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Autonarr, Autohändler und Rallye-Meisterfahrer

Der Großschweidnitzer Hagen Kaufmann hat vor 30 Jahren das Autohaus Löbau eröffnet – und als Rallye-Fahrer Karriere gemacht. Was den 80-Jährigen antreibt und wo er demnächst unterwegs ist.

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Hagen Kaufmann mit seinem Ford Mustang, Baujahr 1965. Mit ihm fährt er auch die Rallye Elbflorenz. © Matthias Weber/photoweber.de

Mit 50 – wenn andere schon Richtung Rente schielen – öffnet Hagen Kaufmann ein neues Kapitel in seiner Berufskarriere. In Ebersdorf bei Löbau baut der Großschweidnitzer 1993 ein neues Autohaus auf die Fläche der früheren Tierzucht-Anlage. Ford bietet er an – eine Marke mit “Brot- und Butterautos, gut für den Alltag”, erinnert er sich. 30 Jahre ist das her, auch in Zittau gibt es inzwischen eine Niederlassung, die auch Volvo im Angebot hat. Zuvor kam in Löbau Land Rover hinzu. Kaufmann selbst hat dieses Jahr seinen 80. Geburtstag gefeiert. Das Geschäft hat längst sein Sohn Jörg übernommen. Aber Autos lassen den Mann, der sich selbst als “Autonarr” bezeichnet, noch immer nicht los – er fährt leidenschaftlich gern Rallye.

Hagen Kaufmann sitzt in seinem Ford Mustang, Baujahr 1965. Der amerikanische Wagen trägt außen gediegenes Schwarz und innen angriffslustiges Rot. Kaufmann steuert den Oldtimer vom Ebersdorfer Autohaus auf die alte B178 und beschleunigt auf der langen Geraden in Richtung Herrnhut. Die Geschwindigkeit kribbelt in den Sitzen und im Körper, dass der Motor Zugkraft hat, spürt und hört man. Es ist ein völlig anderes Fahrgefühl als in den neuen Modellen, die im Autohaus stehen. Vor 13 Jahren – gerade im Ruhestand – hat sich Kaufmann in den USA in den Wagen “verliebt” und ihn zu seinem Rennauto gemacht. “Zunächst aber haben wir ihn aufgearbeitet”, sagt er. Erst am 1. und 2. September ist Hagen Kaufmann mit dem Wagen und seinem Beifahrer Marco Heine bei der Historic Rallye Erzgebirge gestartet. Dabei geht darum, in einer vorgegebenen Zeit eine bestimmte Strecke zu fahren. “Zweiter sind wir geworden, weil wir einen Patzer hatten”, sagt er – und lacht.

Zweiter Platz bei Erzgebirgs-Rallye

Der zweite Platz ist für den Großschweidnitzer gar nicht so außergewöhnlich. Preise hat er in seiner langen Karriere als Rallye-Fahrer immer wieder gesammelt: Schon zu Studentenzeiten ist er Motorrad – Enduro – gefahren: “Richtig bei den DDR-Meisterschaften”, sagt er. Er sei vorn dabei gewesen, dritte Plätze waren drin – bis ihn ein schwerer Unfall vom Zweirad auf das Auto umsteigen ließ. Das Besondere an Hagen Kaufmann als Rallye-Fahrer ist zweifelsfrei, dass sich bei ihm immer Leidenschaft mit Fachverstand verbunden haben: Drei Jahre hat er in Zwickau Kfz-Technik studiert, danach im VEB Sachsenring gearbeitet. “Ich war in der Entwicklungsabteilung – aber ich habe immer schon sehr zur Rallye-Abteilung hinübergeschielt”, kommentiert er lachend. Er kehrt nach Großschweidnitz zurück, zieht mit seiner Familie ins Großelternhaus ein und arbeitet im Cunewalder Motorenwerk. Aber nicht lange: “1977 folgte einer der wichtigsten Schritte in meinem Leben: Ich habe mich selbstständig gemacht.”

Was paradox klingt in einer Welt, die auf volkseigene Betriebe setzt, war für Kaufmann ein logischer Schritt: “Ich habe in Großschweidnitz eine Spezialwerkstatt eröffnet, einen Vergasereinstellungsdienst”, erklärt er. Da damals gerade Spritsparen die oberste Maxime war, kam die Idee des Kfz-Technikers gerade recht. “Wir wurden von Kunden förmlich überrannt”, erinnert er sich. In der Zeit fuhr Kaufmann wieder verstärkt Rennen: “1978 habe ich mich von meinem Kumpel Klaus Riedel aus Dürrhennersdorf bequatschen lassen und angefangen Autocross zu fahren”, schildert er. Das Auto hat er selbst gebaut. “Ich war fünfmal DDR-Meister im Autocross und bin deshalb dann als Meister des Sports ausgezeichnet worden”, schwelgt er in Erinnerungen. Bei der Verleihung dieses Ehrentitels waren damals auch Jens Weißflog und Katarina Witt dabei.

Autohäuser in Löbau und Zittau

Mit der Wende änderte sich vieles: Sein Geschäftsmodell zerbröselte schnell und Kaufmann fuhr “in den Westen”, sondierte den Markt. “Ich habe mich bei etlichen Automarken beworben, bei Ford habe ich einen Vertrag bekommen, das gab es in der Region noch nicht”, erklärt er. Noch in Großschweidnitz verkaufte er die ersten Autos bei seiner Werkstatt. “Die Wagen standen auf dem Platz, wo jetzt die Turnhalle steht”, erinnert er sich, “aber da konnten wir nicht bleiben und haben uns nach einem neuen Gelände umgesehen.” Das fand er dann im heutigen Löbauer Ortsteil Ebersdorf, krempelte dort alles um und legte den Grundstein für seinen Autohaus-Erfolg. Zittau kam dann 2001 hinzu – hier erwarb er das ehemalige Karosseriewerk in der Äußeren Weberstraße.

Vor rund 13 Jahren hat er losgelassen – von der Firma. Von Autos nicht: In seine Rallye-Sammlung sind inzwischen viele schillernde Erlebnisse hinzugekommen: Als Beifahrer war er viermal bei der Rallye Monte-Carlo Historique dabei – mit Platz 26 von 300 einmal sogar weit vorn. Auch beim Lückendorfer Bergrennen ist er seit Jahrzehnten immer wieder Gast – und am kommenden Wochenende steht die Oldtimer Rallye Elbflorenz an. Da ist er schon häufiger mitgefahren – mit dem schwarzen Ford Mustang natürlich.

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