Honda

Test: Honda ADV350 (2023), Crossover alles

Der ADV ist Hondas Allzweck-Werkzeug unter den Rollern: Souveräne Power, tadellose Ergonomie und erstklassiger Komfort für das City-Abenteuer, dazu genug Bodenfreiheit für den Ausflug dorthin, wo die Straßen enden. Genau richtig für die erste Frühlings-Ausfahrt in der neuen Zweirad-Saison.

Funktioniert Crossover bei einem Scooter?
Vermutlich hätte darauf noch vor wenigen Jahren niemand gewettet – aber ja, es klappt. Honda hat sich mit dem X-ADV 800 zuerst im Full-Size Segment über das Thema getraut und damit den Weg bereitet. In der mittleren Hubraum-Liga macht der Mix aus City-Agilität und Outdoor-Trimm aber noch mehr Sinn – ganz einfach, weil die Zielgruppe dort besser passt. Im Grunde genommen ist es die gleiche, die auch bei Pkws gerne zum Allrounder greift, weil mehr einfach mehr ist. Und mit „New Urban Adventure“ hat sich sogar eine griffige PR-Botschaft dafür finden lassen.
 
Appetitanreger Design
Die grimmige Optik ist für den Erziehungsauftrag gut gewählt – Honda geizt beim ADV nicht mit geometrischen Flächen und scharfen Kanten. Die schnittige Design-Melange von Straßenroller und Outdoor-Elementen wird auch Individualisten ohne Offroad-Ambitionen ansprechen. Das Mad-Max-Prestige schafft gehörig Street-Credibility, darunter stecken der verstärkte Rahmen und die Technik des Forza 350 – der im neuen Gewand vor allem dank großzügiger Fahrwerks-Änderungen vom Gran Turismo-Segment in die Neigungsgruppe Allrounder wechselt. Im vergangenen Jahr wurde der ADV sogar mit dem begehrten Red-Dot-Design-Award geadelt. Enduro-Leihgaben wie die Handschutzbügel, der nach oben gekröpfte Lenker und das Spritzschutz-Layout des Cockpit sorgen auch aus Fahrerperspektive für die korrekte Adventure-Aura.
 
Wie sitzt es sich auf einem Crossover-Roller?
Es wäre nicht Honda, hätte man bei Fahrwerk und Ergonomie nicht bis ins Detail getüftelt: Gegenüber der Forza-Bestückung wurde der ADV mit einer verstärkten vorderen Teleskopgabel samt 40 Prozent mehr Federweg aufgerüstst. Die hinteren Showa-Federbeine tragen mit ihren Ausgleichsbehältern auch optisch zum Offroad-Ambiente bei. Die 145 Millimeter mehr Bodenfreiheit gleicht der ADV mit tieferer Sitzposition im Verhältnis zum Trittbrett aus, womit die Sattelhöhe wieder in etwa gleich ist wie beim Forza.

test: honda adv350 (2023), crossover alles

Scooter goes Crossover: Der Honda ADV 350 ist das passende Allround-Gerät für die Straße und abseits davon.

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Das etwas grobstolligere Profil passt gut zum Arbeitsauftrag des ADV350.

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Kante: Sogar auf dem Auspuff sind sich noch Design-Winkel ausgegangen.

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Vom Wind gebürstet und mit dem Geo-Dreieck gekämmt – das ADV-Profil ist eine Charakter-Studie.

Hightech für Highfun
Was Honda in dieser Liga derzeit im Köcher hat, steckt im ADV-Aggregat: Etwa Ventilsteuerung über Rollenkipphebel, gleitgelagerte Kurbelzapfen und ein speziell abgedichtetes Kurbelgehäuse. Oder Kolbenkühlung mittels Ölstrahl, dadurch ermöglichter früherer Zündzeitpunkt und verbesserte Verbrennungsleistung. Dazu hydraulischer Kettenspanner, reibungsoptimierter Ölkreislauf, Airbox zum Luftansaugen und ein Zweikammer-Schalldämpfer für weniger Abgas-Widerstand. Alles spanische Dörfer, zuviel Technik-Jargon? Dann so: Aus dem 330 cm3 holt Honda dank zahlloser Detailmaßnahmen das Optimum an Leistung und Effizienz. 30 PS und 32 Newtonmeter sind solide Eckdaten, die 137 km/h Topspeed sprechen für sich. Die Kraft fließt souverän, sauber abgenommen von der stufenlosen Variomatik. Safety-Features wie ABS und Traktionskontrolle sind bei Honda selbstredend an Bord.
 
Einer für alles
Die Summe der Details macht den Unterschied: Die geänderte Ergonomie und das angepasste Lenker-Layout verpassen dem ADV ein direkteres und agileres Handling, als sein Street-Only-Pendant Forza hergibt. Bei der Dakar-Rallye wäre man mit dem ADV underdressed, für Hüttenwirte, auch solche im Geiste, bekommt sie aber das Prädikat empfehlenswert. Zu Beginn ist das Scooter-Format auf Feldweg und Schotterpiste vielleicht ungewohnt – es sind aber alle Qualitäten an Bord, die es dafür braucht. Im City-Einsatz zählen in jedem Fall die satte Leistung und der hohe Komfort samt martialischem Auftritt. Die feine Dosierbarkeit der Power, die gänzlich unbockige Gleichmut auch bei abrupten Manövern und die Wendigkeit sind da wie dort von Vorteil.

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Handschutzbügel gehören zum unverzichtzbaren Enduro-Repertoire. Die Griffe gibt es optional auch beheizbar.

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Schlüsselloses Starten plus elektrische Entriegelung von Sitzbank und Tank.

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Digitalisierung im Cockpit: Mini-Tablet als Instrument, so gut wie spiegelfrei.

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Unter dem Sitz ist Platz für zwei Helme oder was sonst so mit unterwegs ist. Wer mit dem Stauraum nicht auskommt: Optional ist ein Top-Case zu haben.

Outdoor-Askese oder Komfort-Angebot?
Eindeutig Letzteres. Was sich im Ausstattungs-Pool von Honda findet, ist auch im ADV drin.
Also schlüsselloser Betrieb samt automatischer Verriegelung von Sitzbank und Tankklappe, Stauraum für zwei Helme, digitales Kombiinstrument, USB-Ladebuchse fürs Smartphone, das dazu mittels Bluetooth verbunden werden kann. Und natürlich Honda Voice Control mit Zugriff auf Telefonie, Textnachrichten, Navigation, Wetter und Musik über die RoadSync App, bestens geeignet für die Nutzung mit im Helm integriertem Headset – für das Android-Betriebssystem, und jetzt auch neu für für iOS, also Apple. Weiteres Bonusmaterial ist das vierstufig auf 13 Zentimeter höhenverstellbares Windschild und die LED-Beleuchtung rundum, sogar mit automatischer Notbrems-Signalfunktion.
 
Wie viel kostet der ADV350?
Mit 6.790 Euro ist er weder als Sonderangebot, noch übertrieben eingepreist – den Mehrwert als Offroad-tauglichen Allrounder miteingerechnet, geht die Kosten/Nutzen-Kalkulation eindeutig positiv auf. Gegenüber dem Vorjahr hat er um 200 Euro angezogen und liegt auch damit bestenfalls im Mittelfeld der allgemeinen Teuerung. Wer ihn artgerecht als Ganzjahres-Roller nutzt, ist mit den beheizbaren Griffen um 268 Euro gut beraten.
 
Das Fazit?
Eineinhalb Jahre nach der Präsentation des ADV sind sich die Designaufregung und die Diskussion um den Sinn der Revierübertretung zwischen Gran Turismo und Offroad abgeebbt. Was dem Honda-Roller an sich gut tut, weil damit seine Talente in Sachen Fahreigenschaften und Handling auf der Topic-Liste ganz oben stehen. Ob der ADV-Pilot tatsächlich jemals die Schotterpiste unter die Räder nimmt, ist dafür gar nicht wichtig – so wenig, wie es für sämtliche SUV-Crossover auf vier Rädern zählt.

test: honda adv350 (2023), crossover alles

Power-Einheit: Technisch entspricht das Aggregat dem des Forza 350. Drin steckt alles, was das Honda-Arsenal derzeit an Feinkost in Regal hat. Und der ADV350 ist auffallend agil und direkt im Handling – im City-Einsatz ebenso wertvoll, wie auf der Schotterpiste.

DATEN & FAKTEN

Honda ADV350

(April 2023)

Preis

6.790 Euro.

Antrieb

330 ccm Einzylinder-Viertakter mit 29,4 PS und 32 Newtonmetern Drehmoment, automatische Kupplung, stufenlose Variomatik.

Abmessungen

Länge 2200 mm. Breite 835 mm. Höhe 1430 mm. Radstand 1430 mm.
Sitzhöhe 795 mm.

Gewicht

186 kg (aufgetankt).

Fahrwerte

Höchstgeschwindigkeit 137 km/h. Normverbrauch (WMTC) 3,4 l/100 km.

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