Temperatur, Tempo, Streckenlänge – der Elektroantrieb ist für äußere Einflüsse viel anfälliger als Verbrenner. In einem neuen Testlabor geht der ADAC dem jetzt auf den Grund.
Im bayrischen Landsberg testet der ADAC Elektrofahrzeuge auf Herz und Nieren. (Bild: ADAC)
Welchen Einfluss hat die Umgebungstemperatur auf die Reichweite? Wie verändert sich die Ladeleistung bei Hitze oder Kälte? Oder wie viel Energie zieht die Klimaanlage? Das sind Fragen, die sich beim Elektroauto lauter stellen als beim Verbrenner – und auf die der ADAC jetzt deutlich bessere Antworten geben kann. Dann die Verbraucherschützer haben dafür in diesem Frühjahr eines der fortschrittlichsten Labore in Betrieb genommen, die es außerhalb der Werkstore eines Automobilherstellers in Europa gibt.
Der ADAC übt Kontrolle über das Wetter aus
1,5 Millionen Euro hat der ADAC investiert, damit die zwei Dutzend Tester in den alten Klimakammern künftig komplexe Situationen aus dem Alltag der Generation E simulieren können. Dafür haben sie ihre eigene Wetterzelle geschaffen, in der Temperaturen von -20 bis +40 Grad erzeugt und mit leistungsstarken UV-Lampen auch die Sonneneinstrahlung nachgestellt werden kann.
Auch die Stromversorgung wird getestet
Und weil es beim Elektroauto nicht nur ums Fahren geht, sondern auch ums Laden, haben sie auch die Energieversorgung in die Testroutine mit eingebaut. Vor dem Labor steht deshalb ein 300 kW-Lader, dessen Kabel bis in die Klimakammer reicht, und drinnen hängt eine Wallbox mit 22 kW Ausgangsleistung. So können die Tester auch im unterkühlten Frühsommer prüfen, wie sich die Ladekurve bei 32 Grad Außentemperatur entwickelt, und müssen nicht auf den Winter warten, wenn sie Ergebnisse für -10 Grad brauchen.
Mit der Kombination aus Klimakammer, Rollenprüfstand und Ladestation wollen die Verbraucherschützer nicht nur die offiziellen Messwerte überprüfen und für Vergleichbarkeit sorgen. „Sondern uns interessieren vor allem Alltagsszenarien, die so bislang nicht standardisiert getestet werden“, sagt Silvestro. Es geht also nicht nur um Energie-Verbrauch und -Effizienz, sondern auch um die Reichweitenunterschiede in Sommer und Winter, um die Langstreckentauglichkeit von Elektromobilität, um den Vergleich verschiedener Fahrzeuge auf Routen mit zum Teil mehreren Ladestopps, und den Kurzstreckeneinsatz, um das Ladeverhalten nach unterschiedlichen Fahrprofilen und bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen und um Sonderfälle wie den Einsatz als Zugfahrzeug oder im Stopp-And-Go-Verkehr von Handwerkern und Lieferdiensten. „Da stellen sich mit dem wachsenden Anteil an Elektrofahrzeugen ganz neue Fragen, auf die wir hier Antworten finden wollen“, sagt der Testchef und hofft darauf, dass er so auch ein paar Entwicklungsimpulse in die Industrie geben kann.
Ganz nebenbei verbessert das neue Prüfzentrum buchstäblich auch das Betriebsklima. Denn auch wenn der Sommer draußen noch so lange auf sich warten lässt, beginnt er in Landsberg am Lech auf Knopfdruck. Und falls er dann doch irgendwann mal kommt und alle über die Hitze stöhnen, setzt Silvestro einfach ein paar Wintertests an.