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Jeep Avenger im Test: Was kann der elektrische Baby-Jeep?

Der Avenger ist der kleinste Jeep. Und der erste, der auch vollelektrisch fährt. Bei den Verkaufszahlen hat er sofort die Spitze der markeninternen Charts erobert. Ist das gerechtfertigt? Ja, finden wir. Ein paar Dinge sollte der Avenger allerdings noch lernen. Fahrbericht:

jeep avenger im test: was kann der elektrische baby-jeep?

Elektrischer Avenger: Optisch unverkennbar ein Jeep. Hersteller

Wie er aussieht:

Richtig gut. Nicht martialisch, und doch wie ein echter Jeep. Bemerkenswert treffsicher haben die Designer den optischen Spagat aus sympathischer Ausstrahlung einerseits und robustem Outfit andererseits hinbekommen. Gerade einmal 4,08 Meter ist der Avenger lang, damit übertrifft er einen Opel Corsa nur unwesentlich und ist das kleinste Modell, das Jeep seit dem legendären Willys gebaut hat. Verschiedene Insignien weisen das elektrische City-SUV als Mitglied der Jeep-Familie aus: Siebenschlitz-Kühlergrill, große Räder, hohe Bodenfreiheit, ausgestellte Kotflügel, Unterfahrschutz und nicht zuletzt die Rückleuchten im X-Stil, die an einen Militär-Benzinkanister erinnern.

Der Name “Jeep” besitzt einen uramerikanischen Klang. Seit 2020 gehört die Marke aber zum Stellantis-Konzern. Deshalb ist der Avenger auch mit dem Opel Mokke-e, dem Fiat 600e, dem Peugeot e-2008 und dem DS3 e-Tense verschwistert. Das Design wurde im Centro Stile Turin entworfen, die Produktion erfolgt im polnischen Tychy. In Deutschland ist der Avenger der mit Abstand meistverkaufte Jeep.

Wie er eingerichtet ist:

Funktional, und das bedeutet nicht nur, dass die Innenarchitekten vielerlei Ablagemöglichkeiten geschaffen haben, sondern auch, dass sie unübersehbar großzügig mit dem pflegeleichten Material Kunststoff umgegangen sind. Doch erstens passt das praktische Ambiente irgendwie zum Avenger, und zum zweiten lässt sich der Look auf Wunsch mit Akzenten in sonnigem Gelb aufpeppen (150 Euro).

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Dass die Fahrstufen über Taster angewählt werden, kennt man schon vom Fiat 500e, der Gewöhnungseffekt tritt schnell ein. Hinterm Lenkrad tut sich das heutzutage obligatorische digitale und verschiedenfach konfigurierbare Fahrerinstrumentarium auf, das ausstattungsabhängig in zwei unterschiedlichen Größen installiert wird. Als Schaufenster fürs logisch aufgebaute Uconnect-Infotainment dient serienmäßig ein großer 10,25-Zentralmonitor, darunter sitzen noch einige gern genommene Analog-Taster. Dem Smartphone bahnen Apple CarPlay und Android Auto seinen Weg, kabellos im Übrigen.

Die Wegführung erfolgt mithilfe eines TomTom-Navis, die Spracherkennung – “Hey Jeep” – funktioniert gut, nicht nur, was die Zieleingabe betrifft, sondern auch, was andere Wünsche wie das Einschalten der Sitzheizung anbelangt.

Wie viel Platz er hat:

Der Avenger ist eigentlich ein Kleinwagen, Raumwunder darf man deshalb nicht erwarten. Doch das kleine SUV macht das Beste aus seinen Möglichkeiten: Knapp geschnitten ist der Innenraum keineswegs, vorne sitzt man sowieso bequem, und im Fond halten es auch zwei Erwachsene gut aus, solange ihre Körpergröße kein Basketballer-Format erreicht.

Der praktikabel ausgeformte Kofferraum ist mit 355 Litern recht fassungsfreudig dimensioniert, zugänglich macht er sich über eine niedrige Ladekante und, ab dritter Ausstattungsstufe “Altitude+”, auch über eine sensorgesteuerte elektrische Heckklappe.

Die Ladekabel lassen sich ins Souterrain unter dem verstellbaren Ladeboden verräumen. Einen “Frunk”, ein zusätzliches Staufach unter der Fronthaube also, gibt es nicht. Während das kein großes Manko ist, könnte ein anderes Defizit für manchen Kaufinteressenten zum Ausschlusskriterium werden: Für den Avenger lässt sich keine Anhängerkupplung bestellen – und das bedeutet, dass ihm auch kein Fahrrad-Kupplungsträger aufgebürdet werden kann.

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Was ihn antreibt:

Ein 115 kW/156 PS starker Elektromotor mit einem maximalen Drehmoment von 260 Newtonmetern. Als Speichermedium dient ein Lithium-Ionen-Akku der Kapazität 54 kWh (51 kWh netto).

Anders als es die SUV-Optik und überhaupt die das Jeep-Label erwarten lassen könnten, verfügt der Avenger nicht über Allradtechnik, sondern wird über die Vorderräder angetrieben. Das soll sich 2024 aber in Gestalt der zweimotorigen Variante 4xe noch ändern.

Inzwischen wird der Avenger auch in Deutschland alternativ als Verbrenner angeboten, in dem ein 1,2-l-Dreizylinder-Turbobenziner mit 74 kW/100 PS und in Verbindung mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe zum Einsatz gelangt.

Wie er sich fährt:

Mit elektroautotypischer Gute-Laune-Mühelosigkeit. Leise, fahrsicher und vergnüglich also, die elektrische Energie wird flott in Beschleunigung umgesetzt. Von 0 auf 100 km/h geht es in neun Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 150 km/h begrenzt. Mit 1536 Kilogramm erweist sich der Avenger als ein für E-Auto-Verhältnisse leichtes Kerlchen, handlich lässt er sich durch den Stadtverkehr steuern, und auch am Fahrkomfort gibt es überhaupt nichts auszusetzen, die Federung spricht aufmerksam auf Unebenheiten an. Der (optionale) Abstandstempomat macht seine Sache gut, die serienmäßige Verkehrszeichenerkennung ebenfalls.

Des abwesenden Allradantriebs wegen fehlt dem Avenger die Kompetenz als echter Geländegänger. Wo Jeep drauf steht, muss aber zumindest eine Dosis Offroadtauglichkeit drin sein, und so gibt es neben den Standard-Fahrmodi Eco, Normal und Sport (nur hier ist die volle Leistung abbrufbereit!) weitere serienmäßige Programme für Sand, Schlamm und Schnee sowie einen Bergabfahr-Assistenten. Darüber hinaus hat Jeep seinen Junior mit einer Bodenfreiheit von 20 Zentimetern, einem Rampenwinkel von 20 Grad sowie einem Böschungswinkel von 20 Grad (vorn) beziehungsweise 32 Grad (hinten) auf Ausflüge abseits befestigten Terrains vorbereitet.

Zum verstärkten Rekuperieren gibt es nur eine Fahrstufe (B), die aber lässt sich bequem und ohne Umwege übers Infotainment via Tastendruck aktivieren.

Wie weit er kommt:

Mit vollgeladenem Akku und bei herbstlich-mildem Wetter waren im Alltagsmix, der sich überwiegend aus Stadt- und ein paar Landstraßenstrecken zusammensetzte, Reichweiten von knapp 400 Kilometern drin. Treibt man den Avenger längerfristig mit Richtgeschwindigkeit 130 über die Autobahn, sollte man aber damit rechnen, nach ungefähr 250 Kilometern eine Ladestation ansteuern zu müssen.

Was er verbraucht:

Im Eco-Modus und bei maßvoll eingesetztem Fahrpedal haben wir es auf sparsame 13,1 kWh/100 km gebracht. Auf der Autobahn (Richtgeschwindigkeit) steigt der Wert auf gut 20 kWh. Als Schnitt schrieben wir 17,1 kWh ins Fahrtenbuch.

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Wie er lädt:

An der AC-Wallbox dreiphasig und mit bis zu 11 kW, einmal Vollladen dauert fünfeinhalb Stunden. Am DC-Schnelllader zieht der Avenger mit maximal 100 kW. Damit stockt er den Stromvorrat binnen 24 Minuten von 10 auf 80 Prozent auf – im Idealfall, der mit der Praxis aber nicht immer übereinstimmt.

Apropos 80 Prozent: Leider lässt sich das Laden nicht automatisch bis zu diesem batterieschonenden Füllstand begrenzen. Das kennt man schon von anderen Stellantis-Stromern. Und wie diese entwirft auch der Avenger keine automatisierte Ladeplanung. Zwar listet das bordeigene Navi die in der Nähe, entlang der Route oder im Ziel-Umfeld befindlichen Ladestationen auf, nennt deren Betreiber sowie die Ladeleistung und sagt, wie viele Ladepunkte gerade frei sind. Das ist schon einmal gut. Doch die Stopps müssen selbst ausgewählt und in die Route eingepflegt werden.

Was er bietet:

Der Kunde respektive die Kundin kann unter vier Ausstattungsvarianten wählen, die noch durch Ausstattungspakete aufzuwerten sind. Beim Basismodell “Avenger” werden Voll-LED-Scheinwerfer, das Uconnect-Infotainment mit kabelloser Smartphone-Integration, das volldigitale Fahrerdisplay sowie eine Klimaautomatik mitgeliefert, darüber hinaus Fahrhelfer wie Tempomat, Verkehrszeichenerkennung und Spurhalteassistent. Auch eine Wärmepumpe ist Standard.

jeep avenger im test: was kann der elektrische baby-jeep?

Leichtmetallräder, Sitzheizung, Parksensoren sowie beheizte und elektrisch verstellbare Außenspiegel gibt es ab dem zweiten Level Longitude+. Beim Altitude+ kommen Abstandstempomat, das größere 10,25-Zoll-Fahrerdisplay, Navi sowie elektrische Kofferraumklappe hinzu. Und das Topmodell Summit+ kann unter anderem mit teilautomatisierten Fahrfunktionen, einem Totwinkel-Assistenten, der induktiven Smartphone-Ladestation, einer Rückfahrkamera mit Drohnenansicht und einem Fernlichtassistenten dienen.

Was er kostet:

Ab 37.000 Euro. Der Longitude+ kommt auf 3000 Euro mehr, die nächsthöheren Varianten erfordern jeweils einen Preisaufschlag von 2000 Euro. Jeep gibt auf den Avenger zwei Jahre Garantie, auf die Batterie acht Jahre oder 160.000 Kilometer.

Inklusive Herstelleranteil können vom Preis derzeit noch knapp 7500 Euro Umweltbonus (brutto) abgezogen werden. 2024 reduziert sich das auf 4785 Euro.

Fürs Protokoll auch der Basispreis des Benzin-Avengers: Er liegt bei 27.000 Euro.

Was wir meinen:

Der Jeep Avenger ist ein ungemein sympathisches, fahrtechnisch begabtes und einigermaßen erschwingliches kleines Elektro-SUV. Die elektrische Reichweite reicht für den Alltag vollkommen aus und taugt auch für die Langstrecke zwischendurch. Auf den Wunschzettel würden wir neben einer Anhängerkupplung noch eine Laderoutenplanung und die Möglichkeit zum begrenzten Laden schreiben.

Ulla Ellmer

Datenblatt Jeep Avenger Elektro

Antrieb: Drehstrom-Asynchron-Motor, Einganggetriebe, Frontantrieb

Leistung: 115 kW/156 PS

Max. Drehmoment: 260 Nm

Batterietyp: Lithium-Ionen (NMC)

Batteriekapazität: 54 kWh brutto, 51 kWh netto

Ladeanschluss: Typ 2, 3-phasig, bis 11 kW und CCS, bis 100 kW

Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,0 sec

Reichweite WLTP: 389 – 404 km

Normverbrauch WLTP: 15,9 – 15,3 kWh/100 km

Testverbrauch: 17,1 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A+++

Länge: 4,08 m

Breite: 1,78 m (ohne Außenspiegel)

Höhe: 1,53 m

Sitzplätze: 5

Gepäckraum: 355 l

Leergewicht: 1536 kg

Zulässiges Gesamtgewicht: 2540 kg

Zuladung: 479 kg

Anhängelast: –

Versicherungs-Typklassen: 16 (HP), 22 (TK), 25 (VK)

Preis: Ab 37.000 Euro

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