- Ölkonzerne erwirtschafteten «sehr große Gewinne»
- Industrie sucht nach Gasersatz
- Preise fallen wieder
Eine Zapfsäule an einer Tankstelle im bayerischen Rosenheim.
Noch etwas war neu: Der Ölpreis war nicht alleine schuld. Früher folgten die Spritpreise fast immer den Notierungen des Rohöls. Doch als die Spritpreise kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges nach oben schossen, taten sie das sehr viel stärker als alleine vom Ölpreis her zu erwarten gewesen wäre. Der stieg Anfang März zwar bis auf 140 Dollar für ein Barrel (etwa 159 Liter) der für Europa wichtigen Nordseesorte Brent, doch anders als bei den Spritpreisen war das kein Allzeithoch. Auch das Bundeskartellamt stellte eine «nachhaltige Entkopplung» fest und untersucht die Branche derzeit.
Ölkonzerne erwirtschafteten «sehr große Gewinne»
Doch was war es dann, was die Preise in nie gekannte Höhen trieb? Es kommen mehreren Faktoren zusammen: Im Zwischenbericht seiner Untersuchung betont das Kartellamt, dass die Ölkonzerne mit ihren Raffinerien «sehr große Gewinne» erwirtschaftet hätten. Auch Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarktexperte des ADAC, verweist auf die Raffinerien. Deren Renditen hätten sich vervielfacht.
Spätere Werte finden sich im Zwischenbericht des Kartellamts nicht, doch Albrecht zufolge blieben die Margen auch in den folgenden Monaten hoch und stiegen sogar. Auch auf anderen Ebenen sei gut verdient worden.
Industrie sucht nach Gasersatz
Hinzu kommen andere Faktoren: In der ersten Phase des Krieges spielten Unsicherheit und wackelnde Lieferketten eine Rolle. Bei Diesel kommt laut Albrecht hinzu, dass dieser Kraftstoff auch als Fertigprodukt in großen Mengen aus Russland importiert wurde und dass die Industrie ihn inzwischen vermehrt als Gasersatz kauft.
Das schlug sich wohl auch im Spritverbrauch nieder. Obwohl im Frühjahr die Corona-Beschränkungen weitestgehend wegfielen, blieb der Verbrauch – insbesondere bei Benzin – deutlich unter dem der Vor-Corona-Zeit. Darauf deuten die amtlichen Mineralöldaten zur Auslieferung von Kraftstoff hin. Im Sommer wurde bei Benzin zwar das Vor-Corona-Niveau erreicht. In dieser Zeit galt allerdings die milliardenteure Steuersenkung auf Sprit, die die Verbraucher entlasten sollte. Im September – nach dem Ende der Steuersenkung – sackten die Auslieferungen ab. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor.
Preise fallen wieder
Seither sind die Spritpreise mit Schwankungen gefallen. Benzin hat sich zuletzt sogar «nach vielen Monaten der Übertreibung wieder in den Bereich des Normalen begeben», wie Albrecht sagt. Bei Diesel ist dies noch lange nicht erreicht – auch wegen der genannten zusätzlichen Faktoren. «Aber es geht im Vergleich zum Oktober zumindest in die richtige Richtung», sagt Albrecht.
Hier macht sich auch der Ölpreis bemerkbar, der im Laufe des Jahres und verstärkt ab Sommer wieder fiel. Zuletzt schwankte der Preis um 80 Dollar. Der Rückgang ist vor allem auf die trüben Konjunkturaussichten zurückzuführen. Zeitweise gingen die Ölpreise so deutlich zurück, dass sich sogar der mächtige Ölverbund Opec+ – zu dem auch Russland gehört – zu einer kräftigen Förderkürzung veranlasst sah.
Wie es mit den Spritpreisen weitergeht, hängt Albrecht zufolge unter anderem vom Krieg in der Ukraine, der weltweiten Konjunktur und dem Winter ab. So dürften die Dieselpreise im Frühjahr eher sinken, weil dann die Nachfrage nach dem ähnlichen Heizöl sinke. Wie lange andere Sonderfaktoren wie der Bedarf der Industrie anhalten, sei dagegen nicht seriös vorherzusagen, betont Albrecht. «Ich gehe aber davon aus, dass es irgendwann auch beim Diesel wieder zu einer gewissen Normalisierung kommt.»