Alex Rins ist in der Honda-internen Hierarchie weiter nach oben gerutscht
Drei Tage, nachdem er von Honda mehr Vertrauen bei der Entwicklung des Motorrads für 2023 gefordert hatte, lieferte Alex Rins in Austin das beste Argument dafür, dass der Hersteller genau das tun sollte. Er gewann das Rennen und bescherte Honda den ersten Sieg seit Misano 2021 mit Marc Marquez.
Egal, wie gut der Spanier in der Vergangenheit auf dem Circuit of the Americas (COTA) in Austin abgeschnitten hat – er war dort in allen drei WM-Klassen siegreich: Dass er in der Lage sein würde, das beste Wochenende dieser Saison für Honda auf die Beine zu stellen, hätte wohl absolut niemand vorhergesagt.
Rins Erfolg in Austin ermöglichte es dem LCR-Team zudem, sein 100. Podium zu feiern – und das auf die beste Art und Weise, die man sich vorstellen kann.
Eine solche Leistung bleibt bei einer Marke nie unbemerkt, aber noch viel weniger, wenn sie sich in einer so schwierigen Phase befindet wie Honda. Sie litt in den vergangenen Jahren nicht nur unter den wiederholten verletzungsbedingten Ausfällen von Marquez.
Hinzu kam eine offensichtliche Orientierungslosigkeit der technischen Abteilung von HRC, die sowohl im offiziellen Werksteam als auch der Satellitenformation von LCR für Unruhe sorgte. Am Donnerstag schlug Rins, erst seit der aktuellen Saison bei LCR, in diese Kerbe, indem er erklärte, dass er sich bei Honda “verschwendet” fühle, die seiner Meinung nach nicht alles aus ihm herausholen würden.
Puig: Rins wird jetzt mehr gehört werden
Was in Texas passiert ist, wird nicht nur eine beruhigende wie auch belebende Wirkung innerhalb des japanischen Unternehmens haben, sondern den Spanier neu positionieren und dafür sorgen, dass seine Stimme in Zukunft mehr Beachtung findet.
Auf die Frage, welche Auswirkungen die Geschehnisse auf der Rennstrecke auf Rins’ kurz- bis mittelfristige Zukunft haben werden, nahm Shinichi Kokubu, Hondas oberste Instanz auf technischer Ebene unmittelbar nach der Siegerehrung Stellung.
“In diesem Jahr haben wir die Strategie geändert und wir haben die operative Seite und die Entwicklungsseite verstärkt. Wir haben vor, jedem Fahrer spezifische Verantwortlichkeiten zu übertragen. Wir befinden uns in einer Phase des Wandels”, erklärt Kokubu und bezieht sich dabei auf die jüngste Umstrukturierung.
So löste Ken Kawauchi, zuvor bei Suzuki, Takeo Yokoyama als technischen Direktor bei Honda ab, Ramon Aurin, ehemals Crewchief, verstärkte das Testteam.
Aus all dem lässt sich ableiten, dass die Rolle von Rins an Gewicht gewinnen wird, um mehr oder weniger den gleichen Platz einzunehmen, den Cal Crutchlow in seiner letzten Etappe bei LCR hatte. Das Team von Lucio Cecchinello bildet neben Pramac-Ducati die effizienteste Satellitenstruktur im aktuellen Fahrerlager.
Darum bekam Rins noch nicht alle Neuheiten
Trotzdem wurde Rins noch nicht mit allen neuen Teilen ausgestattet, worüber er sich am Donnerstag in Austin beschwerte. Cecchinello stellte daraufhin im Gespräch mit ‘Motorsport.com’ klar: “Wir haben diese Teile, die er nicht getestet hat.”
“Aber wir waren es, zusammen mit Honda, die seinen Wunsch, Komponenten zu testen, gebremst haben, um keine Risiken einzugehen. Wir wollen nicht den Fehler begehen, eine Richtung einzuschlagen, ohne sicher zu sein, dass es die richtige ist.”
Sowohl Rins als auch Cecchinello beziehen sich auf ein bestimmtes Chassis, das der Spanier in Argentinien testen wollte, was ihm aber verwehrt wurde. Dort hatte Rins das Chassis, das er bereits in Portugal verwendet, und ein anderes, das dem neuesten von Marquez entsprach, der wegen einer Verletzung abwesend war.
Nachdem er mit beiden Chassis gefahren war, schlug Rins vor, ihn mit einem dritten Chassis auszustatten – dem, das Joan Mir benutzt hatte, doch Honda sagte ‘nein’.
“Alex wollte nicht warten, aber unser Plan war, nur zwei verschiedene Chassis zu testen, um die Dinge klarer zu sehen, dem Werk die bestmöglichen Informationen zu übermitteln und die Entwicklung des Motorrads fortzusetzen. Dieser Sieg lässt uns glauben, dass der Plan funktioniert”, erklärte Cecchinello das Vorgehen.
“Es war eine totale Bestätigung, sowohl für Alex als auch für die Marke. Honda hat lange auf einen so soliden Sieg gewartet, der von jemand anderem als Marc Marquez errungen wurde”, weiß der ehemalige Rennfahrer. “Der Sieg in Austin war eine großartige fahrerische Leistung von Alex. Also ‘Chapeau’ an ihn.”
“Aber es ist auch klar, dass er es nicht alleine geschafft hat, sondern mit einem Motorrad, das lange Zeit in Frage gestellt wurde”, so der Teamchef abschließend.