- Nichts für Langstreckenfahrer
- Stadtwerke warten auf ihr drittes E-Auto
- Es rechnet sich mit dem eigenen Strom
Die Höpner Lackmanufaktur wollte der Umwelt etwas Gutes tun. Doch dann traf die gute Absicht auf die Wirklichkeit. Auch andere Unternehmen haben ihre Erfahrungen mit E-Autos gesammelt.
Geschäftsführer Michael Schäfer (Mitte) schickt seinen Technischen Berater im Außendienst, Sebastian Götting, mit dem Hybrid-Fahrzeug eines chinesischen Herstellers übers Land. Vanessa Porsche arbeitet im Vertrieb im Innendienst. © André Schulze
Es sollte fürs Erste ein Test sein, deshalb mietete er für zwei Wochen ein deutsches Fabrikat. Außendienstmitarbeiter Sebastian Götting machte sich damit auf die Autobahn. Sein Ziel Gütersloh rund 580 Kilometer von Niesky entfernt. Normale Fahrzeit sechs bis sieben Stunden. Sebastian Götting brauchte dafür zwölf Stunden, erzählt Michael Schäfer. Nicht weil Stau war, sondern weil es Probleme mit den Ladesäulen gab. Entweder war sie defekt, die Karte passte nicht zum Bezahlsystem oder der Stecker nicht in die Dose. Klappte es, kam die Ladezeit dazu.
“Jedenfalls war Herr Götting sehr genervt und wollte nicht mehr im E-Auto fahren”, zieht der Manufaktur-Chef das Fazit. Aber ganz ohne umweltbewussten Anspruch wollte Schäfer seinen Mitarbeiter nicht auf weitere Touren lassen. Also entschied er sich für ein Hybridfahrzeug, bestückt mit einem Benzin-Verbrenner und einem Elektromotor.
Bezahlbar sollte das Fahrzeug sein, und so kam für ihn ein Chinese infrage. Michael Schäfer entschied sich für die Marke “Lynk & Co”, denn in deren Autos steckt viel von Volvo drin. Mit diesem Wagen ist die Strecke nach Gütersloh ohne Stau wieder in sieben Stunden zu schaffen. Für Kurzstrecken läuft der Elektromotor, auch wenn es nur knapp 70 Kilometer sind.
Nichts für Langstreckenfahrer
Auch aus diesen Gründen steht bei Elektrotechnik Niesky nicht ein “Stromer” auf dem Hof. Geschäftsführer Armin Wuttig sagt, es rechnet sich betriebswirtschaftlich für ihn nicht. Erstens sind die Fahrzeuge in der Anschaffung viel teurer als vergleichbare Verbrenner und dann gibt es keine verlässlichen Auskünfte zur Leistungsfähigkeit der Akkus im Fahrzeug. Das erschwert die Kalkulation von Fahrten.
Hinzu kommt, dass Elektromonteure von ETN in ganz Deutschland unterwegs sind und demzufolge lange Strecken unter die Reifen nehmen. Muss beispielsweise das mit vier Monteuren besetzte E-Auto unterwegs eine halbe Stunde geladen werden, dann sind das zwei Arbeitsstunden, die woanders fehlen. Auch das ist betriebswirtschaftliches Denken. Gewiss, man kann den Ladestopp mit einer Fahrpause verbinden, aber das passt nicht immer zeitlich zusammen.
Stadtwerke warten auf ihr drittes E-Auto
Ein anderes Bild zeigt sich bei den Stadtwerken Niesky. Die Mitarbeiter sind mehr im Kurzstreckenmodus unterwegs, denn ihr Arbeitsbereich beschränkt sich meist auf die Stadt Niesky und ihre Ortsteile. Zwei Kleinwagen mit E-Kennzeichen stehen im Fuhrpark, der insgesamt 21 Kraftfahrzeuge umfasst. Ein Anfang, der weiter ausgebaut wird, sagt der neue Geschäftsführer Robert Mälzer. Am vergangenen Freitag wurde ein altgedienter Opel Corsa gegen das Elektromodell Mokka getauscht. Das zweite Fahrzeug ist ein VW E-up und bereits bestellt ist ein größerer Skoda, ebenfalls elektrisch.
Es rechnet sich mit dem eigenen Strom
Maria Rackel ist noch am Überlegen, ob sie für die Diakonie-Sozialstation in Niesky zwei Stromer anschafft. Denn zuvor muss in etwas anderes investiert werden. “Wir wollen uns mit einer Solaranlage ausrüsten zur Eigenversorgung der Sozialstation, aber auch, um E-Autos mit dem eigenen Strom laden zu können”, sagt die Geschäftsführerin.
Markus Kiese leitet den Pflegedienst Kiese in See. E-Autos sind eine gute Alternative zu den Verbrennern, wenn man sie selbst mit Solarstrom laden kann, sagt er. © André Schulze
Immerhin sind ihre Angestellten mit 20 Kleinwagen täglich unterwegs. Oft auf kurzen Strecken, sodass sie mit einer Akku-Ladung gut über den Tag kommen würden. Dass das funktioniert, diese Erfahrung macht Markus Kiese im Nieskyer Ortsteil See. Er führt das Familienunternehmen Pflegedienst Kiese.
Bei ihm sind es 24 Kleinwagen, mit denen die Pflegekräfte fahren. Davon sind zwei vom Modell VW E-up, also elektrisiert. Die beiden E-Autos rentieren sich, sagt Kiese. Aber nur, weil sie mit dem eigenen Sonnenstrom im Unternehmen geladen werden. “Müssten meine Angestellten damit an öffentliche Ladestationen, wären E-Autos keine Option für uns.”
Als Problem sieht Markus Kiese die Verfügbarkeit von Elektromobilen bei den Autohändlern. Die Lieferzeiten sind zu lang und unverbindlich. Deshalb ist der zweite VW ein Gebrauchter, weil er neu zu dem gewünschten Zeitpunkt nicht erhältlich war. Selbst fährt Markus Kiese einen Verbrenner, aber das nächste Auto könnte durchaus elektrisch fahren, sagt er. Vorausgesetzt die Preise sind bis dahin gesunken.