euro 93.800 Euro

Exterieur und Einordnung

Der Audi Q6 e-tron gehört mit 4,77 Meter Länge in die Mittelklasse wie etwa auch das Tesla Model Y, der Hyundai Ioniq 5 oder der Xpeng G6. Mit einem Einstiegspreis von zunächst knapp 70.000 Euro ist er jedoch deutlich teurer als diese.

Wie der Hyundai und der Xpeng verfügt der neue Audi über ein 800-Volt-System und kann damit sehr schnell laden. Das gleiche gilt auch für das (noch teurere) Schwestermodell Porsche Macan Electric. Anders als Porsche setzt Audi vorne auf eine Asynchronmaschine, die sich stromlos schalten lässt, wenn sie nicht gebraucht wird. Zu den weiteren Unterschieden gehören die stärkeren Antriebe des Porsche und der Verzicht auf die Schubrekuperation (also die Energie-Rückgewinnung beim Freigeben des Gaspedals).

Audi Q6 e-tron: 4,77 m lang und 1,67 m hoch

Porsche Macan: 4,78 m lang und 1,62 m hoch

Während der Porsche von vornherein etwas Coupéhaftes an sich hat, stellt der Q6 e-tron ein normales SUV dar. Sportback-Versionen werden jedoch folgen, wie Audi bei der Test-Veranstaltung sagte. Damit stellt sich der Q6 e-tron ähnlich auf wie der kleinere Q4 e-tron und der größere Q8 e-tron, die es ebenfalls in zwei Varianten gibt.

Interieur und Bedienung

Innen besitzt der Q6 e-tron ein Curved Display, das aus einem 11,9-Zoll-Instrumentendisplay und einem 14,5-Zoll-Touchscreen besteht. Beide arbeiten mit OLED-Technik. Sie sind extrem brillant und bieten eine außergewöhnlich gute Bildqualität, wie man vor allem an der Satellitenansicht des Navigationssystems erkennt. Als weitere Besonderheit kommt noch ein Display vor dem Beifahrersitz hinzu. So kann der oder die Mitfahrende bei der Navigation mithelfen. Dazu kann man am Beifahrerdisplay zum Beispiel tiefer in die Karte hineinzoomen als am Hauptdisplay oder den Kartenausschnitt verschieben.

Fantastische Bildqualität auf dem Curved Display und ein Extra-Display für den Beifahrer oder die Beifahrerin

Trotz des großen Technikangebots lässt sich der Q6 e-tron erfreulich einfach bedienen, viel einfacher als zum Beispiel der kürzlich getestete BMW i5 Touring. Für die Lautstärke und die Assistenzsysteme gibt es bei Audi physische Knöpfe, und die wichtigsten Einstellungen für die Klimaanlage findet man immer am unteren Rand des Touchscreens. Die recht großen Schaltflächen lassen sich auch bei unruhiger Fahrt leicht treffen, wenn man die Hand am davorliegenden Sims abstützt.

Zur Einstellung der Rekuperation hat Audi eine annehmbare Logik gefunden: Wie beim i5 gibt es einen B-Modus am Getriebewähler; damit wird die stärkste Rekuperation gewählt: das One-Pedal-Driving mit Verzögerung bis zum Stand. Dazu kommen bei Audi aber noch Wippen am Lenkrad, mit denen man drei Stufen wählen kann.

Eine feste Rekuperationsstufe einstellen kann man damit aber nur, wenn die automatische Rekuperation am Touchscreen deaktiviert ist. Ansonsten bleibt die gewählte Stufe nur drin, bis man wieder aufs Gas steigt. Immerhin kann man die Rekuperations-Automatik dauerhaft aktivieren oder deaktivieren, die Einstellung bleibt auch nach einem Neustart erhalten. Einfacher und sinnvoller finde ich jedoch die Lösung von Hyundai; hier wird mit Wippen einfach zwischen den manuellen Modi und der automatischen (adaptiven) Rekuperation hin und her geschaltet.

Die Tasten am Lenkrad sehen gut aus, wirken bei der Bedienung aber billig

Nicht optimal finde ich auch die Tasten am Lenkrad: Mit ihrer Klavierlack-Optik sehen sie zwar gut aus, sie wirken aber bei der Bedienung durch das dünne Plastik billig. Unschön finde ich auch, dass die Bereiche um die Fensterheber-Knöpfe mit Hartplastik verkleidet sind – genau da trommeln nervöse Zeitgenossen mit ihren Fingernägeln herum, und dann klingt es nach Joghurtbecher.

Noch Verbesserungspotenzial gibt es auch bei der Sprachbedienung. Vom Beifahrersitz aus befehle ich: “Hey Audi, öffne das rechte Fenster”. Die System-Dame weigert sich, denn das dürfe nur der Fahrer. Erst wenn ich “öffne mein Fenster” sage, klappt es. Metallica, wie von meinem mitfahrenden Kollegen gewünscht, kann die Helferin auch nicht spielen, weil Spotify noch nicht integriert ist. Auch einen Witz mag sie nicht erzählen, kontert immerhin mit der launigen Bemerkung, sie konzentriere sich lieber auf das Fahren. Immerhin rechnet die Helferin korrekt 3 mal 50 aus und sucht mir die Hauptstadt von Frankreich aus Wikipedia heraus.

Den Sitzkomfort im Fond habe ich bereits bei der Vorstellung des Q6 e-tron erforscht: Für meine 1,76 Meter reicht der Platz locker aus. Auch die Lade-Routenplanung habe ich bereits erkundet: Sie funktioniert problemlos und schnell. Dabei wird auch angezeigt, wie viele Säulen belegt sind und ob der Standort am betreffenden Tag schon mal genutzt wurde. Und natürlich wird die Batterie automatisch vorkonditioniert, wenn DC-Ladestopps eingeplant sind.

Fahreindrücke und Antrieb

Bei meinem Besuch im Baskenland hat es fast ständig geregnet; zudem waren die Straßen so schmal, die Abgründe so tief, dass ich fahrerische Eskapaden lieber wegließ. Lenkung und Fahrwerk gefielen mir jedoch im Sportmodus am besten. Im komfortablen Modus wirkte der Wagen dagegen schwammig, wenn ich das Lenkrad bei Tempo 80 etwas hin- und herbewegte.

Das Luftfahrwerk bietet mehr als genug Komfort und dennoch zeigt der Q6 e-tron im Sportmodus kein erkennbares Wanken, zumindest auf den befahrenen Routen bei den möglichen Kurvengeschwindigkeiten. So war der gute Seitenhalt der Sitze hier eigentlich gar nicht nötig.

Bei verbrauchsfreundlichen Geschwindigkeiten brauchte der Q8 e-tron quattro 22,4 kWh/100 km, im SQ8 e-tron waren es etwa 2 kWh/100 km mehr. Dabei arbeitet laut Antriebsexperte Andreas Ruf bei allen Q6-e-tron-Modellen die gleiche Motoren-Hardware: hinten eine 280-kW-Permanentmagnet-Maschine, an der Vorderachse eine Asynchronmaschine mit 140 kW. Der Verbrauch hängt offenbar nicht nur von der Hardware, sondern auch stark von der Software ab.

Audi setzt bei den Allradlern vorn stets eine 140-kW-Asynchronmaschine ein, hinten immer eine PSM mit 280 kW. Die Position der Motoren im Verhältnis zum Inverter (hier hellgrau) ist jedoch unterschiedlich

Die beiden Maschinen im Q6 e-tron werden als PSM 210-200 bzw. ASM 210-100 bezeichnet. Dabei steht die erste Zahl für den ungefähren Durchmesser des Rotors in Millimeter, die zweite für die Länge, wie mir Ruf erklärt. Rechnet man die Motorleistungen zusammen, ergeben sich 420 kW. Bei den schwächeren Modellen wird die Leistung der Motoren verringert, beim Q6 e-tron quattro auf insgesamt 285 kW, beim SQ6 e-tron auf insgesamt 380 kW. Die 420 kW ausnützen könnte dagegen das angekündigte Topmodell RS Q6 e-tron.

Die gefahrenen Modelle sind jedoch so stark, dass ich sie auf den Teststrecken bei weitem nicht ausfahren konnte. Ein kleiner Beschleunigungstest mit Vollgas aus dem Stand mit dem normalen quattro-Modell zeigte aber, dass selbst bei nasser Fahrbahn die Räder nicht durchrutschen.

Im B-Modus verlangsamt der Q6 e-tron stark. Dieser Modus ist allerdings allgemein nicht der effizienteste. Der Skoda Enyaq zum Beispiel verzögerte bei meinem Test auf der Autobahn schon, wenn ich den Druck aufs Gaspedal ohne Absicht und Notwendigkeit ein klein wenig verringerte. Das kann nicht effizient sein.

Antriebsexperte Ruf stimmt mir zu und führt ein weiteres Beispiel an: Bei einem Gefälle auf der Autobahn ist es besser, das Auto segeln zu lassen, so dass es Fahrt aufnimmt, statt es unnötig herunterzubremsen und den zurückgewonnenen Strom später wieder (mit den unvermeidlichen Verlusten) zurück zu wandeln. Also: One-Pedal-Driving ist in der Stadt bequem, auf der Autobahn aber kontraindiziert, wie der Arzt sagen würde.

Aufladen mit 800 und mit 400 Volt

Interessiert hat mich auch, wie der neue Audi an der Gleichstromsäule auflädt, denn hier gibt es eine Besonderheit: das so genannte Bankladen. Grundsätzlich hatte ich mir schon zurechtgelegt, wie das wohl funktioniert, aber Batterieexperte Johannes Gehrmann bestätigte mir meine Theorie und stand geduldig Rede und Antwort.

Der 95-kWh-Akku besteht aus 190 Batteriezellen mit jeweils rund 3,6 Volt Nennspannung. Schaltet man alle 190 Zellen in Reihe, dann addiert sich die Spannung auf rund 680 Volt. Die Spannung der Säule muss etwas höher sein, damit Strom in Richtung Auto fließt. Bei einer 400-Volt-Säule ist das aber nicht der Fall.

Noch immer bieten bei weitem nicht alle DC-Säulen 800 Volt. Um an 400-Volt-Säulen laden zu können, teilt Audi den Akku mit so genannten “Schützen” (einer Art Hochvolt-Schalter) in zwei Hälften. Diese “Bänke” werden zueinander parallel geschaltet. Dadurch hat jede Batteriebank nun 80 mal 3,6 gleich rund 290 Volt, und es fließt Strom in den Akku.

Aufladen mit 800 Volt (oben) mit in Reihe geschalteten Bänken und mit 400 Volt mit parallel geschalteten Bänken

Aber warum hat sich Audi für diese Lösung entschieden? Warum wird nicht wie beim Porsche Taycan die Spannung der 400-Volt-Säule auf die 800 Volt der Batterie per Aufwärtswandler (Boost Converter) hochtransformiert? Ich hatte vermutet, dass man die Kosten des Wandlers einsparen wollte, aber Gehrmann verweist auf die Energieverluste: Wie jeder Inverter arbeitet auch ein Aufwärtswandler nicht verlustfrei.

Laut Audi lädt man an der 400-Volt-Säule mit 135 kW – keine sehr hohe Ladeleistung, denn selbst die gehobenen Versionen des Q4 e-tron laden mit 175 kW. Ist der Q6 e-tron da nicht langsamer, frage ich Gehrmann. Nicht unbedingt, denn man habe eine gute Ladekurve und brauche damit nur 35 Minuten für den üblichen Ladehub von 10 auf 80 Prozent. Daraus errechne ich die Ladegeschwindigkeit: 95 kWh * (0,8-0,1)/35 min = 1,9 kWh/min – der gleiche Wert wie beim Q4 e-tron.

Konkurrenz

Einen Konkurrenzvergleich für den Audi Q6 e-tron habe ich bereits im Vorfeld erstellt. Leser Markus K. schrieb mir daraufhin, dass ich den Mercedes EQE SUV vergessen hätte. Er hat nicht unrecht, das Auto ist nur neun Zentimeter länger, auch wenn es formal eine Klasse höher antritt. Allerdings gibt es den Sternträger erst ab rund 83.500 Euro. Das sind rund 15.000 Euro mehr, als Audi für den stärkeren Q6 e-tron Performance aufruft. Zudem ist die Reichweite des EQE 300 mit maximal 587 km geringer und das Aufladen dauert länger.

Der sehr günstige Xpeng G6 ist technisch und ausstattungsmäßig dem Q6 überlegen und zudem sehr günstig. Aber bei einem chinesischen Start-up mag eben nicht jeder und jede kaufen. Das Tesla Model Y schließlich dürfte deutlich langsamer laden und das Bedienkonzept ist arg monitorlastig. Insofern gibt es schon gute Argumente, das Geld für den Audi zu opfern. Und sich damit trösten, dass der Porsche Macan oder der Mercedes EQE SUV noch teurer sind …

Fazit

Der Audi Q6 e-tron ist ohne Frage ein komfortabler Wagen für längere Strecken und bietet gute Motorisierungen. Auch die Bedienung hat uns im Großen und Ganzen gefallen, weniger hingegen die hier und dort wenig überzeugenden Materialien im Interieur. All das bezahlt man mit deutlich mehr Geld als etliche Rivalen – die dafür aber andere Schwächen haben.

Bildergalerie: Audi Q6 e-tron (2024) im Test

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