Rolls-Royce

Rolls-Royce Spectre: Emily ist elektrifiziert

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Monarchen, Multimillionäre und Musikstars lieben die luxuriösen Karossen der britischen Nobelmarke. Die E-Mobilität geht aber auch an Rolls-Royce nicht vorbei.

Von Kay Alexander Plonka

Rolls-Royce steht für Superlative. Erst im letzten Jahr wurde der auf drei Modelle limitierte Boat Tail zum Preis von rund 26 Millionen Euro, vermutlich an die US-amerikanische Sängerin Beyoncé und ihren Mann Jay-Z, als teuerster Neuwagen der Welt verkauft. Damit sind die beiden in illustrer Runde von Stars wie Elvis Presley oder John Lennon, der seinen Phantom V vollflächig mit psychedelischen Flower-Power Motiven verzierte. Modezar Karl Lagerfeld verfügte gleich über eine ganze Flotte von unterschiedlichen Modellen der Edelkarossen und Elton John entschied sich seinen 1960er Rolls in Pink zu fahren.

Schon im Jahr 1900 soll der Gründer der Marke Charles Rolls bei einer Testfahrt mit einem elektrischen Columbia Motorwagen gesagt haben, dass das elektrische Fahrzeug die perfekte Fortbewegungsmethode darstellt. Bereits im Jahr 2011 wurde ein vollelektrisches Forschungsfahrzeug unter der Bezeichnung Phantom 102 EX gesichtet. Und fünf Jahre später folgte die elektrisch autonom fahrende Design Studie 103 EX.

Streben nach Perfektion

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Luxus auch im Innenraum des Rolls-Royce Spectre. Foto: Rolls-Royce

Beim Rolls-Royce Mythos dreht sich alles um das Streben nach Perfektion. Der leise und leistungsstarke vollelektrische Antrieb zeigt, wie gut die Elektrifizierung zur Kultur und der Leitphilosophie der Luxusmarke passt. Torsten Müller-Ötvös, der von 2010 bis 2023 amtierende CEO von Rolls-Royce Motor Cars erklärt: „Der vollelektrische Antrieb wird den nachhaltigen Erfolg und die Relevanz der Marke sichern und gleichzeitig die Definition jedes Merkmals, das einen Rolls-Royce zu einem Rolls-Royce macht, deutlich verbessern. Spectre ist zuerst ein Rolls-Royce und dann ein Elektrofahrzeug. Dies ist der Beginn eines mutigen neuen Kapitels für unsere Marke. Spectre ist das perfekteste Produkt, das Rolls-Royce jemals hergestellt hat.”

Der Spectre ist ein großzügig proportionierter, optisch auffälliger, zweitüriger Fastback und geistiger Nachfahre des sagenumwobenen Phantom Coupé. Nicht zuletzt sorgt die 102 kW/h Batterie mit ihren 700 Kilogram dafür, dass der Wagen mit einem Leergewicht von rund 2,9 Tonnen der derzeit schwerste Pkw auf dem europäischen Markt ist. Er ist der am stärksten vernetzte Rolls-Royce in der Geschichte und verfügt über dreimal so viele Sender-Empfänger-Signale wie jedes Vorgängermodell. Aufgrund der Geschwindigkeit und Genauigkeit seiner Reaktion auf Straßen- und Wetterbedingungen nennen ihn die Ingenieure sogar „Rolls-Royce in Ultra-High-Definition”.

Aufwendige Software-Architektur

Durch die Softwarearchitektur der dezentralisierten Intelligenz werden Daten näher an ihrer Quelle verarbeitet, anstatt sie in ihrer Gesamtheit von einer einzigen zentralen Einheit aufzubereiten. Um dies zu erreichen, verfügt jede der 141.200 Sender-Empfänger-Variablen über eine eigene individuelle Steuerung. In fast allen Fällen sind mehrere zusätzliche Untervariablen für Unterschiede beim Klima, der Fahrgeschwindigkeit, dem Straßentyp, dem Fahrzeugstatus und dem Fahrstil hinterlegt. Die Motoren an Vorder- und Hinterachse liefern zusammen 585 PS und 900 NM Drehmoment. Top-Speed 250 km/h. Von 0 auf 100 km/h geht’s in unter 5 Sekunden. Geladen wird mit 400 V Technik mit bis zu 195 kWh. Die WLP-Reichweite beträgt 520 Kilometer. Der Startpreis liegt bei rund 450.000 Euro und die Lieferzeit momentan bei eineinhalb Jahren, Tendenz steigend.

Die Türen des ultraluxuriösen viersitzigen Super Coupé, bei dem auch die Passagiere auf den beiden hinteren Sitzen in puncto Komfort keine Abstriche machen müssen, öffnen entgegen der Fahrtrichtung. Der Pantheon Grill ist der breiteste, der je an einem Rolls-Royce zu finden war. Die polierten Edelstahlflügel sind glatt und bündig und werden sanft beleuchtet: 22 LEDs erhellen die sandgestrahlte Rückseite und erzeugen so eine subtile dreidimensionale Signatur bei Nacht. Sogar die ikonische Kühlerfigur „Spirit of Ecstasy“ – liebevoll Emily genannt – wurde eigens für den Spectre modifiziert. Mit ihrer niedrigeren Haltung und einem aerodynamischeren Profil, das in 830 Stunden Designmodellierung und Windkanaltests perfektioniert wurde, trägt sie zum geringen Luftwiderstandswert von 0,25 bei. Das macht den Wagen zum aerodynamischsten Rolls-Royce aller Zeiten.

Imposante Außenmaße

Und wie fährt sich so ein Statussymbol dann schlussendlich? Es vermittelt tatsächlich eine majestätische Aura. Anfangs flößt die lange Haube mächtig Respekt beim Manövrieren ein. Doch schon nach wenigen Minuten hat man sich an die imposanten Außenmaße von fünfeinhalb Metern Länge und über zwei Metern Breite gewöhnt und gleitet sanft und nahezu lautlos mit viel Anmutung über die Straße. Und das in einem Innenraum der durch präzise handgefertigte Eleganz besticht.

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Aerodynamik stand ganz oben auf dem Entwicklungszettel des Rolls-Royce Spectre. Foto: Rolls-Royce

Der Elektroantrieb verleiht dem Coupé dabei letztlich den erhabenen Ausdruck einer gewissen Leichtigkeit. Natürlich verfügt der Spectre auch über eine rekuperative Bremsfunktion, die durch Drücken einer mit „B” gekennzeichneten Taste am Fahrstufenwählhebel konfiguriert werden kann. Durch die Aktivierung des „Brake Mode” wird das regenerative Bremsen verstärkt, was das One-Pedal-Fahren wie bei jedem anderen E-Auto ermöglicht. Mit der neuen Whispers App kann nicht nur aus der Ferne mit dem Fahrzeug interagiert oder die Funktionen des Autos verwaltet werden, sondern zum ersten Mal die Farbe der Instrumententafeln so individuell ausgewählt werden, dass sie zur Innenausstattung oder Außenlackierung des Fahrzeugs passt.

Die ersten acht Autos wurden bereits im Oktober 2023 an besonders treue Kunden ausgeliefert. Der wichtigste Markt für die Premiummarke ist derzeit Nordamerika, gefolgt von China, Südkorea und den Arabischen Emiraten. Großbritannien ist der stärkste europäische Markt. Im Jahr 2022 verließen etwas mehr als 6.000 Fahrzeuge das Werk im südenglischen Goodwood. Für 2024 rechnen die Briten damit, dass der Anteil des Spectre bereits 20 Prozent ausmachen wird. Besonders bemerkenswert: Rund 40 Prozent der Kunden, die das neue vollelektrische Prestigemodell bestellen, waren vorher noch nicht Kunden der Luxusmarke, die seit 1998 zur BMW-Gruppe gehört. Der kühn konzipierte und spektakulär umgesetzte Spectre gibt die Richtung für die Zukunft der Marke vor. Und er ist eine eindeutige Absichtserklärung: Er signalisiert der Welt, wofür Rolls-Royce heute und in den nächsten Jahrzehnten steht wird: vollelektrische Fahrzeuge die absolut nichts vermissen lassen.

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