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Analyse: Tesla steckt an der Wall Street in der Sackgasse

Der Fehlstart ist perfekt: Die Tesla-Aktie ist seit Jahresbeginn um 35 Prozent gefallen, und das in einem freundlichen Umfeld für Techaktien. Was ist da los?​

analyse: tesla steckt an der wall street in der sackgasse

Teslas Ende wurde schon öfter vorhergesagt. Bob Lutz, ein früherer Spitzenfunktionär in der Autoindustrie, prophezeite 2016: “Teslas Pleite ist unvermeidlich” Es kam anders.

(Bild: Tesla)

Ohne Drama geht es bei Elon Musk nicht. Seit Jahren sorgt der inzwischen “nur” noch drittreichste Mann der Welt für Kontroversen, zumeist auf X. Anno 2024 hakt es aber ausgerechnet im Kerngeschäft: Bei Tesla kriselt es. Die rote Flagge wurde bereits im Januar beim Blick auf die Bilanz für das vierte Quartal 2023 gehisst: Der Umsatz legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur noch um drei Prozent zu, während sich der Konzerngewinn fast halbierte.

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Vergangene Woche ließ die Investmentbank Wells Fargo die Alarmglocken vollends schrillen: Womöglich könnte das Wachstum 2024 nun sogar komplett ausfallen. Tesla sei “ein Wachstumsunternehmen ohne Wachstum”, mahnt Analyst Colin Langan in einer Studie an. “Wir gehen davon aus, dass die Volumina im Jahr 2024 stagnieren und im Jahr 2025 sinken werden”, sorgt sich der Wells Fargo-Analyst und stufte das Kursziel der Tesla-Aktie von 200 auf 125 Dollar zusammen.

“Tesla schneidet im Vergleich schlecht ab”

“Obwohl Tesla führend in der Elektrofahrzeug- und Batterietechnologie ist, schneidet es im Vergleich zu den Konkurrenten der Magnificent 7 schlecht ab”, schrieb der Analyst von der kalifornischen Großbank und wies auf die Bewertungsdiskrepanz hin. Langan rechnet 2024 nur noch mit einem Gewinn je Aktie in Höhe von 2 Dollar, der auf einem gegenwärtigen Kursniveau von 163 Dollar einem happigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 80 entspräche. Keines der anderen sechs Big-Tech-Unternehmen wird mit einer ähnlichen hohen Multiplen bewertet – nicht einmal Nvidia. Die durchschnittlichen Schätzungen von Analysten liegen allerdings noch bei einem Gewinn von 3,03 Dollar je Anteilsschein, die einem KGV von 54 entsprechen würden.

analyse: tesla steckt an der wall street in der sackgasse Das meistverkaufte Auto der Welt war im vergangenen Jahr das Tesla Model Y (Test). Vermutlich noch in diesem Jahr wird das E-SUV leicht überarbeitet.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

“Im Moment stimmt der Markt ab und sagt uns, dass er der Meinung ist, dass Tesla diese hohe Bewertung derzeit nicht verdient”, stimmt Adam Sarhan, Gründer und CEO von 50 Park Investments, gegenüber Yahoo Finance zu. “Im Moment haben die Verkäufer die Kontrolle, und der Markt braucht einen bullischen Katalysator, der ihn begeistern kann.”

Tesla zählt nicht mehr zu den zehn wertvollsten Unternehmen

Der massive Ausverkauf seit Jahresbeginn, der vollkommen im Gegensatz zur positiven Entwicklung von Technologieaktien steht, hat Tesla bislang mehr als 225 Milliarden Dollar an Börsenwert gekostet. Der früher einmal sechstwertvollsten Konzern der Welt ist aus den Top Ten der Börsenwelt abgestürzt. Mit einer Marktkapitalisierung von 520 Milliarden Dollar rangiert Tesla aktuell nur noch auf Platz 15 des Börsenrankings. Zu Spitzenzeiten Anfang 2022 wurde die Marke mit über einer Billion Dollar bewertet.

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Würde Tesla langfristig wie eine klassische Autoaktie bewertet, wäre ein noch massiverer Abschlag denkbar. Volkswagen, Mercedes, BMW oder Toyota werden mit KGVs von 4 bis 10 gehandelt. Würde Tesla in diese Bewertungsniederungen fallen, wären Abschläge von weiteren 80 Prozent rechnerisch vorstellbar. Entsprechend formuliert Wells Fargo als “Bear Case” – also als skeptischstes Szenario – schon ein Kursziel von 44 Dollar, was einem Crash von 75 Prozent entsprechen würde.

“Jetzt ist nicht die Zeit, bei Tesla das Handtuch zu werfen”

Komplett anderer Meinung ist dagegen der Techanalyst Dan Ives. “Die weltweite Nachfrage nach Elektrofahrzeugen hat sich eindeutig abgeschwächt, wir glauben jedoch, dass Tesla auf einem breiteren Weg ist und in den kommenden Quartalen wieder Wachstum und Margenverbesserung erleben wird”, schrieb der Wedbush-Analyst in der vergangenen Woche in einer Kurzstudie. “Wir glauben, dass das Chance-Risiko-Verhältnis auf dem gegenwärtigen Niveau äußerst überzeugend ist, da die KI-Story/Full Self Driving bei Tesla große Fortschritte macht und eine Bewertung darstellt, die 1 Billion US-Dollar übersteigen könnte, wenn dieses nächste Kapitel der Wachstumsgeschichte Realität wird”, so Dan Ives. Investoren gab er den Ratschlag: “Jetzt ist NICHT die Zeit, bei Tesla das Handtuch zu werfen.”

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Bewertungsexplosion bis 2040?

Der gleichen Meinung ist auch Hedgefondsmanager Cody Willard. “Tesla ist derzeit wahrscheinlich etwas überbewertet, wenn es sich nur um einen Automobilhersteller handelt. Aber es ist nicht nur ein Autokonzern. Der Optimus-Roboter, die Dojo-KI, Full Self Driving/Robotaxis und andere, noch nicht genannte Einnahmequellen sind potenzielle Billionen-Dollar-Kicker für TSLA-Investoren”, twitterte der 51-Jährige vor einigen Wochen. Willard, der in Tesla 2019 zu Kursen um die 17 Dollar – und damit 90 Prozent tiefer – investierte, hat jüngst ein Buch zur Marke Tesla veröffentlicht (“The Ultimate Tesla Book”). In dem vertritt der Manager des Hedgefonds 10.000 Days die These, dass Tesla seine Bewertung bis 2040 auf 5,7 Billionen, im besten Fall gar bis auf 28,5 Billionen Dollar steigern könnte, wenn für das US-Unternehmen alle Wetten aufgehen.

In einem Punkt gibt Willard den Tesla-Kritikern allerdings recht: “Ich wünschte, Elon Musk würde aufhören zu twittern”, sieht auch der amerikanische Hedegfondsmanager in Musks Mitteilungsdrang auf seiner Kurznachrichtenplattform erhebliche Ablenkung von Teslas Kerngeschäft. Allein in den vergangenen 48 Stunden teilte der 52-Jährige gegen die “links-außen Biden-Administration”, KI-Branchenprimus OpenAI und TV-Moderator Don Lemon (“ein pompöser Narr”) aus. So sehr Tesla-Aktionäre mutmaßlich aufatmen würden – regelmäßige Social-Media-Nutzer würden den Unterhaltungswert vermutlich vermissen.

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(mfz)

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