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Herausforderungen und Probleme beim Datenroaming im Auto

Jeder Handynutzer kennt das: Datenroaming kann nicht nur teuer werden, sondern auch schlecht funktionieren. Das gilt auch für Fahrzeuge. Wenn diese (teil-)autonom unterwegs sind, kann das zum echten Problem werden. Aber es gibt Lösungen.

herausforderungen und probleme beim datenroaming im auto

Besonders autonome Fahrzeuge sind auf stabile Datenverbindungen angewiesen. Roaming spielt dabei eine zentrale Rolle. (Bild: Adobe Stock / oatawa)

Lahme Datenübertragung, Verbindungsabrisse oder gleich gar kein Internetzugang: Roaming kann Nerven kosten. Auch in der EU. Fernfahrer wissen ein Lied davon zu singen, wenn sie etwa in der Türkei unterwegs sind und der Kontakt zur Zentrale abreißt oder das festinstallierte Navi beim Grenzübertritt von Frankreich nach Deutschland aussteigt, weil kein Roaming mit ausländischen Mobilfunkanbietern erlaubt ist. Das ist nicht nur lästig, es kann bei internetgestützten Assistenzsystemen zum echten Problem werden. Gerade beim vernetzten, automatisierten Fahren wären allein längere Latenzen gefährlich.

„Die Netzqualität und -abdeckung sind im Ausland wichtige Faktoren, da sie die Zuverlässigkeit der Datenverbindung beeinflussen können“, sagt Paul Hannappel, Referent Mobility & Logistics beim Branchenverband Bitkom. „Hierfür spielt auch eine Rolle, welche Technologie (3G, 4G/LTE, 5G) das Fahrzeug unterstützt und welche Netztechnologie im Ausland angeboten wird.“ Problem: In einigen EU-Ländern wurden 3G-Netze bereits abgeschaltet, so dass Fahrzeuge ohne LTE oder 5G-Unterstützung dort nur auf den langsamen 2G-Standard zugreifen können. Hannappel: „Beim Grenzübertritt kann es aufgrund des erforderlichen Netzwechsels zu einer kurzen Unterbrechung kommen.“ Mit 2G automatisiert fahren? Undenkbar.

Datenroaming ist auch im Fahrzeug schwierig

Die Folgen von Roamingproblemen auf Latenzen, Netzwerkverbindung, Dienstverfügbarkeit und Kosten sind in Fahrzeugen mit denen beim Smartphone vergleichbar. Robert Gee, Manager Standards, Government and Intellectual Property bei Continental, sieht aber einen wesentlichen Unterschied zwischen Autos und persönlichen mobilen Geräten: „Fahrzeuge können aktualisiert werden, um ihre eigenen Konfigurationsprobleme zu beheben.“ Dabei hilft, dass vernetzte Fahrzeuge von den Mobilfunkerfahrungen anderer lernen können. „Darüber hinaus arbeiten Fahrzeughersteller und Zulieferer sowohl vor als auch nach dem Start von Fahrzeugen mit den Netzwerkbetreibern zusammen, um bekannte und neue Inkonsistenzen zwischen den Netzwerken zu beheben“, betont Gee.

Mobile Daten alleine reichen nicht

Hannappel verweist darauf, dass Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen auch ohne externe Kommunikation zuverlässig sein müssen, da eine hundertprozentige Netzabdeckung nie garantiert werden kann: „Automatisierte Fahrzeuge müssen daher in der Lage sein, auf lokale Sensoren und zuvor gespeicherte Daten zurückzugreifen, um auch bei einer vorübergehenden Unterbrechung der Datenverbindung sicher funktionieren zu können.“ Denn gerade Dienste, die die höchsten Leistungsstufen des Netzwerks nutzen (etwa Hunderte von Megabit pro Sekunde), können schwächeln, und sei es nur, weil Netzwerke gerade überlastet sind.

Im Moment ist das noch zu verschmerzen. „Bestehende Fahrzeugdienste wie Audio-Streaming oder zukünftige Videokonferenzen im Fahrzeug nutzen beispielsweise nur einen kleinen Bruchteil der 4G-Fähigkeiten, beispielsweise 3 Mbps“, erklärt Gee. „Eine Funktion, die betroffen sein könnte, wäre das Teleoperated Driving (ToD), das eine schnelle Übertragung von Sensordaten mit geringen Latenzen erfordert, wenn Fahrzeuge bei hohen Geschwindigkeiten remote gesteuert werden.“ Daher müsse die Leistung des regionalen Netzwerks für zukünftige High-Velocity-ToD berücksichtigt werden.

Gleichwohl schränkt auch Gee ein, dass eine durchgehende Konnektivität derzeit nicht zwingend für das autonome Fahren erforderlich sei. „Das Fahrzeug verfügt über eigene Sensoren und muss so konzipiert sein, dass es auch bei fehlender Konnektivität sicher bleibt“, betont er. Nachdem drahtlose Konnektivität jederzeit gestört werden könne (etwa durch Sonnenstürme oder einen RF-Störsender) ginge es weniger darum, ständige Verfügbarkeit anzustreben, sondern vielmehr darum sicherzustellen, dass ein autonomes Fahrzeug auch für längere Zeiträume ohne Konnektivität funktionieren könne.

Satteliteninternet ist noch zu teuer

Nichtsdestotrotz muss bei der Zuverlässigkeit der Datenverbindung nachgeschärft werden. Gee: „Dies könnte durch die Implementierung mehrerer Netzwerke, wie Satellit und Mobilfunk, oder durch duale Mobilfunk-Systeme (oder ein Dual-SIM, Dual-Active-System) auf zwei verschiedenen Netzwerken verbessert werden.“ Gut wäre auch, ein neues Profil herunterzuladen, um das Mobilfunkmodem zur Nutzung des neuen Netzwerks als Heimnetzwerk zu konfigurieren. In Gebieten mit WLAN-Netzwerken könnte auch auf verfügbare Drahtlosnetze zurückgegriffen werden, so Gee. Technisch machbar sei zudem, mehr Mobilfunkinfrastruktur zu implementieren, um die geografische Abdeckung des Mobilfunknetzes zu erhöhen.

Für Hannappel bleibt trotz aller Einschränkungen die vorrangige Lösung für zuverlässiges Internet im Auto der klassische Mobilfunkzugang: „Alternativen wie Satelliteninternet sind bisher wenig verbreitet, könnten aber Lücken im Mobilfunk schließen. Sie bringen jedoch technische Herausforderungen und höhere Kosten mit sich, die einen breiten Einsatz noch einschränken.“

Hilfreich dabei, das Beste aus vorhandenen Mobilfunknetzen herauszuholen, sind Multinetzwerke wie die von Webbing. Das 2010 gegründete Startup agiert als Mobile Virtual Network Operator (MVNO). Webbing betreibt ein eigenes Netzwerk für das es mit mehr als 600 Mobilfunkanbietern in 190 Ländern der Welt (insgesamt zählt die UN 195) Verträge geschlossen hat. Über eine eSIM, also einen Chip, über den sich Mobilfunktarife ohne physische SIM-Karte aktivieren lassen, können Fahrzeuge blitzschnell verfügbare Mobilfunknetze nach der jeweils besten und schnellsten Verbindung durchforsten. Inakzeptable Latenzen oder Verbindungsabbrüche werden so vermieden.

Flexible Datenverbindungen sind im Auto wichtig

Das ist derzeit die Lösung der Wahl. Noch besser wäre es, alle verfügbaren Datenverbindungen situativ optimiert zu nutzen. Gee: „Das kann jedoch kostenaufwändig sein, wenn man für alle möglichen Fahrzeugsituationen optimiert, beispielsweise mit mehreren Mobilfunkverbindungen, Satellit, LP-WAN und Wi-Fi.“ Stattdessen könnten verschiedene Kombinationen je nach den Umständen des Fahrzeugeigentümers angeboten werden, schlägt der Experte vor. Für ein Fahrzeug, das in der Regel in der Nähe großer Städte genutzt wird, könnte eine typische Mobilfunkverbindung ausreichen. Wenn das Fahrzeug jedoch auch in Gebieten mit kostengünstiger und schneller Wi-Fi-Verfügbarkeit gefahren wird, könnte dem Fahrzeug die Fallback-Fähigkeit für Wi-Fi neben der Mobilfunkverbindung hinzugefügt werden. Wenn sich das Fahrzeug in einer ländlichen Gegend mit freiem Blick zum Himmel befindet, könnte die Kombination aus Mobilfunk und Satellitenfähigkeit die geeignete Lösung sein.

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