Das erste Elektroauto von Subaru gibt es nur mit Allradantrieb. Taugt er damit auch für Einsätze im Revier und auf schlammigen Waldwegen?
- Beinahe lautlos durchs Revier
- Locker und leicht durch die Schlammwüste
- STe-Paket eher für den Boulevard
- Navi kennt nur wenige Ladeplätze
- In Vollausstattung für über 67.000 Euro
Franka hat sich mit dem Neuen schnell angefreundet. Kaum hat der Elektromotor die große Heckklappe hochgefahren, steht die schwarze Pudelpointer-Dame schon mit den Vorderläufen auf der Ladekante – bereit zum Sprung in den fein ausgekleideten Kofferraum. Das Herrchen hingegen fremdelt derweil noch mit dem Gefährt. Die Lackierung des Solterra in Pearl-White Metallic ist nicht unbedingt perfekt für einen Jagdwagen. Wildhüter bestellen ihr allradgetriebenes Revierfahrzeug von Subaru lieber in „Autumn Green Metallic“ oder „Cascade Green Silica“. Und bislang werkelt dort in der Regel ein benzingetriebener Boxermotor. Elektromaschinen kommen lediglich beim Öffnen des Schiebedachs oder der Heckklappe zum Einsatz. Aber mit dem Elektroauto ins Revier? Mit der Idee muss sich der Jäger erst einmal anfreunden.
Beinahe lautlos durchs Revier
Dabei hat der Solterra, das erste und bislang einzige Elektroauto von Subaru, durchaus einige Vorzüge aufzuweisen, die ihn auch für diese Zielgruppe interessant machen. Der 4,69 Meter lange E-SUV kann beispielsweise für rund 1200 Euro mit einer abnehmbaren Anhängerkupplung geordert werden, die Stützlasten von 75 Kilogramm verträgt und Lasten von bis zu 750 Kilogramm zieht. Das reicht allemal für die Montage eines Heckträgers für den Wildtransport oder die Mitnahme eines Einachshängers zum Transport von Baumaterialien oder eines erlegten Keilers, die schon einmal bis zu 150 Kilo wiegen kann.
Schlammringen Dauerregen hat die Böden im Forst schwer gemacht, schweres Gerät der Waldarbeiter hat tiefe Furchen in die Waldwege gefräst. Doch der allradgetriebene Solterra lässt sich dadurch nicht stoppen.
Vor allem aber: Dank seines Elektroantriebs bewegt sich dieser Subaru beinahe lautlos durchs Revier. Und das mit einer Kraft und Geschmeidigkeit, die man dem futuristisch gestylten SUV auf den ersten Blick nicht zutraut: Der Solterra macht nicht nur auf dem Boulevard eine gute Figur, wie sich an diesem Tag bei unserem Ausflug mit dem befreundeten Jäger und seinem Hund ins Grüne noch zeigen soll. Mit einer Systemleistung von 160 kW oder 218 PS stellt er alle anderen Jagdwagen von Subaru in den Schatten. Und mit dem dualen Assistenzsystem X-Mode, über das der Solterra serienmäßig verfügt, belegt die kleine Toyota-Schwestermarke einmal mehr ihre hohe Allradkompetenz.
Locker und leicht durch die Schlammwüste
Der Stromer hat gleichwohl kein leichtes Spiel, als wir uns mit ihm kurz vor Jahresschluss am Rande des Siebengebirges in die Büsche schlagen. Ergiebiger Regen hat in den Tagen zuvor die Waldwege aufgeweicht und stellenweise in Schlammwüsten verwandelt. Traktoren und schwere Holzvollernter haben bereits tiefe Fahrspuren in den Boden gefräst – auch der vorausfahrende Suzuki hat damit schwer zu kämpfen.
Matsch und Schnee In zwei Stufen lässt sich das Ansprechverhalten des Allradantriebs modifizieren. Auch die Bodenfreiheit von 21 Zentimetern sorgt für eine erstaunlich gute Geländetauglichkeit des Elektro-SUV, wie der Praxistest erweist.
STe-Paket eher für den Boulevard
Tatsächlich hat der Solterra keinerlei Mühe, die schlammigen und tiefgefurchten Waldweg-Passage zu bewältigen. Ohne dass die Räder groß durchdrehen, ohne dass das Drehmoment der E-Maschinen gefordert wird. Das Antriebssystem verteilt die Kräfte ganz automatisch mit so großer Sensibilität, dass die schwierige Passage in wenigen Minuten gemeistert ist und das Auto schnell wieder festen Boden unter den Rädern hat. Da staunt der Laie, der Jäger wundert sich.
Sport-Trim electrified Wer das 3.500 Euro teure STe-Paket ordert, erhält neben schwarzen 20-Zoll-Rädern unter anderem eine Lackierung der Stoßfänger und Radhausverkleidungen in Wagenfarbe. Das lässt den Subaru Solterra sportlich-elegant erscheinen.
Aber natürlich ordert niemand das 3500 Euro teure STe-Paket, um sich im Sport-Trim und mit 20-Zoll-Rädern durch den Forst zu wühlen. Die Basisausführung mit unlackierten Kotflügelverbreiterungen und Radhausverkleidungen ist dafür viel besser geeignet: Kleine Schrammen fallen hier viel weniger auf. Nein, das STe-Paket ist eher etwas für den Boulevard.
Navi kennt nur wenige Ladeplätze
Schwächen weist das Schwestermodell des Toyota bz4x allerdings – wie viele andere Autos auch – noch bei der Verkehrszeichenerkennung auf, was auf Autobahnen zu nervigem weil unnötigen Warngebimmel führt. Ein noch größeres Ärgernis für ein Elektroauto des Modelljahres 2024 aber ist, dass der Solterra unterwegs nur rudimentär über die Ladeinfrastruktur informiert und nicht in der Lage ist, für längere Touren außerhalb des heimischen Reviers eine Ladeplanung vorzunehmen. Ohne eine entsprechende Smartphone-App ist der Fahrer da aufgeschmissen – oder er muss darauf vertrauen, dass an der nächsten Raststätte schon eine Schnellladesäule steht.
Originelle Anordnung Die Anzeige mit den wichtigsten Fahrinformationen sitzt weit hinter und leicht über dem Lenkrad. Fahrzeug-Konstrukteur Toyota sparte sich auf diese Weise ein Head-up-Display. Gut zur Hand ist auf der Mittelkonsole das Wahlrad für die Fahrtrichtung samt X-Taste zur Aktivierung des dualen Allradsystems.
Und geladen werden muss der Subaru häufiger als die technischen Daten Glauben machen. Dort ist von Normverbräuchen zwischen 16 und 17,9 kWh auf 100 Kilometer und von Reichweiten von bis zu 466 Kilometern die Rede. Wer sich auf der Autobahn aber an die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hält (obwohl bis zu 160 km/h technisch möglich wären) muss bei niedrigen Außentemperaturen im Winter mit Stromverbräuchen um die 23 kWh/100 km rechnen – und mit Ladestopps spätestens nach 300 Kilometern. Denn der Akku im Fahrzeugboden fast nur 71,4 kWh und auch die 20-Zöller an den Achsen fordern ihren Tribut.
In Vollausstattung für über 67.000 Euro
Geladen werden kann am High Power-Charger theoretisch mit bis zu 150 kW. Während des Tests kamen wir allerdings nie über 85 kW hinaus. Wohl auch, weil eine Ladeplanung und die Möglichkeit zur Vorkonditionierung des Akkus bislang fehlt. Unser Jagdfreund sprach in diesem Zusammenhang von einer „vorsätzlichen Lieblosigkeit“. Subaru ist daraus nicht einmal ein Vorwurf zu machen – für die Plattform und die Software trägt Toyota die Gesamtverantwortung.
Falsche Hoffnung Maximal 150 kW kann der Solterra am High Power Charger aufnehmen. Während unseres Tests flossen selten mehr als 100 kW. Da nützt auch das Ansteuern einer 300 kW-Ladesäule nichts.
Vollends scheiden sich die Geister von Herr und Hund dann allerdings beim Blick in die (überschaubare) Preisliste: 67.557 Euro für den vollausgestatteten Solterra Platinium Plus samt STe-Paket und Anhängerkupplung sind eine Menge Holz. Zumal der Kauf eines Elektroautos hierzulande inzwischen nicht mehr subventioniert wird. Für die gleiche Summe gäbe es einen Forester in Topausführung samt komplett neuer Jagdausrüstung sowie einen Rüden für Franka aus feinster Zucht. Da winkt der Jagdfreund erst einmal ab: Elektrisch ins Revier werde er so schnell nicht wieder fahren, auch wenn auf dem Dach des Eigenheims inzwischen eine Photovoltaik-Anlage installiert sei. Das sehen wohl auch andere so: Nach den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes konnte Subaru bis Ende November in Deutschland gerade mal 132 Autos des Typs absetzen.