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Volkswagen: Die VW Krise im Überblick

VW ist ein Sanierungsfall. Der Kampf um Werke und Jobs bei Europas größtem Autohersteller ist ein Härtetest für den Standort Deutschland und für das deutsche Mitbestimmungsmodell. Die wichtigsten Fakten auf einen Blick.

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Volkswagen: Die VW Krise im Überblick

Was befürchtet der Betriebsrat?

Laut VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo (49) kann sich bei Volkswagen kein Mitarbeiter mehr sicher fühlen. Ihr zufolge hat das Management drastische Einschnitte geplant – demnach sollen „mindestens drei“ der zehn deutschen VW-Werke geschlossen werden. Welche Standorte genau gefährdet sind, verriet Cavallo nicht. Dafür prophezeite sie, dass auch die übrigen Werke nach den Plänen des Vorstands allesamt „schrumpfen“ müssten und dass manche „Abteilungen und selbst ganze Bereiche“ ins Ausland verlagert würden.

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Von den knapp 120.000 Volkswagen-Arbeitsplätzen in Deutschland stünden dadurch zehntausende auf dem Spiel, so Cavallo. Generell drohe allen Beschäftigten eine Gehaltskürzung von 10 Prozent, außerdem werde es 2025 und 2026 keine Gehaltserhöhungen geben. Tarifliche Zulagen sowie Boni würden wegfallen. „Das ist der Plan des größten deutschen Industriekonzerns, in seiner Heimat Deutschland den Ausverkauf zu starten“, fasst die Betriebsratschefin ihre Vorwürfe zusammen. Nun drohen die Beschäftigten mit Protest gegen die Sparpläne und beabsichtigen, gegebenenfalls deutschlandweit die VW-Fabriken lahmzulegen.

Welche Sanierungsschritte hat das Management bisher skizziert?

Volkswagen hält sich angesichts der neuen Vorwürfe bislang bedeckt – der Konzern wolle sich an „Spekulationen rund um die vertraulichen Gespräche mit der IG Metall und dem Betriebsrat“ nicht beteiligen. Trotzdem sind aus der Vergangenheit schon einige geplante Sanierungsschritte bekannt, denn Anfang September hat VW-Chef Thomas Schäfer (54) bereits Details seines Sparprogramms vorgestellt und damit eine Kampfansage an den Betriebsrat gesendet.

Um sein Ziel zu erreichen – Schäfer will mit VW bis 2026 mehr als 10 Milliarden Euro einsparen und eine operative Rendite von 6,5 Prozent erzielen (im ersten Halbjahr 2024 lag sie bei 2,3 Prozent) – prüft der Vorstand auch die Schließung von Werken, vor allem in Deutschland. Außerdem kündigte das Unternehmen die Beschäftigungssicherung auf. Ab Mitte 2025 könnten dadurch erstmals seit 1994 wieder betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.

Was sind derzeit die größten Probleme von VW?

VW, die Kernmarke von Volkswagen, die dessen Aufstieg zum nach Umsatz größten Autobauer der Welt begründet hat, ist zum Sanierungsfall geworden. VW-Markenchef Thomas Schäfer will 2026 eine operative Marge von 6,5 Prozent erreichen – auch wenn er und seine Vorgänger das in den vergangenen 25 Jahren nicht geschafft haben. Schäfer steht unter Druck, er nähert sich mit VW der Nulllinie bei der Marge. Der VW-Markenchef muss wegen der mauen Nachfrage jetzt zusätzlich rund 5 Milliarden Euro einsparen, um die Ziele zu erreichen.

Der schwache Absatz in Europa und vor allem in China belastet den Konzern erheblich. In Europa würden derzeit zwei Millionen Autos weniger pro Jahr verkauft als vor der Coronapandemie, warnte Konzernfinanzchef Arno Antlitz (55) noch im September. Für VW mit einem Marktanteil in Europa von rund 25 Prozent bedeute das: “Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke. Und das hat nichts mit unseren Produkten zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.”

Der Absatz im wichtigsten Markt China sinkt stetig, dort war VW mehr als 20 Jahre lang Marktführer. In Nordamerika schwächelt das Geschäft ebenfalls, vor allem der Verkauf der E-Autos liegt dort unter den Erwartungen. Die Elektrofahrzeuge, einst Hoffnungsträger des Konzerns, verkaufen sich generell schlechter als erwartet. Bei der Wende zur Elektromobilität hat der Konzern noch viel aufzuholen.

Massive Probleme bei der Softwaretochter Cariad hatten in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass der Start neuer Modelle immer wieder verschoben werden musste. Neue Modelle, die VW gerade auf den Markt bringt, sind oft so teuer entwickelt und produziert, dass der Konzern auf Rabatte der Konkurrenz kaum reagieren kann, ohne in die Verlustzone zu geraten. Hinzu kommt: Bis zum Ende des Jahrzehnts wird Markenchef Schäfer keine neue Fahrzeugarchitektur bekommen, manager magazin berichtete darüber bereits im vergangenen Jahr. Mit der softwarebasierten Architektur SSP hatte Ex-Boss Herbert Diess die Marke VW auf eine Stufe mit Elektropionier Tesla hieven wollen.

Welche Rolle spielt die Politik?

Ein Sparkurs ohne Zustimmung der Arbeitnehmer war bei VW bislang kaum durchzusetzen. Erst recht, wenn der Betriebsrat und das Land Niedersachsen als Großaktionär der Volkswagen AG vereint stehen. VW steht für eine Melange aus Staatsbetrieb, Mitarbeiter-KG und Familienunternehmen: Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte an der Mutter Volkswagen und hat eine Sperrminorität gegen wichtige Entscheidungen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (65, SPD) und Kultusministerin Julia Willie Hamburg (38, Grüne) sitzen bei VW im Aufsichtsrat, die Arbeitnehmer und die beiden Vertreter des Landes haben gemeinsam eine Mehrheit.

Weil hat VW bereits in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, die Schließung von Standorten möglichst zu vermeiden. „Wir haben die klare Erwartung, dass am Ende dieser Gespräche Lösungen gefunden worden sind, die die Diskussion um Standorte entbehrlichen”, sagte der SPD-Politiker im September nach einem Besuch im Werk Emden. VW und IG Metall hatten zuvor angekündigt, die im Herbst anstehende Tarifrunde vorzuziehen und darin auch über die neuen Sparpläne verhandeln zu wollen.

Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (57, SPD) warnte jetzt das VW-Management: „Mit jedem Standort gehen Kapazität und vor allem aber Know-how verloren – und das unwiederbringlich“, sagte der SPD-Politiker in einer Mitteilung. Er fordert den Erhalt aller Standorte und die Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen. Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) dringt darauf, dass die Fehler der Vergangenheit nicht zulasten der Beschäftigten gehen dürften. Jetzt müsse es darum gehen, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern.

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