Volkswagen holt sich bei Elektroautos Hilfe vom Tesla-Herausforderer Rivian – und nimmt dafür Milliarden in die Hand.
- Was ist Teil der Partnerschaft?
- Weniger Komplexität, mehr Software
- Zonen-Modell statt vieler kleiner Computer
- Schwierigkeiten bei eigener Software
- Experte: Ein Schnäppchen für VW
- Milliarden fließen Rivian nach und nach zu
- Die Lage in der Elektromobilität
- 1,45 Milliarden US-Dollar Verlust
Hilft der Tesla-Konkurrent Rivian dem deutschen Autobauer Volkswagen in Sachen E-Autos auf die Sprünge? Foto: Rivian
Was ist Teil der Partnerschaft?
Die Kooperation ist recht eng gefasst: Software, Steuercomputer sowie Netzwerk-Architektur. Ein zentraler Punkt: Volkswagen wird für neue Autos in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf Rivians Technologie und Software einschwenken. Der Autoriese könnte damit viel Geld im Vergleich zu einer Entwicklung der Technik in Eigenregie sparen. Rivian-Chef RJ Scaringe betonte in einer Telefonkonferenz am 25. Juni 2024, dass andere Bereiche wie Batterien oder Antriebstechnik nicht Teil der Partnerschaft seien.
Weniger Komplexität, mehr Software
Zonen-Modell statt vieler kleiner Computer
Rivian entwickelte von Anfang an eine eigene Architektur, in der die Auto-Elektronik in mehrere Zonen mit eigenen Computern aufgeteilt wird. In der ersten Generation der Rivian-Plattform seien noch 17 dieser Steuereinheiten nötig gewesen, sagte Scaringe. Jetzt zur zweiten Generation habe man die Zahl auf sieben gedrückt.
Schwierigkeiten bei eigener Software
VW hat seit Jahren mit Problemen bei der hauseigenen Software-Entwicklung für Elektroautos zu kämpfen, dadurch verzögerten sich bereits Modellstarts. Scaringe legte am 25. Juni 2024 den Finger in die Wunde. Man habe in den vergangenen Jahren erkannt, dass etablierte Hersteller Schwierigkeiten bei eigener Software hätten. Er sieht den Grund dafür darin, wie das Geschäft der Autobauer über Jahrzehnte lief: Viel Technik wurde bei verschiedenen Zulieferern eingekauft, “im Ergebnis hatte man eine Menge kleiner Computer, die an ganz bestimmte Funktionen angebunden waren”. Wenn man aus dieser Welt komme, tue man sich schwer damit, eine Architektur nach dem Zonen-Prinzip zu entwickeln, bei der eine Steuereinheit Funktionen über mehrere Bereiche hinweg übernehme. Rivian ordnete diese ECUs (Electronic Control Unit) verteilt im Fahrzeug an, um den Weg für die Datenübermittlung zu verkürzen.
Experte: Ein Schnäppchen für VW
Milliarden fließen Rivian nach und nach zu
Der Plan von Rivian und VW sieht ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem für beide Hersteller entwickelt werden soll. Die Milliarden sollen Rivian nach und nach zufließen. Erst kauft VW Wandelanleihen für 1 Milliarde US-Dollar. Kommt das gemeinsame Entwicklungslabor zustande, zahlt VW eine weitere Milliarde, kauft in zwei Tranchen Aktien für jeweils eine Milliarde 2025 und 2026 und gibt eine weitere Milliarde als Kredit.
Die Lage in der Elektromobilität
Volkswagen bekam zuletzt mehr und mehr Schwierigkeiten beim offensiven Kurs in Richtung Elektromobilität. In Europa ist die Nachfrage schwach, in China ist der Wettbewerb mit günstigen heimischen Herstellern hart. In den USA will der Konzern mit Elektroautos deutlich Marktanteile gewinnen und hatte dafür hohe Investitionen bereits angekündigt.
1,45 Milliarden US-Dollar Verlust
Rivian lieferte im vergangenen Quartal knapp 13.600 Elektroautos aus und machte dabei 1,2 Milliarden US-Dollar (rund 1,12 Milliarden Euro) Umsatz sowie 1,45 Milliarden US-Dollar (rund 1,36 Milliarden Euro) Verlust. Die Firma ist in zwei in den USA populären Fahrzeug-Kategorien aktiv: große SUVs und Pickups. Außerdem baut Rivian für Amazon elektrische Lieferwagen, die inzwischen auch in Europa zu sehen sind. Der weltgrößte Online-Händler ist ebenfalls ein Investor.Die Stimmung unter den Tesla-Herausforderern, die sich ein immer schnelleres Tempo beim Elektroauto-Absatz erhofften, ist verhalten. Gerade in den USA greifen viele Käufer aktuell lieber zu Hybrid-Modellen, auch bei Tesla ist das Wachstum plötzlich gebremst. Die Firma Fisker musste einen Insolvenzantrag stellen. Ihr SUV-Modell Ocean kam mit Verzögerungen auf den Markt und verärgerte einige Käufer und Tester mit Software-Problemen. (Mit Material der dpa.)