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Wie eine bunte Idee Plastic Concept durch die Krise half

Wegen der Flaute in der Autobranche hat der Zulieferer aus Neusalza-Spremberg ein neues Produkt entwickelt. Die XXL-Bausteine für Kinder sind jetzt serienreif. Auch der Automarkt hat sich wieder erholt.

wie eine bunte idee plastic concept durch die krise half

Projektleiter Alexander Hamann von Plastic Concept zeigt die Zebrix-Steine. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Alexander Hamann hat schon etliche Produkte mit entwickelt, vom Handschuhfach fürs Auto bis zum Luftreiniger. Als Projektleiter bei Plastic Concept in Neusalza-Spremberg begleitet er sie von der ersten Idee bis zur Serienreife. Dieser Auftrag war aber auch für ihn Neuland: Plastic Concept produziert jetzt Spielbausteine – und zwar im XXL-Format.

Der Auftrag kam direkt von seinem Chef, Geschäftsführer Bilal Demirel. Die Corona-Krise hatte auch bei Plastic Concept ein Loch in die Auftragsbücher gerissen. Der Hersteller von Kunststoffteilen ist Zulieferer, hauptsächlich für die Autoindustrie. Handschuhfächer oder Aschenbecher für Autos produziert das Unternehmen beispielsweise. “Wir stellen kinematische Bauteile her”, so Geschäftsführer Bilal Demirel. “Also, man drückt irgendwo drauf und es geht etwas auf”, beschreibt er es für den Laien. Von heute auf morgen war diese Sparte im Frühjahr 2020 völlig stillgelegt. “Die Werke waren alle geschlossen”, so Bilal Demirel.

Die Neusalza-Spremberger Kunststoff-Experten steckten aber nicht den Kopf in den Sand, sondern nutzten die Zeit, um an etwas Neuem zu tüfteln: eben den XXL-Bausteinen für Kleinkinder. Den Gedanken hatte der gebürtige Kölner Demirel, der seit 2012 Geschäftsführer bei Plastic Concept ist, schon länger. “Ich arbeite immer wieder gerne an Herzensprojekten. Nur bleibt neben der normalen Produktion meist nicht die Zeit dazu.”

    Auf die Idee mit den Steinen brachten ihn seine eigenen Kinder. “Alle Eltern kennen das. Zum Beispiel mal in Ruhe essen gehen, ist schwierig.” Eines Tages war er mit Frau und Kindern in einem Restaurant. Da gab es ein Spielzimmer mit eben solchen großen Bausteinen. “Die Kinder haben sich zwei Stunden beschäftigt, gebaut, wieder eingerissen, etwas Neues gebaut. Sie waren völlig fasziniert.” Und auch der Familienvater war begeistert. Er wollte diese Steine im Internet bestellen – und musste feststellen, dass sie in dieser Art nicht zu bekommen waren. Also beschloss er, sie selbst herzustellen.

    Bausteine sind komplett “Made in Germany”

    Für Geschäftsführer Demirel, Projektleiter Hamann und ihre Kollegen begann eine lange Phase des Tüftelns. Denn das Material sollte kein billig anmutendes Hartplastik sein. Die Entwickler arbeiteten mit einem sogenannten Sandwichverfahren, das heißt, Innen- und Außenhülle bestehen aus unterschiedlichen Materialien. “Man braucht innen einen harten Kern, damit die Steine gut ineinander klemmen und die Bauwerke stabil sind”, erklärt Bilal Demirel. Außen sollten die Steine aber eine schöne Haptik haben und gleichzeitig nicht zu hart sein. “Falls mal ein Kind einen Stein auf den Kopf bekommt.”

    Die ersten Prototypen waren schnell hergestellt, doch dann ging es an die Feinarbeit. Die Anforderungen an Spielzeug “Made in Germany” sind hoch, besonders in der Altersgruppe. Denn die Steine eignen sich aufgrund ihrer handlichen Größe besonders für kleine Kinder von sechs Monaten bis zu drei oder vier Jahren. “Wir mussten erst einmal recherchieren, welche Bedingungen Spielzeug erfüllen muss”, so Projektleiter Hamann. Schließlich bestanden die Steine auch den Tüv. “Da wird alles Mögliche getestet, zum Beispiel werden auch Speicheltests durchgeführt”, erzählt Alexander Hamann. Denn kleine Kinder nehmen bekanntlich gerne alles in den Mund. Und da sollte die Farbe nicht abgehen und vor allem nicht schädlich sein.

      Die ersten Tester waren seine eigenen Kinder, erzählt Geschäftsführer Bilal Demirel. Aber auch Mitarbeiter haben Steine mit nach Hause genommen, außerdem hat das Unternehmen Kitas einbezogen.

      Erst einmal gibt es die Steine in den Grundfarben rot, blau, grün und gelb. Aber auch eine Sonderedition mit babyblau, orange und pink wurde bereits hergestellt. “Zebrix” hat Plastic Concept seine Bausteine aus der besonderen Materialmischung genannt. Das ist eine Zusammensetzung aus “Zebra” und “Bricks” – dem englischen Wort für Bausteine. Ein Tier sollte Namensgeber sein. “Das ist eingängig und merkt sich leicht”, so Bilal Demirel. Auch Pinguin oder Löwe standen zur Auswahl. Unter den Mitarbeitern startete das Unternehmen schließlich eine Umfrage, welches Tier es denn sein solle. Das Zebra setzte sich durch. Die Marke “Zebrix” haben die Neusalza-Spremberger Kunststoffhersteller sich inzwischen patentieren lassen. Demirel stellt fest, dass so ein ganz eigenes Projekt auch die Belegschaft zusammenschweißt. “Alle sind richtig stolz darauf.”

      Youtuber sollen Verkauf ankurbeln

      Zwei Jahre dauerte es insgesamt bis zur Serienreife der Bausteine. Im November 2022 war Verkaufsstart. Plastic Concept verkauft die Bausteine direkt selbst über einen eigenen Zebrix-Onlineshop sowie über Verkaufsplattformen im Internet. 100 Sets mit jeweils 50 Steinen sind bisher verkauft worden. “Im Moment sind wir noch in der Probierphase”, so Geschäftsführer Demirel.

      Jetzt sollen die Zebrix-Steine noch bekannter werden. Dafür will Plastic Concept auch einen ganz neuen Marketingweg gehen und sich Influencer ins Boot holen. Schon zum Verkaufsstart haben sie die Bausteine von Influencerinnen im Internet bewerben lassen – junge Mütter, die anderen Müttern Tipps geben. Künftig will die Firma mit weiteren Youtube-Stars kooperieren. “Es gibt sogar welche, die sich tatsächlich auf Bausteine spezialisiert haben”, so Demirel.

      wie eine bunte idee plastic concept durch die krise half

      In dieser Kiste werden die Riesen-Spielbausteine ausgeliefert. Der Karton wurde eigens von einem Künstler gestaltet. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

        Auch der Karton, in dem die Steine zu den Kunden kommen, ist ein besonderer Marketing-Clou. Plastic Concept hat hier mit dem Dresdner Künstler Ivo Kircheis zusammengearbeitet. Er hat die Kiste mit einem Wimmelbild gestaltet. Das ist bis auf kleine Farbakzente in schwarz-weiß gehalten. “Wir wollen perspektivisch noch Buntstifte mit ausliefern, sodass das Bild ausgemalt werden kann”, nennt Bilal Demirel eine weitere Idee.

        Neue Auftraggeber in der Autobranche

        Inzwischen hat sich auch die Automobilbranche wieder erholt. Plastic Concept konnte sogar neue Auftraggeber gewinnen. So produziert die Neusalza-Spremberger Firma nun beispielsweise für Landrover und Seat. Auch der E-Auto-Markt boomt. Plastic Concept stellt jetzt etwa Teile für das Modell “Born” von Seat her sowie für den neuen ID-Buzz von Volkswagen. In diesem Jahr rechnet Bilal Demirel mit einem Umsatz von 40 Millionen Euro. “Das ist in etwa Vor-Krisen-Niveau.” Auch, wenn es in der Autobranche wieder bergauf geht, will Plastic Concept an den Spielsteinen festhalten – und diese Sparte weiter entwickeln. Als Nächstes soll es zum Beispiel schräge Steine geben, um Dächer bauen zu können.

        Über Plastic Concept:

        Die Firma gibt es unter dem Namen seit 1997. Seit 2017 gehört Plastic Concept zur Lausitzer Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft (LBV). Vier Firmen arbeiten inzwischen unter deren Dach. Zuletzt kam erst Ende 2022 Parapack aus Oppach hinzu. Der Betrieb verarbeitet ebenfalls Kunststoff, stellt aber vor allem Kleinteile her. Außerdem gehören zur LBV: Proforma Concept in Radeburg und Edelstahl Concept in Obergurig im Kreis Bautzen. Bei Plastic Concept in Neusalza-Spremberg arbeiten aktuell knapp 330 Beschäftigte.

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