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SUV „Haben unser eigenes Grab geschaufelt“ – Tesla liefert Cybertruck aus und muss um seine Zukunft bangen

“S3XY” – viele Jahre bot Tesla nur vier Modelle an. Alle Fahrzeuge einte eine gemeinsame Designsprache, letztlich unterschieden sie sich nur in Größe, Leistung und Ausstattung. Der Cybertruck bricht mit dieser Strategie – eigentlich bricht er mit allem, was man bisher aus der Autoindustrie kannte. Für Tesla, obwohl das Unternehmen laut Aktienkurs der wertvollste Automobilkonzern der Welt ist, geht es dabei aber wohl um mehr, als nur einen spaßigen Feldversuch.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Schaut man sich das Bild des Autos an, fallen einige direkt ins Auge. Der Cybertruck ist ein äußerst spezielles Auto, dessen Design sich erst noch beweisen muss. Zudem besteht die Karosserie aus Edelstahl. Das ist eigentlich ein recht ungünstiger Werkstoff für ein Auto, weil man Wasserflecken, Fingerabdrücke, Vogelkot und anderen Dreck, der auf der Straße unweigerlich mit dem Auto in Berührung kommt, sofort sieht.

Der Tesla Cybertruck ist ein schwieriges Produkt

Der Edelstahl ist es auch, der den Cybertruck zu einer großen Herausforderung für das Werk macht. Schon bei dem Prototypen soll es zu zahlreichen Problemen bei der Fertigung gekommen sein, so das “Handelsblatt”. Auch “Bloomberg” berichtet davon.

Demnach sei es teuer und sehr kompliziert, Edelstahl zu formen und zu schweißen. Hinzu komme das hohe Gewicht, den das Material hat. Für ein Elektroauto mit ohnehin gewichtigem Akku ist das eine Bürde, die jeder Hersteller eigentlich meiden sollte.

Doch sichtbarer als das hohe Gewicht, das einem eigentlich geländetauglichen Fahrzeug für hügelige Offroad-Strecken einen Strich durch die Rechnung macht, sind die Probleme bei der Fertigung. Bei Edelstahl sieht man jeden Spalt, jeden Überstand und jeden Makel. Mehr noch, als bei anderen Tesla-Fahrzeugen, die ohnehin nicht für ihre perfekte Verarbeitung bekannt sind.

Das weiß auch Firmenchef Elon Musk, der intern mehrfach vor dem Fahrzeug warnte. Was die Fertigung betrifft, ordnete Musk höchste Genauigkeit an – und die Ingenieure mussten irgendwie einen Weg finden, dem Wunsch zu entsprechen. Schon die Prototypen bewiesen, dass das offenbar nicht leicht ist.

Inzwischen stehen fertige Autos, die dem Standard der Serienfahrzeuge entsprechen, in den USA auch bei den Händlern. Fred Lambert, ein bekannter Tesla-Experte, hat sich kürzlich in New York umgesehen. Sein Fazit: Auch wenn es sich bei dem ausgestellten Fahrzeug um “den bestaussehendsten Cybertruck” handele, den er bisher begutachtet hat, ist das Auto nicht perfekt. Unregelmäßige Spaltmaße finden sich an dem Fahrzeug beispielsweise am vorderen Kotflügel. Und Lambert bestätigte: Man sieht alles. Sofort.

Tesla warnte bereits, dass die kommende Zeit für das Unternehmen sehr hart werde. In einem Investoren-Meeting Ende September nahm auch Elon Musk kein Blatt vor den Mund.

Angesprochen auf die hohe Komplexität des Cybertrucks sagte er: “Ich meine, wir haben uns mit dem Cybertruck unser eigenes Grab geschaufelt. Wissen Sie, niemand gräbt wahrscheinlich sein Grab besser als man selbst. Und besondere Produkte, die nur alle Jubeljahre überhaupt auf den Markt kommen, sind unglaublich schwierig zu lancieren und in ausreichender Menge ab Start zu produzieren. Erfolg ist auch nicht garantiert.”

Tesla geht von 18 Monaten finanzieller Durststrecke aus

Tesla geht davon aus, dass es rund 18 Monate dauern werde, bis das Unternehmen aus dem Gröbsten raus ist und mit dem Cybertruck nicht mehr Unmengen Geld verbrennt. Vor 2025, so Musk, werde Tesla die Massenproduktion wohl nicht auf das angepeilte Level bringen können.

Das liege aber nicht an ausbleibender Nachfrage, betonte Musk. “Wir haben über eine Million Menschen, die das Auto reserviert haben”, erklärte er.

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© Sean Gallup / Getty Images

Der Finanzwelt ist das alles zu gewagt. Philippe Houchois, Analyst bei Jefferies, sagte, dass der Cybertruck Tesla bereits ein Jahr Wachstum gekostet habe und glaubt, dass der Autohersteller besser dran wäre, wenn man den Cybertruck auch jetzt noch vollständig aus dem Programm streichen würde.

Der Experte begründet das auch damit, dass Tesla den Vorsprung, der das Unternehmen an der Börse stets nach oben trieb, durch den Cybertruck gefährde.

Houchois fasst zusammen: “Es sieht so aus, als ob Tesla weitere 12 bis 18 Monate auf der Kriechspur festsitzt und nicht in der Lage ist, aus den Verzögerungen seiner Konkurrenten Kapital zu schlagen, während die europäischen OEMs im nächsten Jahr 25.000-Euro-Elektroautos auf den Markt bringen und die chinesischen Automobilhersteller ein neues Tempo mit kürzeren Produktzyklen vorgeben.”

Im Cybertruck steckt auch ein bisschen Hoffnung

Für Tesla ist der Cybertruck aber auch ein Technologie-Träger. Und so könnte sich wiederholen, was schon beim Model X der Fall war. Von dem großen SUV hat Tesla auch nicht sonderlich viel verkauft, aber durch dessen Fertigung und die verbaute Technik viel gelernt. Später machte man sich das Wissen beim Model 3 zu Nutze und erschuf den bis heute wohl größten Erfolg der Marke.

Ursprünglich – und womöglich noch immer – will Tesla mit dem Cybertruck in den USA zudem einen riesigen Markt angreifen, in dem das Unternehmen bis heute keinen Platz hatte – leichte Nutzfahrzeuge. Der Cybertruck soll sich mit Größen wie dem F-150 Lightning oder dem Silverado EV anlegen – und hätte mit den angeblichen Vorbestellungen auch echte Chancen.

Vorausgesetzt, jeder Vorbesteller will nach Jahren der Wartezeit nach wie vor zugreifen. Denn die Vorbestellung konnte mit nur 100 US-Dollar erfolgen – ob man dann nochmal Zehntausende Dollar nachschießt, ist eine völlig andere Sache.

Wenn Tesla es aber dann nicht schafft, den Wagen in ausreichender Menge und mit guter Qualität aus den Werken zu rollen, steht für Musk und sein Unternehmen einiges auf dem Spiel.

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