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E-Auto beschleunigt von selbst: Bei diesem Skandal sind zu viele Fragen offen

e-auto beschleunigt von selbst: bei diesem skandal sind zu viele fragen offen

Fehlerhafte Assistenzsysteme sollen Unfälle verursacht haben.

Spiegel Online berichtet von einem Auffahrunfall, bei dem ein VW ID.3 der Verursacher gewesen sein soll. So sieht es jedenfalls Simone Stolz, die hinter dem Steuer saß. Ihrer Beschreibung zufolge hat ihr Auto an einer Kreuzung beschleunigt, obwohl sie die Bremse betätigt hatte. Stolz fuhr nicht nur auf das vor ihr stehende Auto auf, sondern schob dieses auch noch auf zwei weitere Fahrzeuge. Verletzt wurde zum Glück niemand. Aber es blieb auch nicht beim Schreck und einem Blechschaden, sondern es folgte ein langes Nachspiel.

Während Stolz ihr inzwischen verkauftes Auto und damit den Hersteller für den Unfall verantwortlich macht, geht VW von einem allzu menschlichen Fehler aus: Simone Stolz habe einfach die Pedale verwechselt.

Konträre Meinungen zur Unfallursache

Der Fall der 41-jährigen Simone Stolz, die selbst lange als Software-Expertin im Automotive-Bereich gearbeitet hat, ist durchaus kein Einzelfall. Das gilt für das beschriebene Problem des Autos, das sich plötzlich selbstständig macht, ebenso wie für die Reaktion der Autoindustrie. Während die Fahrer schwören, nichts falsch gemacht zu haben, kommen die Hersteller zu einem anderen Ergebnis. Dabei kann man ihnen nicht vorwerfen, die Sache nicht ernst zu nehmen. Die Vorgänge werden untersucht und im Fall von Frau Stolz gibt es laut VW ein eindeutiges Ergebnis: Der Unfalldatenspeicher weise aus, dass sie das Strompedal des ID.3 kurz vor dem Unfall voll durchgedrückt hätte. Es sei – entgegen ihrer Aussage – eben nicht die Bremse gewesen.

Wer hat in diesem und vielen anderen Fällen recht? Noch gibt es keinen Nachweis für das, was Frau Stolz und andere Betroffene berichten. Die Messdaten bestätigen ihre Beschreibung nicht. Aber selbst wenn man von der bösen Behauptung absieht, die Autoindustrie schütze sich mit den Daten einfach selbst, bleibt doch die Frage: Könnte ein System, das sich beim Bremsen irrt, nicht auch bei der Datenspeicherung versagen?

Eine Sache der Wahrscheinlichkeit

Wer Gewissheit verlangt, wird sie derzeit kaum bekommen. Die Häufung der Fälle spricht für ein technisches Versagen und auch die derzeitige Entwicklungsstufe vieler Assistenzsysteme ist ein gutes Argument dafür. Noch fährt ein Auto nicht autonom, es mischt sich aber durchaus aktiv in die Handlungen des Fahrers ein. Kann es da nicht zu Missverständnissen kommen, zu Hierarchie-Problemen zwischen Mensch und Maschine und damit zu technischen Fehlentscheidungen? Spricht nicht schon die Zahl der Rückrufe dafür, dass die Autobauer mit einer unausgereiften Technik den Fahrer zwangsweise zum Testpiloten machen?

Wenn es keine Gewissheit gibt, geht es um Wahrscheinlichkeit. Und diese spricht ganz klar dafür, dass Frau Stolz und die anderen Betroffenen im Bruchteil einer Sekunde einfach falsch reagiert haben. Ein unerwartetes Vorgehen des Autos kann dabei durchaus der Auslöser sein – man denke nur an den Schock, wenn der Spurhalteassistent im neu markierten Baustellenbereich unvermittelt seinen Dienst versagt. Aber es bleibt der Mensch, der den Unfall letztlich verursacht.

Auch rein technisch ist es nicht nur der Unfalldatenspeicher, der für die Version des Herstellers spricht. Experten verweisen darauf, dass gleich mehrere Systeme im Fahrzeug zeitgleich versagen müssten, um statt zu bremsen für Vortrieb zu sorgen. Allerdings gibt es selbst dabei unterschiedliche Aussagen. Spiegel Online zitiert einen Kfz-Sachverständigen, der seinen Namen nicht preisgeben will, dem „das Phänomen der plötzlichen Beschleunigung“ angeblich gut bekannt ist. Er glaubt, dass ein Softwarefehler die Ursache sein kann (nicht muss), denn es gebe ein Master-Steuergerät für alle Antriebsfunktionen. Die Wahrscheinlichkeiten dürfte dieser Experte jedenfalls völlig anders einschätzen, als wir es tun.

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