Alfa Romeo

Alfa Romeo Giulia

Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio

Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio (2023) im Test: Besser denn je

Mini-Facelift ändert nicht all zu viel und das ist verdammt gut so

alfa romeo giulia quadrifoglio (2023) im test: besser denn je

Was ist das?

Wir hier bei Motor1.com lieben die Giulia Quadrifoglio. Nur, um das gleich mal ganz unvoreingenommen klarzustellen. Alfa Romeos Rückkehr in ernstzunehmende Performance-Sphären hat inzwischen gut sieben Jahre auf dem Buckel, aber noch immer gibt es in dieser Klasse nichts, was lässigeren, einfacheren Zugang zu fahrdynamischer Glückseligkeit gewährt. BMW M3? AMG C 63? Anders, aber nicht so lockerleicht. Jetzt gibt es wohl ein letztes Facelift.

Sonderlich viel ist dabei glücklicherweise nicht passiert. Das betörende Geschöpf blinzelt einen jetzt durch neue LED-Scheinwerfer (bisher gab es wirklich nur Xenon) mit drei Leuchtmodulen an. An der Form ändert sich nichts. Außerdem gibt es nun Rückleuchten mit transparenter Abdeckung. Das passt.

Größte Neuerung innen ist das 12,3 Zoll große digitale Instrumentendisplay. Wie beim jüngsten Facelift der herkömmlichen Giulia-Varianten hat man nicht einfach lieblos einen Screen hinters Lenkrad geklatscht, sondern das Ganze vernünftig in die traditionelle Tubenform des Cockpits integriert.

Außerdem hat man eine 100-Jahre-Quadrifoglio-Sonderedition aufgebaut. Mit allerlei goldenem Firlefanz (Bremssättel und Logos außen, haufenweise Nähte und Absteppungen innen) und reichlich Ausstattung. Bemühen brauchen Sie sich da aber nicht mehr wirklich. Die 100 Exemplare sind bereits vergriffen.

Was die öligen Teile betrifft, hätte ich jetzt gesagt: “Bloß nix anfassen. Lasst den Quatsch. Es ist alles perfekt.” Ein bisschen was hat Alfa Romeo dann aber doch gemacht. Ärgern muss man sich darüber sicher nicht. Der von einem Ferrari-V8 abgeleitete 2,9-Liter-Biturbo-V6 leistet jetzt 520 statt 510 PS. Bei nach wie vor 600 Nm. An den Fahrleistungen ändert sich dadurch nichts. Von 0-100 km/h geht es in 3,9 Sekunden, wer die nötige Chuzpe hat, kann bis zu 308 km/h schnell fahren.

Auch am Fahrwerk haben die Ingenieure wohl noch ein wenig gebastelt. Ich würde das Ganze eher einsortieren unter “klingt halt in der Pressemeldung gut, wenn da auch ein bisschen was passiert ist”.

Bestellbar ist die aufgefrischte Giulia Quadrifoglio bei uns bereits. Zu den Händlern rollt sie im “Herbst 2023”. Der Grundpreis steigt moderat um 500 auf nun 92.000 Euro. Vorsicht ist allerdings bei den Extras geboten. Da sorgt ein Blick in die Preisliste für erhebliche Schnappatmung. Die Akrapovic-Titanabgasanlage verlangt nach 6.000 Euro Aufpreis und die Sparco-Carbonschalensitze liegen inzwischen bei 7.000 Euro (die Dinger kosteten vor ein paar Jahren mal 3.800 Euro). Dann noch 9.000 Euro für die Keramik-Bremse und Sie sind ein vermutlich glücklicher, aber armer Mensch.

Wie fährt er?

Noch immer absolut furios. Es ist diese unerreichte Leichtigkeit des Seins, dieses unverschämte natürliche Talent, das dieses Auto von der Konkurrenz unterscheidet. Das Level an fahrdynamischer Performance ist riesig, gleichzeitig wirkt nichts daran erzwungen.

Ein BMW M3 etwa, zweifelsfrei ein hochveranlagtes Gefährt, erkauft sich seine Dynamik immer mit einer ausgeprägten Ernsthaftigkeit, Nervosität, Härte, wirkt wie ein Getriebener. Die Giulia hingegen bewegt sich spielerisch, tänzerisch.

Die Lenkung ist sehr sehr schnell und direkt, aber nie gereizt. Die Gewichtung ist auf den Punkt, das Rückstellmoment ist eher sanft und erlaubt so viel Kontrolle. Für eine Limousine (wir reden hier bei aller Großartigkeit nicht von einem Mittelmotor-Sportwagen) ist auch das Feedback von der Straße völlig in Ordnung.

Die Gewichtung aller Kontrollen, wie man im Auto drin sitzt, das Pedalgefühl beim Bremsen – viel besser kannst du das nicht machen. Bei der Bremse wissen wir allerdings, dass sie nicht unbedingt rennstreckentauglich ist. Ob sich das mit der Keramik-Anlage bessert, kann ich leider nicht beurteilen.

Das Beste an der Giulia Quadrifoglio ist aber ihre unerreichte Chassis-Balance, die Art, wie sie sich bewegt, auch und gerade in Richtung Limit. Für ein Auto dieses Kalibers ist sie geradezu weich, lässt Bewegung im Aufbau zu. Man spürt, wie sie sich in Kurven auflädt, kriegt ein sehr gutes Gefühl dafür, wie weit man vom Grenzbereich weg ist und was als nächstes passieren wird.

Grundsätzlich haben wir es hier mit einem sehr hecklastigen Layout zu tun. Die Giulia wirft gerne und viel mit ihrem Hintern um sich. Gerade bei Nässe braucht es nicht viel, um die Hinterachse zum fliegen zu bringen. Ich kenne allerdings kein Auto, bei dem der Übergang von Grip zu Slip cremiger, entspannter und einfacher zu handhaben ist. Das macht einen großen Teil des Spaßes an diesem Auto aus.

Die Nuancen bei der überarbeiteten Feder-Dämpfer-Applikation waren bei der Testfahrt nicht zu spüren. Eine bessere Nachricht kann es kaum geben. Hier fährt nach wie vor eine der besten Sportlimousinen aller Zeiten, die man sich genau so backen würde, wenn es sie nicht schon gäbe.

Dazu trägt auch der doppelt aufgeladene Sechszylinder bei. Die 10 PS mehr spielen erwartungsgemäß keine spürbare Rolle. Der Motor braucht kaum Anlaufzeit, reagiert schnell und schnörkellos auf Gasbefehle und zieht dellenlos und muskulös durch bis in den Begrenzer. Zudem erlebt man hier noch immer eine der besten Ausführungen der ZF-8-Gang-Automatik, die man auch dank der herrlichen Ferrari-Style Schaltpalldes häufiger manuell nutzt als bei anderen Fahrzeugen.

Interessant: Mit dem optionalen Akrapovic-Auspuff klingt die Giulia deutlich kerniger als ich das zuletzt mit der Serienanlage gehört habe. Das geht – gerade in den Fahrmodi “Dynamic” und “Race” – schon recht opulent rein in den Gehörgang. Trotzdem erscheint mir der Aufpreis ein wenig arg hoch.

Wie ist er innen?

Das neue Digital-Display ist okay und schon ein netter Sprung von den alten Analog-Instrumenten. Verglichen mit den Digi-Anzeigen etwa von BMW, Mercedes oder Audi mangelt es allerdings an Anzeige- und Konfigurationsmöglichkeiten. Gut gemacht ist der Bildschirm im Race-Modus mit großem mittigem Drehzahlmesser und gut lesbarer Gang-Anzeige. Umso mehr nervt, dass man in “Dynamic” die Ganganzeige kaum sieht. Man fährt ja nicht immer nur in “Race” etwas ambitionierter, gerade weil dort grundsätzlich das ESP deaktiviert ist.

Insgesamt macht das Interieur noch immer einen sehr gelungenen Eindruck. Die Qualität passt und die Materialien sind schön. Bei der Modellpflege hat man das glänzende Kohlefaser-Dekor auf Armaturenbrett und Mittelkonsole durch ein sehr rohes Carbon ersetzt. Mir gefällt es nicht, aber das ist sicher Geschmackssache.

Selbst das Standard-Gestühl ist absolut hervorragend. Sehr guter Seitenhalt und immense Langstreckentauglichkeit. Ich bin ein großer Verfechter von optisch reizvollem Sportschalen-Gestühl und die Sparcos sind wirklich gut, aber dass man inzwischen 7.000 Euro für die Carbon-Buckets latzen soll, ist ein Hohn. Da heißt es, wirklich gut zu überlegen, gerade auch, weil damit die Sitzheizung wegfällt.

Dass man in einem inzwischen schon recht betagten Vehikel sitzt, merkt man weniger an der Einrichtung als eher am Mangel an Technologie. Es gibt kein Head-up-Display und der Infotainment-Screen ist vergleichsweise klein. Das System selbst funktioniert aber ziemlich zufriedenstellend. Kein Vergleich zur deutschen Premium-Konkurrenz (und ich befürchte, das war auch von Anfang an ein Grund, warum die Giulia nicht die Verkaufserfolge erzielte, die man ihr gegönnt hätte), aber grundsolides Mittelmaß.

Der Sprachbedienung sollte man vielleicht nicht unbedingt sein Leben anvertrauen, aber die restliche Steuerung funktioniert dank Dreh-Drück-Steller und klassischer Rädchen und Knöpfe für die Klimabedienung wunderbar.

Fazit: 9/10

Wir haben es hier ja eher mit einem Faceliftchen zu tun. Seien wir ehrlich: Ob die Giulia Quadrifoglio jetzt LED-Scheinwerfer und ein digitales Instrumentendisplay hat, dürfte den meisten Interessenten relativ wumpe sein. Sie interessieren sich für das außergewöhnliche fahrdynamische Level dieser Sportlimousine und da bleibt selbige auch im Herbst ihrer Karriere für mich das Maß der Dinge. Ein Vergnügen wie es in dieser Klasse (und auch in den meisten anderen) kein zweites gibt.

Zwei, drei Jahre dürfte die Giulia noch haben, bevor sie von etwas rein Elektrischem, vermutlich absurd Starkem abgelöst wird. Ob das dann so viel Charakter und fahrdynamische Tiefe hat, wird sich zeigen. Jetzt schon einer der ganz Großen. Wer kann, sollte noch zuschlagen.

Technische Daten und Preis Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio 2023

  • Motor: Biturbo-V6-Benziner; 2.891 ccm
  • Getriebeart: 8-Gang-Automatik
  • Antrieb: Hinterradantrieb
  • Leistung: 382 kW (520 PS) bei 6.500 U/min
  • Max. Drehmoment: 600 Nm bei 2.500 U/min
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 3,9 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 308 km/h
  • Leergewicht: 1.735 Kg
  • Zuladung: 415 Kg
  • Kofferraumvolumen: 480 Liter
  • Verbrauch: keine Angabe
  • Emission: keine Angabe
  • Basispreis: 92.000 Euro

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