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Schwerer Flixbus-Unfall: So sicher sind Reisebusse wirklich

schwerer flixbus-unfall: so sicher sind reisebusse wirklich

Sie trafen sich um acht Uhr am Berliner Zentralen Omnibus-Bahnhof. Nach Zürich sollte es gehen. Dann geschah auf der A9 bei Leipzig die Katastrophe: Der Reisebus des Anbieters Flixbus verunglückte schwer. Die Polizei spricht von mindestens fünf Toten und mehreren Verletzten. Der Fahrer ist nach Angabe der Behörde nicht unter den Todesopfern.

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Nach ersten Erkenntnissen ist der Doppelstockbus auf gerader Strecke aus noch unbekannter Ursache ins Gebüsch gefahren und auf die Seite gestürzt. An Bord des Fernbusses waren laut des Unternehmens Flixbus neben den 53 Fahrgästen zwei Fahrer. Ein Unfall, der schockiert, der Anteilnahme auslöst – aber auch Angst macht und die Frage aufwirft: Wie sicher sind Reisebusse?

Reisebusse: Hierauf sollten Fahrgäste achten

Für Lisa Falkenberg vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat besteht kein Zweifel. „Der Reisebus ist eine gute und komfortable Angelegenheit“, sagte sie dieser Redaktion auf Anfrage. Allerdings sei es aus ihrer Sicht wichtig, dass sich die Fahrgäste vorher genau über das Reiseunternehmen informierten. „Um es so zu sagen: Das eine ist die Qualität, das andere sind die günstigen Preise.“ Doch sie wisse ja, wie es ist: „Man möchte eben auch gerne mal günstig verreisen.“

Laut Falkenberg sei es wichtig zu wissen: „Wie qualifiziert sind die Mitarbeiter des Reiseunternehmens? Aber auch: Wie gut in Schuss sind die Fahrzeuge?“ Heiner Sothmann von der Deutschen Verkehrswacht sieht das ähnlich. Die Sicherheit im Reisebus hänge von technischen Voraussetzungen ab, aber auch davon, wie fit der Busfahrer ist. Ist er müde, schaut er aufs Handy?

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Auf Verbraucherportalen im Internet finden sich Ratschläge wie: Vor dem Einsteigen in den Bus einen Blick auf die Plaketten für Hauptuntersuchung und Sicherheitsprüfung werfen und gucken, ob sie gültig sind. Oder an der Reifenflanke ablesen, ob die Reifen noch genutzt werden dürfen.

Laut TÜV: So sicher sind Fernbusse im Vergleich

Das Gros der Fahrgäste wird dafür sicher nicht den Kopf frei haben. Überhaupt sei es für den Laien „relativ schwierig“, an Informationen zur Sicherheit und Qualität zu kommen, so Falkenberg vom Verkehrssicherheitsrat. Die Expertin empfiehlt, sich zunächst einmal auf der Webseite schlauzumachen. Doch da bekäme man auch nicht so viel heraus. Deshalb, so Falkenberg: „Lieber mal bei Bekannten nachhören, was sie für Erfahrungen gemacht haben.“

Laut TÜV gelten Busse als „sicheres Verkehrsmittel“, wie es auch im Report von 2022 steht. Die technische Sicherheit von Reise- und Nahverkehrsbussen hätte sich gegenüber des Berichts von 2020 verbessert: 78,6 Prozent der geprüften Busse waren mängelfrei. Davor waren es noch 75,4 Prozent. „Erhebliche Mängel“ waren bei 11,7 Prozent der Busse festgestellt worden. Im Report von 2020 waren es noch 15,2 Prozent. Der Bus ist sicher, aber noch sicherer sei der Transport mit Flugzeug und der Bahn, sagt Frank Schneider vom TÜV-Verband.

Dass Busfahren über die Jahre sicherer geworden ist, liege an der verbesserten Technik, da sind sich die Verkehrsexperten einig: Moderne Busse sind heutzutage mit zahlreichen klugen Systemen ausgestattet. Seit Juli 2022 müssen neue Busse per Gesetz unter anderem über Abbiegeassistent, Rückfahrassistent und Müdigkeitswarner verfügen. Für alle Neuwagen sind bereits Spurhalte- und Notbremsassistenten Pflicht.

Anschnallpflicht: Diese Regeln gelten in Reisebussen

Ein wichtiger Punkt zur verbesserten Sicherheit ist das Anschnallen, auch hier herrscht Einigkeit unter den Experten. Die Gurtpflicht für Reisebusse wurde in Deutschland zum 1. Januar 1999 gesetzlich verankert. Seit dem 1. Oktober 1999 sind die Hersteller von Reisebussen verpflichtet, ihre Fahrzeuge mit Gurten auszurüsten.

Aber was ist mit älteren Bussen? Eine Nachrüstpflicht für in die Jahre gekommene Fahrzeuge gibt es wegen technischer und wirtschaftlicher Probleme nicht, so die Rechtsexperten der Ergo-Versicherung. Die Gurtpflicht gilt seit 2006 innerhalb der gesamten Europäischen Union.

Der Busfahrer, so will es die Straßenverkehrsordnung, muss seine Passagiere auf die Anschnallpflicht hinweisen. Allerdings sei das so eine Sache, sagt Sothmann von der Deutschen Verkehrswacht. „Mit der Anschnallmoral ist es oft nicht so weit her.“ Bei älteren Leuten schon eher. Aber wenn Schulklassen unterwegs sind, sehe das anders aus. Der „Bewegungsdrang“ hindere die Schüler oft daran, den Gurt anzulegen.

Nach Unfall: Flixbus drückt Bestürzung aus

Hintergrund der gesetzlichen Pflicht zum Anschnallen waren einige schwere Busunglücke in den 90er-Jahren. Der schwerste Unfall ereignete sich am 6. September 1992 bei Donaueschingen. Nach einem Zusammenstoß mit einem Pkw kam ein Reisebus von der Fahrbahn ab und knallte gegen eine Leitplanke. 21 Menschen starben, 32 weitere wurden verletzt. Am 5. September 1993 geriet ein Bus auf der A 2 bei Magdeburg ins Schleudern, kippte auf die Mittelleitplanke und wurde teilweise aufgerissen. Vier Reisende starben bei diesem Unfall.

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Zum Unfall auf der A 9 äußerte sich das Reiseunternehmen Flixbus bestürzt: „Unsere Gedanken sind bei allen von diesem Unfall Betroffenen und ihren Angehörigen.“ Auf der Autobahn A 9 herrschte am Mittwochmorgen Ausnahmezustand: Mehrere Hubschrauber landeten auf der Fahrbahn, Krankenwagen eilten zur Unfallstelle. Umliegende Krankenhäuser wurden informiert. Auch Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig drückte seine Anteilnahme aus. „Ich danke den vielen Einsatzkräften vor Ort, die schnelle Hilfe leisten.“

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