Kombis aus Schweden galten in den 1970er Jahren einmal als das Auto der Nonkonformisten. Ein Fahrzeug, das anders war für Leute, die ebenso anders waren. Die aus der gewöhnlichen Masse herausragten. Ein Kombi von Volvo, das war eine mächtige, sichere Stahlfuhre. Kantig, schwer, mit Stoßfängern, die notfalls zum Einrammen eines Scheunentors taugten. Und mit jeder Menge Stauraum. Applikationen waren ein Fremdwort. Umso erstaunlicher, dass es gelungen ist, eben jene traditionellen Stärken unter der chinesischen Geely-Regie in die Zukunft zu transformieren.
Heute gilt der V90 als der Luxusliner von Volvo. Ausgestattet neben dem von einem Fahrzeug dieses Segments erwarteten außerordentlichen Platzangebot soll er auch noch seine Qualitäten als Reise- und Langstrecken-Auto mit in die Waagschale werfen. Und soll natürlich dem Zeitgeist entsprechend motorisiert sein. Wir waren mit dem V90 Cross Country, beatmet von einem 250 PS starken Vierzylinder- Benziner mit zwei Litern Hubraum und alimentiert von einem integrierten Startergenerator unterwegs.
Im Reigen des kaum noch überschaubaren Angebotes an SUV von kompakt bis hin zur voluminösen absoluten Luxusklasse hat es diese Karosserieform, die sich über Jahrzehnte hinweg bewährt hat, nicht einfach, noch bewusste Ja-Sager zu finden. Doch wenn der Kombi, so in diesem Falle als „Cross Country“, noch einen optischen und technischen Zusatz für das Bewältigen anspruchsvoller Geländeformen erhält, dann sieht die Sache schon wieder etwas anders aus.
Dank 210 Millimeter Bodenfreiheit, Unterfahrschutz, Seitenschwellern, Radhausverbreiterung und serienmäßigem Allradantrieb ist der Cross Country so eine Art „XC light“. Denn bei Volvo haben die V-Modelle, also Kombis, neben den Limousinen und den SUV unter dem Label „XC“ eine hohe Bedeutung als gleichberechtigtes Standbein in der Modellpalette. Dort läuft die 90er Reihe als Top-Angebot der Oberklasse. Dennoch wirkt dieser besondere Kombi nicht rustikal, sondern geht eher als Lifestyle-Fahrzeug mit besonderen Ansprüchen durch.
Und er fährt sich so, wie man das nicht nur von einem Volvo, sondern von einem Fahrzeug mit diesen Qualtäten und diesem Anspruch an Gegenleistung auch erwartet. Kraftvoll, ruhig, gleichmäßig, präzise und zudem noch ohne Ansprüche an den Verbrauch stellend. Wir haben aus dem 60 Liter-Tank für den Benziner auf unserer Reise zur IAA Mobility nach München und wieder zurück mehr als 800 Kilometer zurückgeholt und mussten beim ersten Tankstopp dann erst mal die Tankklappe suchen. Wo denn jetzt? Links? Rechts? Der lange Radstand von fast drei Metern sorgt zudem für einen ausgewogenen Geradeauslauf und präzises Bewältigen kurviger Passagen. Und die punktgenau, sanft arbeitende Achtgang-Automatik passt zu dieser Performance. Auch wenn die Option des manuellen Gangwechsel noch gegeben ist.
Das Google-integrierte Multimedia-System ist für derlei Aufgaben wie geschaffen. Die Autobahn A8 von Karlsruhe über Stuttgart, Albaufstieg bis nach Ulm, ist seit Jahren schon, und wird es auch noch länger bleiben, nicht nur topographisch der Schrecken aller Autofahrer. Es scheint, als hätte man dort alle Baustellen der Republik noch einmal zusammengezogen. Umso entspannter, wenn das System, dem man per Sprachbedienung das Ziel angegeben hat, immer wieder neue Optionen angibt und versichert: „Du befindest Dich immer noch auf der schnellsten Route.“ Dass der fast fünf Meter lange Sänftenartige Koloss bei 180 km/h abriegelt, fällt da gar nicht ins Gewicht.
Zurück zu den erwähnten traditionellen Volvo-Vorzügen. Unter den Sicherheitseinrichtungen findet man unter anderem eine Autopilot-Funktion, einen Notbremsassistenten mit Fußgänger- und Radfahrer-Erkennung bei Tag und bei Nacht. Und ein City-Safety-System, das sogar Zusammenstöße mit großen Wildtieren vermeiden kann. Wenn man ein solches Monstrum dann auch noch gescheit einparken soll, freut man sich ganz gewiss über die Parkkamera mit 360-Grad-Surround-View. Und in den Zeitgeist passt ein Luftqualitätssystem mit Aktivkohle-Feinstaubfilterung.
Im Interieur gefällt Volvo seit Jahren schon durch individuelle Details. Den kleinen, wie gehämmertes Silber wirkenden Starterknopf in der Mittelkonsole fasst man schon wegen der Haptik gerne an. Das gleiche gilt auch die Wahlschalter der Fahrmodi. Man sieht: Dem schwedischen Autobauer mit der in vielen Köpfen verankerten rustikalen Vergangenheit ist es gelungen, seine traditionellen Pluspunkte in die Ära der Transformation zu übertragen.
L / B / H: 4,96 / 1,88 / 1,54 Meter
Kofferraumvolumen: 551 Liter
Leergewicht: 1982 kg
max. Zuladung: 528 kg
Motor: Reihenvierzylinder, Mildhybrid
Leistung: 250 PS
Hubraum: 1969 ccm
Antrieb: Allrad
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
CO2-Emission: 140 g/km
Abgasnorm: Euro 6d
Basispreis: 77.150 Euro
Testwagenpreis: 90.310 Euro
Fotos: Charlys Autos
