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Volkswagen: Oliver Blume spricht auf der Hauptversammlung über das neue Billigauto

Derzeit braucht VW in der Regel rund fünf Jahre, um ein neues Modell auf die Straße zu bringen. Auf der Hauptversammlung kündigt Konzernchef Oliver Blume nun ein schnelleres Tempo an – auch beim neuen Billigauto ID.1.

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Volkswagen: Oliver Blume spricht auf der Hauptversammlung über das neue Billigauto

Volkswagen will trotz der aktuellen Flaute bei E-Autos das Tempo bei der E-Mobilität hochhalten. „Wir sehen in der Elektromobilität die Zukunft der Automobilindustrie“, sagte Konzernchef Oliver Blume (55) am Mittwoch bei der Online-Hauptversammlung in Wolfsburg. Bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge wolle man das Tempo sogar noch erhöhen. Innerhalb von drei Jahren will der Konzern ein neues Einsteiger-Elektromodell für rund 20.000 Euro auf die Straße bringen. Damit werde man zeigen: „Volkswagen ist in der Lage, schnell zu entwickeln. Effizient und effektiv – mit Europe Speed.“

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Blumes Redewendung vom „Europe Speed“ spielt an auf die in den vergangenen Monaten oft benutzte Wendung „China Speed“. Diese wird vor allem im Zusammenhang mit den schnellen Entwicklungszyklen heimischer Autofirmen in China verwendet – dem größten und wichtigsten Automarkt weltweit, auch für die deutschen Hersteller. VW kann hier momentan nicht mithalten, braucht für die Entwicklung neuer Modelle im Durchschnitt fünf Jahre. Das liegt unter anderem auch an dem Softwarechaos rund um die Konzerntochter Cariad, durch das sich die Markteinführung neuer Modelle immer wieder verzögert.

Das neue Tempo ist Teil von Blumes Plan, den Konzern fit für die Zukunft zu machen und auf die Zeit nach dem Verbrennermotor vorzubereiten, mit denen die Wolfsburger bisher noch das meiste Geld verdienen. Doch zuletzt verlief auch das erste Quartal mehr als enttäuschend.

Billigauto soll in Europa produziert werden

Umso mehr macht Blume nun Werbung für sein neues Billigauto. „Der 20.000-Euro-VW wird bei attraktivem Preis Maßstäbe in Sachen Design, Qualität, Ausstattung und Technologie setzen”, sagte der CEO mit Blick auf das neue Modell mit dem Arbeitstitel ID.1, für das der Vorstand am Vortag grünes Licht gegeben hatte. Und bauen werde VW es in Europa. Dafür hatte nicht zuletzt auch Betriebsratschefin Daniela Cavallo (49) gesorgt, die sich um die unterausgelasteten Werke in Europa sorgte.

Wo genau das Auto produziert werden soll, ließ VW allerdings noch offen. Deutschland komme aber nicht Betracht, fügte Blume hinzu. Bereits den 2026 geplanten ID.2all für 25.000 Euro hatte VW aus Kostengründen an die Konzerntochter Seat nach Spanien vergeben.

Von der Politik forderte Blume mehr Unterstützung für den Elektro-Kurs. „Wichtig ist, dass der Hochlauf der E-Mobilität von allen Seiten unterstützt wird. Auch seitens der Politik bedarf es einer klaren Haltung.“ Die Hersteller bräuchten jetzt vor allem Planungssicherheit. In der EU wurden zuletzt Forderungen nach einem Abrücken von dem Ziel laut, ab 2035 in der EU keine Autos mit Verbrennermotor mehr zuzulassen.

Hauptversammlung nur digital – kaum Proteste möglich

Protest im Saal wie vor einem Jahr in Berlin musste Blume dieses Mal nicht befürchten. Der Konzern hatte seine Aktionäre vorsorglich nur digital zur Online-Hauptversammlung eingeladen. Protest von Klimaaktivisten gab es in Wolfsburg dennoch – aber nur im kleinen Umfang: Einige Aktivisten besetzten ein Dach am Tor, hängten Transparente auf und luden zu einer Kundgebung mit einigen wenigen Teilnehmern vor dem Werk. Im vergangenen Jahr hatten Klima- und Menschenrechtsaktivisten die Präsenzversammlung im Berlin CityCube noch empfindlich gestört, VW-Aufsichtsrat Wolfgang Porsche (80) wurde auf dem Podium nur knapp von einem Tortenwurf verfehlt.

Aktionsvertreter kritisieren die Entscheidung, jetzt wieder rein virtuell zu tagen. „In Berlin mussten Sie sich vor der auf Sie zufliegenden Torte wegducken, und heute – im virtuellen Raum – ducken Sie sich vor Ihren Aktionären weg“, sagte Ingo Speich von der DekaBank. „Das ist sehr bedauerlich und schadet nicht nur der Unternehmens-, sondern insbesondere der Aktionärskultur in Deutschland.“ Das während der Coronapandemie eingeführte Format dürfe nicht zum Regelfall werden, forderte auch Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Blume will Doppelrolle behalten

Grund zur Sorge ist für Aktionärsvertreter weiter auch die Doppelfunktion von Blume, der seit fast zwei Jahren sowohl bei Porsche als auch bei VW an der Spitze steht. “Auch für einen Topmanager hat der Tag nur 24 Stunden”, sagte Janne Werning von Union Investment. “Ihr Vorgänger war mit einem Konzern schon mehr als ausgelastet und konnte die enormen Herausforderungen nicht meistern”, fügte Ingo Speich von der DekaBank mit Blick auf den früheren VW-Chef Herbert Diess (65) hinzu. Blume wies die Kritik zurück: Er sei sich der Doppelbelastung bewusst, sei aber überzeugt, dass sich die Funktionen ergänzten und beide Unternehmen davon profitieren. Er habe daher keine Pläne, daran etwas zu ändern.

Kritik gab es an der erneuten Kandidatur des Porsche-Enkels Hans-Michel Piëch für den VW-Aufsichtsrat, der mit 82 Jahren die eigentlich geltende Regelaltersgrenze von 75 Jahren längst überschritten hat. Seine Wiederwahl gilt dennoch als sicher. Die Mehrheitsverhältnisse bei Volkswagen sind klar verteilt: Die Stimmrechte liegen zu rund 90 Prozent bei den Hauptaktionären Porsche SE, dem Land Niedersachsen und dem Staatsfonds aus Katar. Die Vorzugsaktionäre – und damit der überwiegende Teil der Kleinanleger – haben auf der Hauptversammlung zwar Frage- und Rederecht, aber keine Stimme.

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