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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Leon Camier (Honda)

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Ex-Motorradprofi Leon Camier erlebt bei Honda schwierige Zeiten

Liebe Freunde der Superbike-WM,

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Iker Lecuona

hinter uns liegt ein wirklich heißes Racing-Wochenende auf einer der geschichtsträchtigsten Rennstrecken der Welt. Bei extremen Temperaturen sahen wir drei spannende Superbike-Rennen mit einigen Überraschungen. Ich habe Imola an den vergangenen Tagen als einen absolut magischen Ort wahrgenommen, nahezu jede Kurve hat bereits Rennsport-Geschichte geschrieben.

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Mehr als 53.000 Fans kamen trotz der extremen Hitze nach Imola und sahen spannenden Rennsport. Dass das zweite Hauptrennen um vier Runden reduziert wurde, war zweifellos die richtige Entscheidung, denn bei 37°C Luft- und knapp 60°C Asphalttemperatur erreichten die wirklich durchtrainierten Motorradprofis ihre körperlichen Grenzen.

Die Grenzen des technischen Pakets erreichten erneut die beiden Honda-Werkspiloten, die wie in Donington ein desaströses Wochenende erlebten. Honda war auch in Imola mit Abstand letzte Kraft. Und das dürfte Teammanager Leon Camier im Moment sicher einige Kopfschmerzen bereiten. Deshalb spielt der ehemalige WSBK-Pilot die Hauptrolle in der heutigen Kolumne.

Großer Rückstand und keine erkennbaren Fortschritte

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Honda Fireblade

Honda blamiert sich weiterhin in der Superbike-WM. In den Hauptrennen kamen die Honda-Piloten mit mehr als 20 Sekunden Rückstand ins Ziel. Die Top 10 waren für Iker Lecuona und Xavi Vierge weder in Donington noch in Imola aus eigener Kraft zu erreichen. Im vierten Jahr mit dem Triple-R-Projekt geht es für Honda eher nach hinten als nach vorn.

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Xavi Vierge

Dabei hat Honda von den WSBK-Verantwortlichen bereits eine Reihe von Zugeständnissen erhalten. Dank der Super-Concession-Regel durfte Honda einen Rahmen bauen, der im Vergleich zum Serienteil der Fireblade deutliche Unterschiede aufweist.

Derartige Zugeständnisse galten in einer seriennahen Meisterschaft jahrelang als absolut unmöglich. Welche Zugeständnisse braucht Honda noch, um die Fireblade auf das Niveau der Konkurrenz zu bringen? Ein Kollege von mir witzelte in Imola, dass Honda demnächst doppelte Punkte bekommen sollte, um den Anschluss zu finden.

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Iker Lecuona; Leon Camier

Hoffnung weicht Ernüchterung: Die Fahrer sind weniger euphorisch

Im Vorjahr wirkten Iker Lecuona und Teamkollege Xavi Vierge noch äußerst motiviert und hungrig. Davon ist nach den vielen Rückschlägen nicht mehr viel übrig. Ich unterstelle den HRC-Piloten nicht mangelnden Einsatz. Im Gegenteil: Die wiederkehrenden Stürze belegen, dass die beiden Spanier weiterhin das Limit ausloten.

Man muss natürlich auch berücksichtigen, dass Donington und Imola für Iker Lecuona und Xavi Vierge neue Strecken waren. Aber viele Fahrer mussten die Kurse lernen und waren deutlich konkurrenzfähiger.

Aber ich bin überzeugt, dass die Hoffnung, zusammen mit dem weltgrößten Motorradhersteller WSBK-Geschichte zu schreiben, mittlerweile komplett in Ernüchterung umgeschlagen ist. Und das ist verständlich, denn einen erkennbaren Plan gibt es beim WSBK-Projekt von Honda nicht. Ich sehe einige Parallelen zum MotoGP-Projekt, bei dem Honda ebenfalls komplett verloren wirkt.

Was ist das Problem der Honda CBR1000RR-R Fireblade?

In der MotoGP kann man die Aero-Entwicklung und den von Ducati eingeleiteten Philosophie-Wechsel verantwortlich machen. Doch was ist das Problem in der Superbike-WM? Der Motor der Fireblade ist stark. Bei den Topspeeds liegen die Honda-Piloten immer weit vorn und sogar an der Spitze.

Beim Chassis konnte Honda dank der Super-Concessions nacharbeiten und die Defizite der Serienkonstruktion beseitigen. Doch der erhoffte Fortschritt blieb aus. In Donington unterhielt ich mich ausführlich mit Honda-Teammanager Leon Camier und spürte eine große Ernüchterung, was die Entwicklung und die Ergebnisse angeht.

Honda agiert im Vergleich zur Konkurrenz viel zu träge

Ich erkundigte mich, warum Honda nicht in Europa auf den WSBK-Strecken testet. Das wäre einerseits gut, um neue Teile im korrekten Umfeld zu evaluieren. Andererseits hätte Honda mehr Informationen für die Renn-Wochenenden.

Doch aktuell gibt es nur ein kleines Testprogramm in Japan. Dort werden in klassischer Honda-Manier Änderungen probiert und bestätigt und erst dann dem Rennteam zur Verfügung gestellt. Es ist keine Überraschung, dass es ein weiter Weg ist, bis eine Idee final umgesetzt wird.

Wie wichtig ist, schnell zu agieren, wird beim Blick auf Ducatis Entwicklung deutlich. Die Italiener wirken momentan sowohl in der MotoGP als auch in der WSBK wesentlich flexibler und besser aufgestellt.

Keine Inspiration und keine Ideen: Fehlt Honda frisches Personal?

Dabei hatte auch Honda früher den Ruf, ein Innovationstreiber zu sein. Ich erinnere mich an aufregende Technologien wie den Ovalkolben-Motor oder das Seamless-Getriebe. Nicht jede Innovation bringt die Garantie mit sich, zum Erfolg zu werden. Aber was ändert sich, wenn man vollkommen reaktionär agiert und dadurch immer einen oder mehrere Schritte zurück ist?

Ein Job in der Honda-Rennabteilung war früher das große Ziel junger Ingenieure. Aber die aktuell in hohen Positionen tätigen HRC-Ingenieuren sind alles alte Männer. Es wirkt, als würde ein frischer Wind der etwas angestaubten Honda-Rennabteilung gut tun.

Wohin steuert das WSBK-Projekt von Honda?

Aktuell ist noch offen, mit welchen Fahrern Honda in der WSBK-Saison 2024 antritt. Leon Camier bestätigte mir in Donington, dass Honda gern mit Iker Lecuona und Xavi Vierge weitermachen möchte. Die beiden Spanier gehören auch zum Werksteam beim Langstrecken-Rennen in Suzuka. Bei den prestigeträchtigen 8 Stunden von Suzuka ist Honda der Favorit, nicht zuletzt durch den werksseitigen Rückzug von Kawasaki.

Unklar ist, ob Lecuona und Vierge Lust auf eine dritte WSBK-Saison mit Honda haben. Lecuona wird mit einer MotoGP-Rückkehr in Verbindung gebracht. Für Honda dürfte es schwierig werden, mit Blick auf die aktuellen Ergebnisse andere Fahrer für die Fireblade zu begeistern.

Axel Bassani war im Gespräch, doch der junge Italiener wird wohl auch 2024 auf einer Ducati sitzen, was mit Blick auf die Karriere die richtige Entscheidung ist.

Fakt ist: HRC muss einen Neuanfang starten. Die große Frage ist, ob die Japaner noch genug Leidenschaft für den Rennsport haben, um diesen Neustart konsequent durchzuziehen. Mit Blick auf die allgemeine Situation und die sinkenden Verkäufe der Sportmotorräder bin ich skeptisch.

Umso mehr würde ich mich aber freuen, wenn Leon Camier in seiner Rolle als HRC-Teammanager doch noch jubeln kann. Denn bereits in seiner aktiven Karriere als Fahrer hatte der sympathische Brite viel zu viele unglückliche Jahre erlebt. Ein Happy-End würde mich für Camier sehr freuen.

Trauen Sie Honda die Rückkehr zu alter Stärke zu? Teilen Sie mir Ihre Meinung auf Facebook unter “Sebastian Fränzschky – Motorsport-Journalist” mit. Dort gibt es meine Texte, Insiderinfos, Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Themen. Und natürlich die Möglichkeit, diese Kolumne zu diskutieren!

Sportliche Grüße,

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