Das Elektroauto ist schuld, oder?
E-Auto-Schelte greift deutlich zu kurz
Es ist kaum vorstellbar, dass Merz die E-Mobilität tatsächlich für die Wurzel allen Übels hält. Mögen die Verkaufszahlen in Deutschland derzeit auch stagnieren, so geht der globale Trend doch ganz klar weg vom Verbrenner und hin zum Stromer. Die Internationale Energieagentur IEA rechnet für das laufende Jahr mit einem satten Plus von 20 Prozent bei den Verkäufen im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht immerhin bereits rund 17 Millionen Fahrzeugen. VW selbst ist zudem, zumindest in Europa, bei den E-Auto-Verkäufen führend, wenn man die Verkäufe der Konzernmarken addiert.
Viele Experten, die Merz widersprechen, würden sagen: Das Gegenteil seiner Aussage ist der Fall. Hätte das Management von VW nicht zu lange am Diesel festgehalten, wäre früher in die neue Elektro-Architektur investiert worden. Ohne ein teils justiziables Missmanagement könnte VW heute deutlich weiter sein, auch was die Preise betrifft, denn erst höhere Stückzahlen machen Senkungen im größeren Stil möglich.
Ist Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig?
Hildegard Müller, Chefin des Verbandes der Automobilindustrie, stellt im NDR-Gespräch fest, die deutsche Autoindustrie sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Arbeitskosten seien zu hoch und zu viel Geld fließe in die Bürokratie und teuren Strom. Was es jetzt brauche, so Müller, seien Steueranreize für E-Autos. Sie fordert zudem: “Wir sollten nicht so tun, als ob das ein hausgemachtes Problem eines Unternehmens ist, sondern die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas steht auf dem Spiel.”
Können Steueranreize für Abhilfe sorgen? Oder nützt die Rückzahlung von Milliarden-Dividenden der VW-Großaktionäre, wie es die Linke fordert? Sind Strafzölle der EU ein probates Mittel, um die Konkurrenz aus Asien fernzuhalten? An Diskussionsstoff mangelt es wahrlich nicht. An dem Punkt, die Elektromobilität sei schuld, brauchen wir allerdings im Jahr 2024 eigentlich nicht mehr ins komplexe Thema einzusteigen.