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Elektro-Lkw sind bisher nur etwas für Pioniere

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Bereit für die Zukunft: An der Allianz-Arena in München soll ein Ladepark für batterieelektrische Lkw und Busse entstehen. Den Plan präsentierten (von links) MAN-Vorstandschef Alexander Vlaskamp, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, FC-Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen und sein Stellvertreter Michael Diederich.

Elektro-Lkw sind bisher nur etwas für Pioniere

Marktanteil in Europa weniger als 2 Prozent – McKinsey: Fahrzeugpreise und Ladekosten müssen sinken

jh München

Batterieelektrische Lastwagen sind Exoten auf den europäischen Straßen. Dafür gibt es nach Meinung der Hersteller und von Experten vor allem drei Gründe: Die noch deutliche höheren Anschaffungspreise sowie die Lücken im Ladenetz und die höheren Energiekosten. Der Preis für Diesel liegt derzeit auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2021.

Fußball zieht große Aufmerksamkeit auf sich. Als MAN und der FC Bayern vor kurzem neben der Allianz-Arena in München Pläne für einen öffentlichen Ladepark für Elektro-Lkw und -Busse vorstellten, war auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dabei. Das Stadion liegt direkt an der Autobahn nahe des Kreuzes München-Nord. An Spitzentagen kommen hier 10.000 Lkw vorbei. Auf einem der Busparkplätze sollen 30 Ladepunkte installiert werden, an denen 500 Fahrzeuge am Tag geladen werden können.

Der Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN ist schon seit längerem Sponsor des FC Bayern. Die Profikicker reisen in seinen Bussen. In der nächsten Saison soll der Verein von MAN den ersten rein elektrischen Mannschaftsbus bekommen. Beide wollen damit ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit sichtbar machen.

Das Bussegment ist weiter

Batterieelektrische Nutzfahrzeuge machen bisher allerdings nur einen kleinen Teil des Marktes aus. Der Anteil ist noch niedriger als im Pkw-Segment. In der Europäischen Union hatten in der ersten Hälfte dieses Jahres batterieelektrische Lkw einen Anteil an den Neuzulassungen von gerade einmal 1,9%. Der Dieselmotor dominiert mit knapp 96%, wie die Statistik des Herstellerverbands Acea zeigt.

Die Situation im Bussegment unterscheidet sich deutlich davon: Hier hatten die batterieelektrischen Fahrzeuge zuletzt einen Anteil von 15,5% und die hybriden mit Verbrennungs- und Elektromotor von 9,3%. Klar an erster Stelle ist freilich der Dieselantrieb mit 68,5%. Die Elektrifizierung ist in dieser Kategorie vor allem wegen der Stadtbusse schon weiter fortgeschritten. Diese fahren etwa 250 bis 350 Kilometer am Tag, und die Batterien können nachts im Depot geladen werden.

Die Gesamtkosten entscheiden

Den Markt für E-Trucks bestimmen nach wie vor Early Adopters, wie es der schwedische Hersteller Volvo formuliert. Also Kunden, die als Pioniere vorangehen. Volvo erhielt in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Aufträge für 655 vollelektrische Lkw. Gemessen am gesamten Auftragseingang von etwas mehr als 96.000 Einheiten waren das 0,7%. Wenig anders sieht die Absatzbilanz aus: 1.103 ausgelieferte E-Lkw bedeuteten zwar einen Anstieg um 45% im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum, aber nur knapp 1% vom Gesamtabsatz. Die Zahlen der großen europäischen Wettbewerber Daimler Truck und Traton sind ähnlich.

Eine größere Akzeptanz der elektrischen Lastwagen hängt aus Sicht von Volvo von mehreren Aspekten ab: unter anderem dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und den sogenannten Total Costs of Ownership (TCO). Diese Größe summiert die Kosten während der gesamten Einsatzzeit eines Lkw vom Anschaffungspreis bis zu den Ausgaben für Energie, Wartung, Maut, Versicherung und Steuern. Finanzielle Anreize vom Staat beeinflussen diese TCO.

„Höchstens 30 Prozent teurer“

Das Beratungsunternehmen McKinsey hat in einer Studie zur IAA Transportation, die an diesem Dienstag in Hannover beginnt, zwei wesentliche Gründe für die Kaufzurückhaltung festgestellt: die höheren Kosten und Bedenken wegen des Ladens. „Batterieelektrische Trucks dürfen unter den aktuellen Rahmenbedingungen in der Anschaffung höchstens 30% teurer sein, um für Kunden in den Gesamtbetriebskosten attraktiv zu sein.“

Heute seien E-Lkw aber noch zweieinhalb bis dreimal so teuer wie Dieselfahrzeuge, sagt Anna Herlt, die Leiterin der Nutzfahrzeugberatung von McKinsey. Damit sich die Gesamtkosten bis zum Jahr 2030 in einen Vorteil verwandeln, müssten die Anschaffungskosten und die Ladekosten signifikant sinken. Ohne Anreize vom Staat für Käufer wird das aus ihrer Sicht nicht möglich sein.

Dieselpreis so tief wie Ende 2021

Was die Energiekosten angeht, fällt der Vergleich für die alternativen Antriebe – dazu gehören die mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen ebenfalls – noch ungünstiger aus. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist: Der Dieselpreis ist zumindest in Deutschland auf den niedrigsten Preis seit Ende 2021 gefallen, obwohl die CO2-Steuer seitdem gestiegen ist.

Hinzu kommt das kritisch gesehene Thema Laden. Von rund 250 Flottenbetreibern, die McKinsey für die Studie befragt hat, äußerten 34% Bedenken wegen der Unsicherheiten über die Lebensdauer der Batterie, 31% wegen der langen Ladedauer und 30% wegen einer zu geringen Reichweite. Für ein flächendeckendes Netz müssten nach Berechnungen des Beratungsunternehmens bis zum Jahr 2035 etwa 900.000 private Ladepunkte in Europa installiert werden. Dafür müssten etwa 20 Mrd. Dollar investiert werden. Bisher sei nur ein Bruchteil dieser Summe fest zugesagt, berichtet Herlt. Das liege auch an den langwierigen Genehmigungsverfahren.

Vorgaben verschärfen sich

Strategy&, die Strategieberatung von PwC, schätzt in einer Studie den privaten Investitionsbedarf in Europa für Ladepunkte in Depots bis 2035 sogar auf 28,6 Mrd. Euro. Hinzu kämen 6,1 Mrd. Euro von der öffentlichen Hand. Die Ladekosten seien entscheidend für einen Kostenvorteil der Elektrofahrzeuge. Strategy& nimmt an, dass spätestens von 2030 an E-Lkw mit ihren Gesamtbetriebskosten den Verbrenner schlagen – trotz weiterhin höherer Anschaffungspreise.

2030 hätten voraussichtlich mehr als 20% aller Lkw und Busse in der Welt einen batterieelektrischen Antrieb. 2040 seien dann sogar 90% des Transports elektrifiziert. Als Gründe für die Beschleunigung nennt Strategy& außer dem technischen Fortschritt und sinkenden Kosten die politischen Vorgaben für reduzierte Emissionen. Von 2030 an verschärfe sich die Regulatorik sowohl in Europa und den USA als auch in China.

„Von Bayern für die Welt“

MAN und der FC Bayern wollen mit ihrem Ladepark an der Allianz-Arena in München in die Zukunft starten. Alexander Vlaskamp, der Vorstandsvorsitzende des Lkw- und Busherstellers, bezeichnet mit großen Worten das Vorhaben als Leuchtturmprojekt: „Von Bayern und Bayern für die Welt. Er wird weit über die Landesgrenzen hinaus strahlen.“

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