Jeep

Jeep Grand Cherokee

Jeep Grand Cherokee PHEV stromert durchs Canyonland

Mit einem wiederaufladbaren Hybridantrieb sind SUVs auf der sicheren Seite – zeigt ein Ausflug mit dem Jeep Chereokee in den Wilden Westen.

Ihre Beliebtheit ist ungebrochen: Oberklasse-SUV bieten einen grosszügigen Fahrgastraum, viel Reisekomfort und dank hoher Sitzposition ein sicheres Fahrgefühl. Allerdings zu einem hohen Preis, der nicht allein aus der Tasche des Kunden bezahlt wird, sondern auch von der Gesellschaft und Umwelt. Weil die Dickschiffe viel Verkehrsfläche beanspruchen, insbesondere grosse Parkräume, und weil sie Energie hungrig unterwegs sind, stehen sie in der Kritik. Um die abzufedern werden batterie-elektrische Antriebe ausgelobt, die für diese Fahrzeugklasse aber noch in den Kinderschuhen stecken und der Reichweitenangst vielen Kunden unterliegen. Als Feigenplatt dienen SUV Plugin Hybride, deren Elektromotoren den Verbrenner unterstützen, im besten Fall entlasten und die weit über zwei Tonnen schwere Fuhre lokal emissionsfrei bewegen können. Leider nur auf sehr beschränktem Raum.

Welcher Stromer traut sich in die Wildnis?

So kommen VW Touareg Hybrid, Audi Q7 und Q8 TFSIe Hybrid, Porsche Cayenne E Hybrid oder Range Rover Velar Hybrid über elektrische Reichweiten von 50 km nicht hinaus. Der Volvo XC90 T8 schafft nominell bis zu 70 km. BMW X5 xDrive 50e und Mercedes GLE 350ei kratzen an der 100 km Grenze. Zumindest theoretisch. Genug zwar, um den täglichen Kinder-Shuttle zur Schule, zum Wochenmarkt und nahe gelegenen Arbeitsplatz elektrisch zurückzulegen. Doch kann man in für Strassen optimierten SUV-Hybriden mit geringen elektrischen Reichweiten auch Ausflüge in die Natur wagen, wo emissionsfreies Fahren das Umweltgewissen salbt? Insbesondere zu spektakulären Sehenswürdigkeiten, die gewöhnlich nur in kernigen Geländewagen erreichbar sind?

jeep grand cherokee phev stromert durchs canyonland

Raus in die Wildnis Eine geteerte Strasse führt durch den Nationalpark, nur wenige Seitenstrassen sind unbefestigt: Leichtes Spiel für den allradgetriebenen und teilzeitstromernden Jeep Grand Cherokee in der Variante Trailhawk.

Dem Range Rover Velar Hybrid trauen wir die erforderliche Geländetauglichkeit zu. Ihm zur Seite fährt nun der teilelektrische Jeep Grand Cherokee 4xe in der für die Wildnis zugeschnitzten Variante Trailhawk. In wenigen Wochen auch nach Deutschland. Exemplarisch nehmen wir den amerikanischen Plugin Hybrid von Las Vegas nach Moab unter die vier angetriebenen Räder und wagen stromernde Abstecher in die Nationalparks der Canyonlands. Der Verbrenner dient als Versicherungschutz, so lange eine Ladeinfrastruktur rund um die Spielplätze motorisierter Outdoor-Enthusiasten faktisch nicht existiert. Er sichert elektrisches Klettern, Sandsurfen und Tauchfahrten durch Gewässer als Onboard-Ladestation ab, um die Häfen der Zivilisation am Ende des Tages wieder zu erreichen.

Wie weit trägt der Elektroantrieb?

Namensgebend ragen im Valley of Fire scheinbar in der Sonne glühenden Felsformationen aus der Landschaft und zeugen von Millionen Jahren Erosionskraft. Eine geteerte Strasse führt durch den Nationalpark, nur wenige Seitenstrassen sind unbefestigt. Wir legen den Verbrenner über den „Electric“-Druckschalter links vom Lenkrad schlafen und fahren batterie-elektrisch weiter. Der Select-Terrain Regler steht auf Sand. Ausser dem AC-Gebläse und dem Knirschen der Geländereifen auf Geröll hören wir nichts. Der E-Motor ist anstelle des hydraulischen Drehmomentwandlers zwischen Verbrenner und Getriebe verbaut, er treibt uns gleichförmig und gemächlich voran. Mit majestätischer Würde bewachen gigantische Felstürme die scheinbar unvergängliche Kulisse.

jeep grand cherokee phev stromert durchs canyonland

Valley of Fire Der Verbrenner dient hier gewissermaßen als Versicherungschutz, so lange eine Ladeinfrastruktur rund um die Spielplätze motorisierter Outdoor-Enthusiasten faktisch nicht existiert.

Die Logandale Trails erwarten uns mit Tiefsand-Passagen. Erneut wechseln wir in den E-Mode und vertrauen auf verbliebene 27 km Restreichweite. Zudem reduzieren wir den Luftdruck der Reifen auf 1,0 atü, um die Aufstandsflächen zu vergrössern. Mit Untersetzungsgetriebe und auf 27,8 cm erhöhter Bodenfreiheit tauchen wir ein und lauschen dem akustischen Spiel der Achsverschränkung, dem Kühlgebläse, dem Mahlen der vier 17-Zöller.

Ladestation ist „Out of order“

Es sind Botschaften der Kraftanstrengung, die nicht von hohen Drehzahlen eines Verbrenners verschluckt werden. Unsere Konzentration gilt dem Aufrechterhalten der  Traktion, wir geben gefühlvoll Gas, um das automatische Zuschalten des Verbrenners zu vermeiden. Neigt der 4xe Trailhawk zum Übersteuern, zwingt ihn Regelelektronik zurück in die Spur. Dass sein 145 PS starke Drehstrom-Asynchronmotor unter anspruchsvollen Fahrbedingungen mehr Energie verbraucht als die im Normverbrauch versprochenen 22,1 kWh/100 km (WLTP), belegt die rasch schrumpfende Reichweitenanzeige. Mit sieben Rest-Kilometern schaltet automatisch der Verbrenner zu und bereitet unserem elektrischen Treiben ein zu frühes Ende.

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Ab in die Wüste Die Logandale Trails erwarten uns mit Tiefsand-Passagen. Erneut wechseln wir in den E-Mode und vertrauen auf verbliebene 27 km Restreichweite.

Zurück auf der I15 South rollen wir an einer Tankstelle in Mesquite aus. Hinter dem Gebäude steht sie neben einem Müll-Container, die Ladestation für E-Mobile. Doch sie ist „Out of order“. Wir fahren im e-Charge Modus weiter, lassen den Verbrenner nachladen. Bis zur Ladesäule in der Hotel-Garage von St. George/Utah sind 18 km Reichweite eingespeist. Voll geladen wird der 17,3 kWh große Lithium-Ionen-Akku über den Anschluss im linken Kotflügel vorn mit 7,4 kW Wechselstrom in bis zu  3 Stunden. Jeep gibt eine elektrische Reichweite von 48 km (WLTP) an, die wir in der Praxis leider niemals erreichen.

Maximale Regeneration

Am nächsten Tag geht’s in den Sand Hollow Park, den Felsmonumente, Canyons und herumliegende Rundlinge gliedern. Wir starten mit 36 km elektrischer Reichweite in der Geländeuntersetzung, entkoppeln per Knopfdruck die vorderen Querstabilisatoren für maximale Achsverschränkung und wählen den Select-Terrain Modus „Rock“. Er passt die Drehmomentverteilung, Bremskräfte, die Radführungssysteme, Traktions-, Stabilitätskontrolle und das ABS automatisch an. In „Max Regen“ wählen wir zudem die stärkere Rekuperationsstufe vor. Sie bremst den Trailhawk bereits Energie rückgewinnend ab, wenn wir nur den rechten Fuss entlasten. Etwa auf Bergab-Passagen. Die Fussbremse benutzen wir selten, wenngleich auch sie bis zu 0,25 g Verzögerung rekuperiert. Erst darüber packt die mechanische Bremse zu.

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Stromaufwärts Nicht zuletzt dank Luftfederung mit adaptiver Dämpfung hält der 4xe Trailhawk auf komfortabler Distanz zum rauen Fels.

Zentimerweise tasten wir uns rutschige Slick Rock-Felsen hinab. Die Reifen radieren, Achsen verschränken, manchmal meldet der Unterfahrschutz vorn und hinten leichten Bodenkontakt. Respektable Böschungswinkel von 35,5 Grad vorn und 29,8 Grad hinten verhindern Schrammen an Anbauteilen. Nicht zuletzt dank Luftfederung mit adaptiver Dämpfung hält uns der 4xe Trailhawk auf komfortabler Distanz zum rauen Fels. Das Lenkrad fest im Griff, geben wir gefühlvoll Gas – oder besser Strom – und der Jeep arbeitet sich weitgehend selbstregulierend über Stock und Stein. Auch dort, wo wir zu Fuss ungern unterwegs wären. Etwa, wenn eine Wasserdurchfahrt unvermeidbar wird.

Wie wasserfest ist der Akku?

Bis zu 61 cm Tauchtiefe können der 4xe Plattform nichts anhaben. Deren Hochvolt-Batterie nebst Steuerung, Ladesystem und DC/DC-Wandler liegen mit dem Power Inverter Modul im Aluminiumgehäuse gekapselt unterm Fahrzeugboden. Zusätzlich behütet von stählernen Unterfahrschutzplatten. Ein Heiz- und Kühlkreislauf, der an die Fahrzeug-Klimaanlage gekoppelt ist, hält das System auf optimaler Temperatur. Während das Spritzwasser Front- und Seitenscheiben dekoriert, rauscht es unterm Fussraum als durchpflügten wir einen Gebirgsbach. Wir lassen den ziemlich „eingesauten“ Jeep einige Minuten abtropfen und kehren zurück auf die US89 Richtung Page. Dort nächtigen wir in Apartment-Zelten des „Under Canvan“ Camp, während sich der 4xe an eigens installierten Ladesäulen kostenlos ernährt.

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Von wegen Kurzschluss Bis zu 61 cm Tauchtiefe können der 4xe Plattform nichts anhaben. Deren Hochvolt-Batterie nebst Steuerung, Ladesystem und DC/DC-Wandler liegen mit dem Power Inverter-Modul im Aluminiumgehäuse gekapselt unterm Fahrzeugboden.

Unsere letzte Etappe führt ins legendäre Monument Valley und Valley of the Gods. Die wohl spektakulärsten Kulissen der südwestamerikanischen Canyonlands sind touristisch gut erschlossen und auch für Nicht-Allradler zugänglich. So konzentrieren wir uns aufs Reisen im Hybrid-Modus, der Zusammenarbeit beider Antriebssysteme, die insgesamt 280 kW oder 380 PS und ein maximales Drehmoment von 637 Nm bereitstellen.

Mehr Reichweite wäre wünschenswert

Im Vergleich zu drehmomentsstarken Verbrennern mit stattlichen Hubräumen früherer Grand Cherokees wirkt das vergleichsweise kleine, aufgeladene 2,0-l-Vierzylinder-Aggregat aus dem FIAT-Regal schmalbrüstig. Im Hybrid-Modus sattelt die E-Maschine bei spontaner Gasanforderung im unteren Arbeitsbereich übergangslos Drehmoment auf. Doch sportlichen Antritt darf man nicht erwarten. Immerhin sprintet der 2,4-Tonner in nur 6,4 Sekunden auf 100 km/h. Beim Cruisen lädt der Verbrenner die Batterien sehr langsam nach. Die neue Elektronikarchitektur des Grand Cherokee 4xe erlaubt es, zahlreiche Assistenzsystem zu integrieren, die das Oberklasse-SUV auf die Höhe seiner Mitbewerber hebt.

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Eile mit Weile Geladen wird der 17,3 kWh große Akku über den Anschluss im linken Kotflügel vorn mit 7,4 kW Wechselstrom. Spätestens nach drei Stunden kann es weitergehen. Fotos: Barry Hathaway für Jeep

Im Oberklasse-SUV Segment überzeugt der Trailhawk 4xe durch hervorragende Geländetauglichkeit und sehr guten Reisekomfort. Dass wir die Freiluft-Spielkästen des amerikanischen Südwesten nahezu komplett emissionsfrei unter die Räder nehmen konnten, erfreut unser Umweltgewissen. Dennoch wünschen wir uns mehr elektrische Reichweite.

So verstehen wir den Hybrid-Trailhawk als Übergangslösung auf dem Weg zu einem ausschliesslich batterieelektrischen Nachfolger, der hoffentlich wieder mit selten gewordenem Geländetauglichkeit-Zertifikat brilliert. Er wird aber nicht vor 2028 kommen. Ach ja: Der Grand Cherokee 4xe Trailhawk kostet in Deutschland ab 90.500 Euro.

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