Rolls-Royce

Rolls-Royce „Spectre“ lässt den Zwölfzylinder hinter sich

Auch in der Luxusklasse zeichnet sich das Ende der Verbrenner ab. Der Rolls-Royce Spectre zeigt, dass das kein Grund zum Trauern ist.

Zwölfzylinder-Triebwerke gelten seit einem Jahrhundert gemeinhin als die Krone der weltweiten Motorenbaukunst und so stattete auch Rolls-Royce seine exklusiven Fahrzeuge seit langem mit einem Dutzend Brennkammern aus. Diese sorgten nicht nur für einen souveränen Antrieb, sondern auch eine Laufruhe, die über Jahrzehnte Maßstäbe setzte. Fahrleistungen und Souveränität bleiben, doch der Spectre ist der erste Rolls-Royce, der seine Hightech-V12-Verbrenner durch Elektromotoren ersetzt. Das elektrische Fahrerlebnis ist dabei nicht weniger beeindruckend als das Design des 5,47 Meter langen Beaus aus Goodwood.

„Es ist ein Höhepunkt meines Berufslebens, den Rolls-Royce Spectre entwickelt zu haben – das Automobil, das Rolls-Royce in seine mutige, elektrische Zukunft katapultiert“, sagt Mihiar Ayoubi, Technischer Direktor bei Rolls-Royce. Für ihn ist das Modell mehr als nur ein neues Auto: „Der Spectre bringt die Zukunft dieser großen Marke in die Gegenwart.“

rolls-royce „spectre“ lässt den zwölfzylinder hinter sich

Länge läuft Mit einer Länge von 5,47 Metern und einem Radstand von 3,21 Meter ist der knapp drei Tonnen schwere Spectre eine imposante Erscheinung, aber auch ein sehr komfortables Reise-Coupé. Bilder: Rolls-Royce

Der elektrische Antrieb an sich ist das eine. Doch wie seine Ahnen ist das zweitürige Coupé auch unabhängig von seinen beiden E-Maschinen an Vorder- und Hinterachse eine wahrhaftige Schau. Ähnlich dem benzingetriebenen „Wraith“ setzen die Briten ihre Idee eines Luxuscoupés als nicht enden wollenden Fastback um – mit grandiosen Formen, gigantischen, hinten angeschlagenen Türen und einer beeindruckend gestylten Heckpartie.

Allradantrieb mit 430 kW Leistung

Letzeres wurde an die gestiegenen Aerodynamikanforderungen eines Elektroautos angepasst. So glänzt der britische Allradler mit einem cW-Wert von 0,25 – deutlich unter dem des Phantom von 0,38. Die windschnittige Form verbessert nicht nur die Fahrleistungen, sondern auch den Energieverbrsuch und die Reichweite. Dazu später mehr. Die Nummer ist übrigens Programm: Intern trägt der Spectre die Modellbezeichnung RR25.

Einen seidig weich laufenden Zwölfzylinder wird bei diesem Rolls-Royce wohl niemand vermissen, so unser Fazit nach der ersten Ausfahrt. Denn an Vorder- wie Hinterachse arbeiten nahezu geräuschlos zwei Elektromotoren mit 190 und 360 365 kW, was letztlich eine Gesamtleistung von 430 kW bzw. 584 PS bedeutet und ein maximales Drehmoment von 900 Nm offeriert. Das Antriebspaket reicht locker für eine Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h und Spurts in 5,4 Sekunden auf Tempo 100.

rolls-royce „spectre“ lässt den zwölfzylinder hinter sich

Pomp and Circumstance Vegan ist im Innenraum des Rolls-Royce Spectre gar nichts: Das erste Elektroauto der Marke setzt auf klassische Materialien, auf feinstes Rinderleder, edle Hölzer und verchromte Bedienelemente.

Selbst wenn der ein oder andere Kunde in einem Coupé dieser Superluxus-Klasse eine höhere Leistungsniveau erwartet hätte, wird er seine Meinung sicher revidieren, nachdem er die ersten Kilometer mit dem Spectre zurückgelegt hat. Das Fahrgefühl ist wie das Design typisch Rolls-Royce – entkoppelt, luxuriös und schlicht spektakulär. Das Fahrwerk als Symbiose aus Luftfederung, elektronischen Dämpfern sowie Allradantrieb lässt Fahrzeug und Insassen über alle nur erdenklichen Fahrbahnbeläge hinwegschweben. Die Lenkung ist dabei leichtgängig und präzise – so wie man das von einem Fahrzeug der britischen Traditionsmarke erwartet.

102 kWh-Akku für 530 Kilometer Reichweite

Was der Fahrer hinter dem Steuer jedoch sehr wohl merkt, ist das gewaltige Gewicht des Stromers von 2,9 Tonnen, aber auch der niedrige Schwerpunkt der Konstruktion. Das 700 Kilogramm schwere Batteriepaket im Unterboden sorgt als integraler Bestandteil der Karosserie gleichermaßen für Stabilität, Verwindungssteife und Geräuschdämmung. Und es sorgt mit einer Speicherkapazität von 102 kWh für ordentlich Reichweite: Erst nach 530 Kilometern steht der nächste Ladestopp an. Die maximale Ladegeschwindigkeit von lediglich 195 Kilowatt dürfte die Kunden ebenso kaum interessieren wie der Normverbrauch von 22,2 kWh / 100 Kilometer. „Unsere Kunden genießen es vielmehr, nicht an eine Tankstelle fahren zu müssen und ihren Spectre daheim laden zu können“, weiß Rolls-Royce-CEO Torsten Müller-Ötvös aus Kundengesprächen.

rolls-royce „spectre“ lässt den zwölfzylinder hinter sich

Emily on board Die Gallionsfigur von Rolls-Royce ziert nicht nur die Fronthaube und den imaginären Kühlergrill, sondern auch den Fahrschalter auf der Mittelkonsole des elektrisch angetrieben Spectre.

Im Innern ist der mindestens 389.000 Euro teure Spectre typisch Rolls-Royce, perfekt verarbeitet und auf Wunsch einzigartig zu individualisieren. War bisher nur der Sternenhimmel von Ghost und Phantom perfekt illuminiert, so sorgen im neuen Elektro-Coupé 4.796 leuchtende LED-Sternchen in den sogenannten Starlight Doors für eine einzigartige Atmosphäre. Noch mehr Sternenkörper umgeben allein das Spectre-Signet im Innenraum.

Wartelisten reichen schon bis 2025

Mehr Luxus auf vier 23-Zoll-Rädern geht wohl nicht – vorne wie hinten ist der Spectre dabei modern, bleibt seiner Marken-DNA mit Dreh-Drücksteller auf der Mittelkonsole oder einer Analoguhr aber ebenso treu wie der leicht historisch anmutenden Bedienung der Klimaanlage. Dabei sitzt es sich nicht nur vorn in den nach wie vor üppig belederten Komfortsesseln prächtig. Auch hinten finden selbst groß gewachsene Personen ordentlich Kopf- und Kniefreiheit, wenn es abends mit Freunden oder Verwandten in die Oper oder zum Essen geht.

Der Spectre zeigt eindrucksvoll, dass man inzwischen auch in einem solchen Nobelcoupé einen benzingetriebenen Zwölfzylinder durch einen Elektroantrieb ersetzen kann – wenn er so perfekt arbeitet wie im neuen Rolls-Royce. Kein Wunder, dass die Warteliste lang ist und bereits weit in das Jahr 2025 hineinreicht. Die ersten Fahrzeuge sollen in Goodwood Ende des Jahres ihren Besitzern übergeben werden.

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