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Wenn Guzzi-Träume wahr werden

Unter dem Motto Dreamermotorcycle hat Massimo Carracino sich seine Traum-Guzzi gebaut: einen Café Racer namens Moto Guzzi Veloce.

Wenn Guzzi-Träume wahr werden

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Gut möglich, dass Massimo Carracino den Ohrwurm “Dreamer” von Ozzy Osbourne im Kopf hatte, als er sein ganz persönliches Traumprojekt anpackte und es “Dreamermotorcycle” nannte. Massimo, hauptberuflich Physiotherapeut und Osteopath, lebt in der norditalienischen Region Varese, wo mehrere italienische Motorradmarken ansässig waren oder es noch sind. Doch sein Traum-Motorrad wurde einst ein paar Kilometer entfernt, in Mandello del Lario am Comer See, als Moto Guzzi Bellagio geboren.

Moto Guzzi Bellagio als Basis

Erstens stand der Guzzi-Cruiser Bellagio, Baujahr 2011, sowieso schon in Massimos Garage. Zweitens hatte die Bellagio tatsächlich noch den klassischen Tonti-Rahmen ab Werk. Damit war sie – abgesehen vom cruisertypischen Drumherum – geradezu prädestiniert für einen klassischen und sportlichen Umbau im Café Racer-Stil. Motorisch brachte die Bellagio ebenfalls eine ganz ordentliche Substanz mit: den markentypischen, luftgekühlten V-Twin mit 936 Kubik. Mit nur 2 Ventilen pro Zylinder kommt er im Originalzustand immerhin auf 75 PS Nennleistung bei 7.200/min. Dazu war die Bellagio mit einer vergleichsweise modernen Aluminium-Einarmschwinge samt integriertem Kardan und lastwechselausgleichender Stützstrebe ausgerüstet.

Unterstützung von den Guareschi-Brüdern

Massimo Carracino hatte nicht nur Träume, sondern konkrete Vorstellungen. Doch er schätzt seine eigenen Fähigkeiten realistisch ein, eher im Bereich Design als bei der technischen Umsetzung bis ins Detail. Also nahm er Kontakt mit Profis auf. Spezialisiert auf sportliche Guzzi-Umbauten und dafür international bekannt sind die Guareschi-Brüder Gianfranco und Vittoriano aus Parma. Einen weiteren tatkräftigen Unterstützer fand Massimo in seiner Nachbarschaft: Fabio Montanari, ein Metallbaukünstler, der früher besonders anspruchsvolle Arbeiten für Cagiva und Ducati durchführte. Stichworte hierzu: Paris-Dakar-Rennmaschinen und Monster-Prototyp.

Handgefertigte Aluminium-Karosserie

Nach Massimos Vorgaben und Zeichnungen formte Fabio die neue Karosserie. Aus 2 Millimeter starkem Flugzeugaluminium und in traditioneller Handarbeit, ohne moderne Hilfsmittel. Einige Monate später waren die einzelnen Teile fertig: der Benzintank, die seitlichen Abdeckungen, die Heckverkleidung und die Vorderradabdeckung. Und zwar alles so, dass es schließlich sauber und eng anliegend am Tonti-Bellagio-Chassis montiert werden konnte, an den original vorhandenen Befestigungspunkten. Gezielt darauf abgestimmt fertigte Sattler Luca Ronzoni den Solo-Sitz an – sportlich, aber nicht zu extrem sportlich.

V-Twin-Tuning für über 100 PS aus über 1.100 Kubik

Währenddessen hatten die Guareschi-Brüder dem braven Bellagio-Twin ein strammes Fitnessprogramm verpasst. Mit einer deutlichen Hubraumerweiterung von 936 auf 1.105 Kubik sowie mit speziellen Kolben und Nockenwellen. Zudem wurden die Zylinderköpfe und der Ventiltrieb feinbearbeitet und der Ölkreislauf verstärkt. Eine neu abgestimmte Motorsteuerung von Magneti Marelli in Verbindung mit Doppelzündung, Luftfilter von K&N und größere Einspritzdüsen wurden zueinander arrangiert.

Und quasi gekrönt mit einer prächtigen Abgasanlage: einer aufwändig verschlungenen Einzelanfertigung aus leichtem Titan mit Teilen von Zard aus der Nähe von Turin. Layout 2-in-1-in-2, Klangdämpfung minimal. In Summe lupften diese Tuningmaßnahmen den alten V-Schlegel von 75 auf über 100 PS. Laut Guareschi-Prüfstand: 101,2 PS – und 107 Nm Drehmoment. Das wiederum erforderte den Einbau einer verstärkten Kupplung.

Fahrwerkskomponenten von Öhlins und Brembo

Um mit diesem Motor mithalten zu können, musste das ursprüngliche Cruiser-Fahrwerk natürlich unbedingt aufgerüstet werden. Vorn wurde eine einstellbare 55er-USD-Gabel von Öhlins adaptiert, hinten ein ebenfalls einstellbares TTX-Federbein von Öhlins. Als Nebeneffekt änderte das längere Federbein auch gleich die Geometrie des Fahrwerks, mit steilerem Lenkkopfwinkel weg vom Cruiser, hin zum Racer. Dementsprechend steuerten die Guareschi-Brüder ihre Racing-Bremsscheiben bei, die mit Brembo-Zangen kombiniert wurden. Von Jonich Wheels bei Monza stammen die klassisch angerichteten Drahtspeichenräder. Sonderanfertigungen, vorn mit 18 Zoll, hinten mit 17 Zoll Durchmesser und modern bereift mit Pirelli Angel GT, 120/70 ZR 18 vorn sowie 180/55 ZR 17 hinten.

Edel-Armaturen aus dem Rennsport

Modernes Highlight im Cockpit ist das große Farbdisplay von AIM mit diversen rennsportlichen Sonderfunktionen für Rundenzeiten, Datenanalyse und so weiter. Drumherum sind Lenkstummel von FG mitsamt Racing-Schaltern angeordnet, zudem weitere Zubehörteile von FG, Guareschi Corse (GC) und Rizoma. Beim elegant erscheinenden LED-Rundscheinwerfer handelt es sich um ein neueres Ersatzteil aus dem Moto Guzzi-Regal. Vollendet wurde das Gesamtkunstwerk von Remo Lana in Varese, mit der zeitlosen Lackierung in Schwarz mit Gold. Insgesamt 4 Jahre zog sich dieses Projekt, das schließlich Moto Guzzi Veloce getauft wurde. Umso schöner: Pünktlich zur 100-Jahre-Feier bei Moto Guzzi war Massimos MGV fertig, und er fuhr stolz mit ihr nach Mandello.

Fazit

Massimo Carracino ließ seinen Traum von einem klassischen Café Racer mit modernen, edlen Details wahr werden. Auf Basis einer Moto Guzzi Bellagio mit Tonti-Rahmen und mit Unterstützung hochkarätiger Spezialisten baute er seine prächtige und einzigartige Moto Guzzi Veloce auf. Mit wirklich traumhaftem Endergebnis.

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