Alfa Romeo

Alfa Romeo Giulia

Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio

Fahrbericht: Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio Rennmaschine alter Schule

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. In den letzten Jahren hatte Alfa Romeo jeweils einen Anteil am deutschen Automarkt von rund neun Promille. Die homöopathischen Stückzahlen verdammten die Traditionsmarke zu einem Dasein als Nischenhersteller, zusätzlich befeuert durch die ausbleibende Elektrifizierung der Fahrzeuge. Doch die leidprüfte Händlerschaft hat einen Lichtblick bis 2024, bevor der erste vollelektrische Alfa Romeo in den Showroom rollt. Er rührt weniger vom jungen Kompakt-SUV Tonale her, der optisch zwar hinreißend ist, aber sich so charakterlos fährt, wie man es kaum für möglich gehalten hätte. Der Lichtblick stammt vielmehr von den Quadrifoglio-Versionen von Giulia und Stelvio. Sie sind teuer, margenstark und haben einen überproportional hohen Verkaufsanteil. Jede dritte Giulia, die in Deutschland verkauft wird, ist eine Quadrifoglio-Ausführung. Sie kostet mindestens 92.000 Euro. Auch beim Stelvio ist der Performance-Anteil hoch: Fast jedes fünfte ausgelieferte SUV kommt in der Performance-Version (101.000 Euro) zu uns.

Rennmaschine alter Schule

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Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio 2023

Ganz gesund ist das für die Marke natürlich nicht. „Die Thematik ist zunächst einmal stark von der Steuer getrieben“, erklärt Alfa-Romeo-Produktchef Daniel Guzzafame: „Dort wo es keine scharfen Restriktionen bei Performance oder Emissionen gibt, ist der Anteil hoch – zum Beispiel in Deutschland und den USA. In Italien und Frankreich sieht das ganz anders aus.“ Trotzdem klingt es danach, als ob hierzulande die „normale“ Giulia (ab 55.500 Euro) nicht auf die Shoppinglist gewöhnlicher Käufer kommt. „Im Fall der Giulia ist das tatsächlich etwas speziell“, räumt Guzzafame ein: „Als das Fahrzeug entwickelt wurde, hatten wir tatsächlich passioniere Fahrer im Fokus, für Fahren per Definition. Wenn es man sich dann leisten kann, will man auch unbedingt den V6 haben.“

Trotz – oder vielleicht gerade wegen – dieses ungewöhnlichen Motorenmixes ist die Giulia unversehens in die Rolle des Dauerläufers gerutscht. 2016 auf den Markt gekommen, muss sie noch bis 2026 durchhalten. Erst dann, so hat es Alfa-Romeo-CEO Jean-Philippe Imparato verkündet, gibt es einen Nachfolger. Dieser soll bis zu 1000 PS leisten und wird definitiv vollelektrisch sein. „Eine Elektrifizierung der aktuellen Giulia haben wir auch geprüft“, verrät Produktkenner Guzzafame: „Vollständig batterieelektrisch ist nicht realistisch, ohne den agilen Charakter des Fahrzeugs zu zerstören. Und die Plug-in-Hybridtechnik war uns nach Studium unserer wichtigsten Märkte zu ineffizient.“

Seit diesem Frühjahr erfreut sich die Giulia daher an einer Modellpflege, die inhaltlich nicht der Rede wert ist. Etwas anders verhält es sich bei der Giulia Quadrifoglio. Auch hier wurde nicht großartig ins Design, in die Ausstattung oder das technische Konzept eingegriffen. Als „neu“ wird den Wagen kaum jemand wahrnehmen, es sei denn er ist Hardcore-Fan, der alle Produktdetails aus dem Effeff herunterbeten kann. Doch ganz nach bester Motorsport-Philosophie ist es auch hier eine Liste von Kleinigkeiten, die den Wagen besser, im konkreten Fall aggressiver machen. Der Leistungszuwachs des V6-Biturbo-Motors um zehn auf 520 PS ist ein Teil davon. Auch die geschwindigkeitsabhängige Ausrichtung der Frontsplitter ist eines jener Details, von dem man im Alltag nicht direkt etwas merkt. Ganz anders verhält es sich beim neuen mechanischen Sperrdifferenzial. Klar, im dichten Verkehr auf dem Brennero ist davon nichts zu spüren. Aber wehe, Giulia Quadrifoglio wird von der Leine gelassen – vielleicht sogar auf der Rennstrecke.

Die elektronisch gesteuerte Sperre arbeitet extrem präzise und verleiht der hinterradgetriebenen Limousine eine unglaublich hohe Traktion. Bei schnellen Richtungswechseln, vor allem aber beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven sorgt die Differenzialsperre für zusätzlichen Grip. Die Motorsteuerung agiert währenddessen nicht als Spielverderber und nimmt Leistung zurück. Die Kombi beider Systeme erlaubt damit ein gewisses Maß an Schlupf an den Rädern, wodurch ein sinnvoller Grad an Übersteuern zugelassen wird. Das macht dem Fahrer Spaß, gibt ihm Sicherheit und macht den Wagen höllisch agil. Das Maximum wird dabei herausgeholt, wenn zuvor auf den Race-Modus umgeschaltet wurde – was aufgrund der Deaktivierung zahlreicher Assistenzsysteme besser nicht auf öffentlichen Straßen erfolgen sollte. Doch schon im Dynamik-Modus zeigt sich der Alfa dank der Differenzialsperre äußerst leichtfüßig.

So viel Energie in das Antriebs-Setup und die neue Fahrwerksabstimmung eingeflossen ist, so wenig tat sich an anderer Stelle: Größe und Platzierung des Zentraldisplays ist immer noch von gestern, ebenso die Fahrassistenzsysteme. Immerhin ist der Armaturen-Cluster volldigital und vielfältig individualisierbar. Die Prioritäten liegen bei Alfa Romeo offenkundig woanders: Performance, Handling und Leistungsgewicht. Und in diesem Punkt ist die Giulia Quadrifoglio erfreulich klassisch: Die 520-PS-V6-Limousine stemmt zusammen mit dem Fahrer 1.735 Kilogramm auf die Waage. In der heutigen Zeit ein wirklich respektabler Wert.

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