Europas Autobauer warnen in einem internen Papier vor dem Verlust von Millionen Jobs. Die Industrie sei nicht in der Lage, eine Verschärfung der EU-Klimavorgaben einzuhalten. Niedersachsens Ministerpräsident Weil drängt den kriselnden Hersteller VW, günstigere Modelle zu bauen.
Angesichts der angespannten Lage der Autoindustrie warnt ein internes Papier aus der europäischen Autobranche vor dem Verlust von Millionen Jobs. Die Industrie sei nicht in der Lage, eine bevorstehende Verschärfung von EU-Klimavorgaben einzuhalten, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. „Folglich wird die EU-Industrie mit Strafzahlungen in Milliardenhöhe konfrontiert.“ Wer Strafen entgehen wolle, habe „kaum eine andere Wahl, als die Produktion erheblich zu drosseln, was Millionen von Arbeitsplätzen in der EU bedroht“, heißt es.
Hintergrund sind die sogenannten Flottengrenzwerte. Diese legen einen Grenzwert für den CO₂-Ausstoß von Autos fest. Im Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge darf dieser nicht überschritten werden. Derzeit liegt dieser Wert bei 115.1 Gramm CO₂ pro Kilometer, pro Fahrzeug – gemessen anhand des sogenannten WLTP-Testverfahrens. Er soll 2025 auf 93,6 Gramm und 2030 auf 49,5 Gramm sinken. Für zu viel ausgestoßenes CO₂ müssen Hersteller Strafe zahlen.
Der europäische Automobilverband Acea teilte auf Anfrage mit, das Papier sei dem Verband bekannt. Es sei kein offizielles Papier des Lobbyverbandes. Nach dpa-Informationen ist das Schreiben authentisch und kursiert innerhalb der europäischen Automobilbranche. Zuvor hatte auch der Finanzdienstleister Bloomberg über das interne Papier berichtet.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil blickt derweil erwartungsvoll auf die Einführung günstigerer Automodelle beim kriselnden Hersteller VW. „Ich empfinde es derzeit als Lücke in den Angeboten von Volkswagen, dass die Menschen noch keine Fahrzeuge im unteren Preissegment in den Autohäusern kaufen können“, sagte der SPD-Politiker. „Der Name Volkswagen ist Programm und muss mit Taten hinterlegt werden.“
ID.2 und ID.1 sollen Lücke des E-Up schließen
Geplant sind der ID.2 für rund 25.000 Euro sowie der kleinere ID.1 für rund 20.000 Euro. Der ID.2 soll 2026 als Elektro-Kleinwagen im Polo-Format auf den Markt kommen und bei Seat in Spanien zusammen mit Schwestermodellen von Cupra und Skoda gebaut werden. Später soll es auch eine SUV-Version davon geben. Der ID.1 soll 2027 folgen.
Mit den beiden Modellen will VW die Lücke schließen, die das Aus des früheren Elektro-Kleinstwagens E-Up hinterlassen hat. Den E-Up für unter 30.000 Euro hatte VW im vergangenen Jahr wegen verschärfter EU-Regelung für die Cybersicherheit im Auto eingestellt.
Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern. Neben Ministerpräsident Weil sitzt auch seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) im Aufsichtsrat. Insgesamt arbeiten in Niedersachsen mehr als 100.000 Menschen für VW, verteilt auf sechs Standorte im Land.