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Lexus LS 400 (1989-2000): Klassiker der Zukunft?

Als Toyota das beste Auto der Welt baute ...

lexus ls 400 (1989-2000): klassiker der zukunft?

Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik “Kennen Sie den noch?” studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe “Klassiker der Zukunft?” vorstellen.

Dieses Auto ist quasi der japanische VW Phaeton: Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst, das zeigt, was im automobilen Luxus-Segment machbar ist. Mit dem Lexus LS 400 betrat der Massenhersteller Toyota neues Terrain. Im Gegensatz zu VW aber mit nachhaltigem Erfolg.

Eiji Toyoda und der spätere Lexus LS 400

1983 forderte der Präsident von Toyota, Eiji Toyoda, sein Unternehmen auf, “ein Auto zu bauen, das besser ist als das beste der Welt”. Das war ein bemerkenswerter Ehrgeiz, und es gab viele in der Automobilwelt, die bereit waren, diese Idee als Fantasie abzutun. Wie sollte ein Unternehmen, das keine Erfahrung auf dem internationalen Markt für Luxusautos hatte, auch nur den Hauch einer Chance haben, mit den etablierten Branchenführern mitzuhalten, geschweige denn sie zu übertreffen? Sogar innerhalb von Toyota gab es Zweifler, die seine Pläne für schlichtweg unmöglich hielten.

Die Zweifler wurden alle eines Besseren belehrt. Dank der Inspiration und des unermüdlichen Einsatzes der Menschen, die hinter dem “Circle F”-Projekt standen – das F steht für Flaggschiff – wurde der Lexus LS 400 geboren.

Circle F war ein streng geheimes Projekt, an dessen Verwirklichung mehr als 4.000 Menschen beteiligt waren. Von Anfang an waren die Ziele für den LS außergewöhnlich. Er sollte eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreichen und dabei 10,5 l/100 km verbrauchen. Sein aerodynamisches Design sollte einen Luftwiderstandsbeiwert von höchstens 0,29 haben, und bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h sollte der Geräuschpegel in der Kabine 58 dB nicht überschreiten.

Um diese Zahlen in einen Kontext zu setzen: Der LS sollte schneller, leiser, aerodynamischer und sparsamer sein als alle seine deutschen Konkurrenten. Jedes Ziel für sich genommen war ehrgeizig; sie alle zusammen zu erreichen, schien ein Ding der Unmöglichkeit.

Was die Aufgabe noch schwieriger machte, war die Tatsache, dass Toyota so etwas wie den LS noch nie zuvor gebaut hatte. Als Meister der Massenmarktmodelle, die von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gefahren werden, betrat das Unternehmen völliges Neuland.

Die treibende Kraft hinter dem Entwicklungsprojekt des LS 400 war Chefingenieur Ichiro Suzuki, ein Mann, der nicht bereit war, Kompromisse einzugehen, selbst wenn Mitglieder seines 1.400 Mann starken Ingenieurteams ihm sagten, dass das, was er wollte, nicht machbar sei.

Ichiro Suzuki am Lexus LS 400

Suzukis Pläne waren so ehrgeizig, dass selbst Toyotas Direktor für Produktentwicklung, Akira Takahashi, ihn für verrückt erklärte und seine Mitarbeit zunächst ablehnte.

Takahashi erklärte, dass das Unternehmen zwar über die beste Produktionsausrüstung der Welt verfüge, diese aber dennoch nicht ausreichen würde, um das Auto zu bauen, das Suzuki sich vorstellte. Zum Beispiel konnte damals kein Toyota außer der Supra schneller als 175 km/h fahren. Suzuki ließ sich nicht abwimmeln und weigerte sich, das Büro seines Kollegen zu verlassen, bis dieser sich bereit erklärte, zumindest einen Motor zu bauen.

“Ich konnte keine Kompromisse eingehen”, sagte er, “wenn ich das täte, dann wäre es nur ein normales Fahrzeug.”

Und so unternahmen Suzukis Kollegen ungeahnte Anstrengungen, um jedes Problem zu lösen. So wurde beispielsweise viel Zeit darauf verwendet, die Quelle eines bestimmten Geräuschs im Antriebsstrang zu ermitteln. Es wurde schließlich auf eine Unregelmäßigkeit in der Form der Antriebswelle zurückgeführt, die Vibrationen und ein Geräusch verursachte, das mit zunehmender Drehzahl der Welle lauter wurde. Anstatt das Problem mit sekundären Maßnahmen zu bekämpfen, bestand die Lösung darin, die Antriebswelle aus einem anderen, hochfesten Stahl herzustellen.

Als das Circle F-Projekt ins Leben gerufen wurde, verfügte Toyota bereits über ein “Luxusfahrzeug” für den japanischen Markt, den Century. Doch von Anfang an war klar, dass es sich dabei nicht um die Art von Auto handelte, die auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig war. Zudem war der Century bereits seit 1967 in Produktion.

Das Projektteam musste lernen, was Luxus für internationale Kunden bedeutet. Wonach suchten sie in einem Premium-Auto und wie passte es zu ihrem Lebensstil? In Gesprächen mit Fokusgruppen, bei der Erforschung des Lebensstils ihrer Zielkunden und bei der Analyse des Marktes gelang es ihnen, die für den Erfolg erforderlichen Schlüsseleigenschaften herauszuarbeiten. Was sie erfuhren, überraschte sie.

Designentwurf für den ersten Lexus

Ihre Nachforschungen ergaben, dass für die amerikanischen Kunden ein prestigeträchtiges Image oberste Priorität hatte; die Leistung wurde nur als viertwichtigste Eigenschaft angesehen. Es würde ein harter Kampf werden, um sich gegen die etablierten Marktteilnehmer durchzusetzen.

Der LS erforderte sowohl eine neue Fahrzeugplattform als auch einen neuen Motor – einen 4,0-Liter-V8-Vollaluminiummotor mit 245 PS Leistung. Wie bei allen anderen Aspekten des Fahrzeugs wurden intensive Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass der Motor in jedem Detail exakt war – 973 Versuchsaggregate wurden hergestellt.

Der Motor war genau so geschmeidig und kultiviert, wie Suzuki-san es sich erhofft hatte – eine Qualität, die in der ersten Fernsehwerbung von Lexus, der berühmten “Art of Balance”, festgehalten wurde. Eine Pyramide aus Champagnergläsern wird auf der Motorhaube des LS aufgebaut, während der Wagen auf einem Rollenprüfstand auf 240 km/h beschleunigt. Die Gläser bewegen sich nicht und werden mit Champagner gefüllt, ohne dass ein Tropfen verschüttet wird.

Es wurden Dutzende von Windkanaltests durchgeführt, wobei die Fahrzeuge mit Innenraummikrofonen ausgestattet waren, um störende Windgeräusche aufzufangen. In einem Zeitraum von 16 Monaten wurden 14 maßstabsgetreue Modelle gebaut. “Schlicht, sauber, elegant” lautete die Devise für das Design. Das endgültige Design wurde im Mai 1987 abgesegnet.

Bei der Gestaltung des Innenraums wurde viel Wert auf handwerkliche Details gelegt, angefangen bei der Wahl des feinen Leders für die Polsterung bis hin zur Auswahl des Holzes für die Verkleidungen (24 verschiedene Sorten wurden bewertet). Dabei wurden nicht nur die Erwartungen der Kunden an ein Luxusauto erfüllt, sondern es gab auch Innovationen.

So wandte sich der Designer Michikazu Masu bei der Gestaltung des Armaturenbretts gegen den modernen Trend zu digitalen Anzeigen und entwickelte stattdessen ein neues Konzept für analoge Zifferblätter, bei dem jede Nadel eine eigene Leuchtstoffröhre ist – Miniatur-“Lichtschwerter”, die vor den übrigen Instrumenten leuchten.

Es war an der Zeit, das Auto auf die Teststrecke zu schicken – Toyotas 26 km langes Shibetsu-Prüfgelände. Die Gründlichkeit war atemberaubend: 450 Testwagen wurden gebaut, die zusammen mehr als 4,4 Millionen Kilometer zurücklegten. Auf der Strecke waren alle Straßenbeläge zu finden, denen das Auto in der realen Welt begegnen würde, von rauen Pisten bis zu superglatten Autobahnen.

Es dauerte seine Zeit, aber die Ziele wurden erreicht: Circle F bewies, dass das Unmögliche möglich gemacht werden kann.

Nachdem man die wichtige Entscheidung getroffen hatten, einen neuen Markennamen für den LS zu schaffen – es sollte (zumindest außerhalb Japans) kein weiterer Toyota werden -, planten man, das Auto auf der North American International Auto Show 1989 in Detroit vorzustellen. Der Name Lexus wurde gewählt, und der Lexus LS 400 feierte unter großem Beifall sein Debüt.

Die positive Resonanz der Fachmedien und -experten wurde durch die Begeisterung der Öffentlichkeit ergänzt: Die Verkaufszahlen erreichten die ehrgeizigen Ziele, und der LS 400 wurde schnell zum beliebtesten importierten Luxusauto Amerikas.

Das Auto und die neue Marke erwiesen sich sofort als erfolgreich, denn im ersten Jahr wurden über 42.000 Fahrzeuge verkauft – ein Wert, den der LS lange nicht wieder erreichte. Insgesamt wurden 169.000 Einheiten der ersten Generation bis 1994 verkauft.

Angeblich soll der Lexus LS 400 der Grund dafür gewesen sein, dass die fast fertige neue Mercedes S-Klasse der Baureihe 140 verschoben wurde. Schließlich wollte Stuttgart den Maßstab setzen. Das gelang zwar ab 1991 auch, aber zu diesem Zeitpunkt wurden die üppigen Abmessungen des W140 massiv kritisiert.

Vier Generationen des Lexus LS

Deutlich schlanker wirkte da der LS 400, der in Deutschland und Europa eher selten blieb. Während die neue Marke Lexus in den USA positiv mit Toyota assoziiert wurde, kanzelte man den LS im Land von Audi, BMW und Mercedes gerne als “teuren Toyota” ab. Tatsächlich war er nicht extrem preiswert: 87.650 DM kostete die 245 PS starke Limousine 1990 in Deutschland. Mit Vollausstattung, versteht sich. Ein Mercedes 500 SE (W126) begann bei gut 91.000 Mark. Vor Extras.

Nur ausgewählte Toyota-Händler durften den Lexus verkaufen, oft rätselte man, warum der Wagen nicht Toyota genannt wurde. Tatsächlich hieß der LS 400 in Japan Toyota Celsior. Der ADAC jedenfalls lobte die “hervorragende Verarbeitung” und bezeichnete den “seidenweich und fast geräuschlos laufenden” 4,0-Liter-V8 als “Sahnestück”.

Im Oktober 1994 erschien ein optisch zwar sehr ähnlicher, aber technisch deutlich überarbeiteter LS 400. Er war fast 100 Kilogramm leichter als sein Vorgänger und bekam 1997 ein Facelift. Heute einen frühen Lexus LS 400 zu finden, ist schwierig. Toyota Deutschland in Köln hat ein besonderes Exemplar in seiner Classic Collection: Der Wagen von 1993 ist mit dem ersten Motor und ersten Getriebe eine Million Kilometer gelaufen. Sie sehen ihn auf unserem Titelbild.

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