Rolls-Royce

Elektrischer Luxus im Spectre "Unsere jüngsten Kunden sind 20 Jahre alt" – Wie ein Elektroauto die Marke Rolls-Royce verändert

Was bedeutet der Umstieg auf elektrischen Antrieb für Rolls-Royce?

Claudia Cowley: Für uns ist dieser Moment besonders. Einer unserer Gründer, Charles Rolls, hat bereits schon 1900 den elektrischen Antrieb wegen seiner Laufruhe und Sauberkeit als sehr nützlich angesehen. Aber damals gab es keinerlei Infrastruktur dafür und die Technik wäre nicht für eine Serienfertigung geeignet gewesen. Jetzt, über 100 Jahre später, sind wir endlich an dem Punkt und können die Prophezeiung Wirklichkeit werden lassen.

Worin sieht Rolls-Royce die Vorteile dieses Antriebs?

Für uns ergeben sich vor allem drei Vorteile. Erstens hat ein Elektroauto die gesamte Kraft direkt am Rad, was ein einzigartiges Fahrgefühl ermöglicht. Dann spielt natürlich die besondere Laufruhe eine große Rolle: Unsere Autos sind bereits sehr leise, der Spectre ist noch leiser. Und zuletzt: Man hat keine Schaltpausen mehr. Das alles verstärkt die Eigenschaften, die Kunden von Rolls-Royce ohnehin schätzen.

Wie nachhaltig ist ein elektrischer Rolls-Royce im Vergleich zu einem Verbrenner?

Die Nachhaltigkeit bei Rolls-Royce beschränkt sich nicht ausschließlich auf ein Automobil. Wir versuchen bei allem, was wir machen, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Für Rolls-Royce geht es aber nicht um den Augenblick, sondern das große Ganze – ein Rolls-Royce ist für die Dauer ausgelegt. 80% aller jemals gebauten Rolls-Royce sind heute noch auf der Straße.

Rolls-Royce sieht sich nicht als Automobilhersteller

Wie lange nutzen Ihre Kunden die Autos im Schnitt?

Ein Leben lang und darüber hinaus. Oft werden unsere Autos vererbt. Wir sehen uns nicht als Automobilhersteller, sondern verkaufen Luxusgüter. Unser Kunden erfüllen sich Träume. Die Zeit, die sie in die Auswahl des Fahrzeugs, seiner Materialien und Oberflächen, oft auch zusammen mit der ganzen Familie, verbringen, kann viele Tage in Anspruch nehmen. Dadurch haben Rolls-Royce-Kunden eine enge Bindung zu ihren Produkten.

Wie lange dauert es von der Bestellung zum fertigen Auto?

Das hängt ganz davon ab. Je nachdem, wie viel wir individuell gestalten und was alles auf der Wunschliste steht, etwa die Coachline oder ein handgemaltes Familienwappen, kann sich das über Monate und bei Projekten wie Coachbuild über ein paar Jahre ziehen.

Immer wieder hört man den Vorwurf, dass ein Elektroauto nicht annähernd so lange hält, wie ein Verbrenner, weil die Reparatur schwieriger ist. Wenn Sie also von einer möglichst langen Haltezeit sprechen, was entgegnen Sie Skeptikern?

Die Batterie sind austauschbar. Wenn sie defekt ist oder Leistung verliert, tauschen wir sie. Das geht auch mit einzelnen Teilen der Batterie, wenn es sich um ein Problem handelt, welches auf ein bestimmtes Bauteil zurückgeführt werden kann.

Das hört sich alles sehr gut an, und doch scheint es bei Rolls-Royce eine Weile zu dauern, bis ein geneigter Kunde seinen Spectre endlich bekommt. Wie lange wartet man aktuell?

Bestellt man heute, planen wir mit Ende 2025. Das liegt schlicht an den vollen Auftragsbüchern. Der Spectre erfreut sich einer großen Nachfrage und dieser müssen wir gerecht werden, was bei der momentanen Auftragslage daher ein wenig dauern kann.

Wie ist das Feedback auf den doch ungewöhnlichen Spectre, der als erstes Modell auf den V12-Motor verzichtet?

Der Schritt in die Elektromobilität ist für uns sehr naheliegend. Und bis 2030 werden wir ausschließlich elektrische Fahrzeuge bauen und anbieten. Die Kraftentfaltung und die Laufruhe sprechen für sich und unterscheiden sich nicht sehr vom V12 Motor. Alles in allem ist das Feedback sehr positiv. Viele unsere Kunden freuen sich über etwas völlig Neues und die viele Technik, die wir erstmals verbaut haben. Allerdings sehen wir auch neue Kunden, die sich für den Spectre begeistern. 40 Prozent der Spectre-Käufer sind Neukunden.

Und die sind wie alt?

Unsere jüngsten Kunden sind 20 Jahre alt. Das durchschnittliche Alter bei Rolls-Royce Kunden liegt bei 43 Jahren. Das ist sehr jung und wird mit dem Spectre sicherlich nochmals jünger werden.

Offenbar ist Rolls-Royce der Meinung, dass die Batterietechnik heute weit genug ist, um ein solches Auto auf die Räder zu stellen. Wie geht man bei einem so teuren Fahrzeug die typischen Probleme von Elektroautos an, beispielsweise die nachlassende Reichweite bei kaltem Wetter?

Wir haben uns mit dem ersten elektrischen Rolls-Royce bewusst Zeit genommen, und erst dann auf dem Markt kommen, wenn die Reichweite und Ladedauer für unsere Kunden zufriedenstellend ist. Damit sind wir aktuell sehr zufrieden.

“Eines von durchschnittlich acht Fahrzeugen ist, die unsere Kunden in ihrer Garage haben”

Nun sind 500 Kilometer Reichweite aber auch nicht die Welt.

Ob Sie es glauben oder nicht, mehr als 300 Kilometer fahren unsere Kunden selten am Stück. Wir stellen eine durchschnittliche Jahresleistung von 6000 Kilometern fest, weil ein Rolls-Royce eines von durchschnittlich acht Fahrzeugen ist, die unsere Kunden in ihrer Garage haben.

Es gibt also keinen Spectre-Käufer, der nur dieses Auto von Rolls-Royce hat?

Tatsächlich befinden sich unter den Neukunden durchaus einige, deren erster Rolls-Royce der Spectre ist. Das ist eine neue Zielgruppe, die wir vorher offenbar nicht erreicht haben. Und eine Zielgruppe, die sich einer Nutzung eines Elektrofahrzeugs durchaus bewusst sind.

Gerade im Bereich elektrischer Fahrzeuge ist es absehbar, dass in den kommenden Jahren sehr viel neue und sicher bessere Technologie auf den Markt kommt. Ist Rolls-Royce darauf vorbereitet, dass Kunden vielleicht aufrüsten wollen, wenn es einen Durchbruch gab?

Wie schon gesagt, sind die Batterien als Ganzes, aber auch Teile der Batterien natürlich austauschbar. Wenn es aber darum geht, die gesamte Technologie zu ändern, sieht es ähnlich aus, wie auch bei unseren Verbrenner-Modellen. Nur, weil es plötzlich einen neuen Motor gibt, werden die älteren Modelle auch nicht alle umgerüstet. Was hingegen neu ist, ist die Möglichkeit für uns, Softwareupdates abseits der Werkstätten einzuspielen. Was das betrifft, können die Kunden damit rechnen, auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Wie Technik-affin ist ein Rolls-Royce-Kunde, der sich für den Spectre interessiert?

Das ist unterschiedlich. Aber um die Kerntechnik, etwa die Batteriekapazität oder die genauen Leistungsdaten geht es selten. Einen Rolls-Royce wählt man, weil es ein Luxus-Produkt ist. Es ist ein Lifestyle, kein bloßes Fortbewegungsmittel.

Was bekommt man abseits des Autos, wenn man sich in diese Welt einkauft?

Man bekommt zum Beispiel Zugang zu Whispers. Das ist unser eigenes Social Network, eine geschlossene Community, in dem sich nur Halter eines Rolls-Royce anmelden können. Dort versorgen wir unsere Kunden mit Informationen aus der Welt der Kunst, informieren sie zu wechselnden Themen, verschaffen Zugang zu “money-cant-buy-experiences”. Alles im Austausch mit dem zur Verfügung stehenden Concierge Service. Auch können sich die Kunden untereinander vernetzen, kommunizieren und direkt Kontakt zu unserem CEO aufnehmen.

Was macht der Concierge Service?

Fast alles. Von der einfachen Info, wo die nächste Ladesäule ist, bis hin zur Urlaubsplanung oder der Beschaffung von Tickets für Veranstaltungen, die eigentlich ausverkauft sind.

Und was kann man noch alles nicht für Geld kaufen?

Ein Essen mit einem berühmten Designer oder Kooperationen mit Fashionlabels, bei denen unsere Kunden ihre eigene Kollektion entwerfen können, zum Beispiel.

Transparenzhinweis: Die Testfahrt mit dem Rolls-Royce Spectre erfolgte auf Einladung des Herstellers.

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