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Plattformstrategie der Caravan-Hersteller: Identischer Wohnwagen von verschiedenen Marken?

Dank der sogenannten Plattformstrategie können Caravan-Hersteller ihre Modelle deutlich effizienter produzieren. Aber sehen deshalb alle Fahrzeuge gleich aus? CARAVANING hat den Überblick.

plattformstrategie der caravan-hersteller: identischer wohnwagen von verschiedenen marken?

Dank der sogenannten Plattformstrategie können Caravan-Hersteller ihre Modelle deutlich effizienter produzieren.

Die Idee, unterschiedliche Fahrzeugmodelle auf einer einheitlichen Plattform zu bauen, ist nicht neu. Ende der 1990er Jahre entwickelte VW eine Plattform für den Golf IV, die nachfolgend auch für einige andere Pkw-Modelle eingesetzt wurde – Bora, New Beetle, Skoda Octavia, Seat Leon und Toledo, Audi A3 und TT, alle eint die gleiche Plattform. Aktuell nutzen die Wolfsburger den “Modularen Querbaukasten” von 2012, bei dem es sich um einen Unterbau handelt, der vom Kleinwagen bis zum Minibus beinahe sämtliche Fahrzeuggattungen abdeckt. Mehr als 32 Millionen Fahrzeuge wurden bisher auf Basis des flexiblen Systems gefertigt.

Die Unternehmen bedienen sich dieser Strategie, um durch entstehende Synergien Kosten zu minimieren, die bei der Konstruktion und Produktion anfallen. Wer weniger unterschiedliche Teile benötigt, kann Fertigungsstraßen vereinheitlichen und steigert so die Effizienz. Verschiedene Produkte laufen dann von ein und demselben Band.

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Längst verfolgen auch Hersteller von Caravans und Reisemobilen die Plattformstrategie – wenn auch von Fall zu Fall in unterschiedlichem Maße. Doch welchen Einfluss hat das auf die Modellauswahl? Gibt es überhaupt echte Unterschiede oder wird inzwischen alles mehr und mehr gleich?

In Deutschland erkannte die Erwin Hymer Group (EHG) sehr früh die Vorteile des salopp als “Badge Engineering” bezeichneten Systems, unterschiedliche Markenembleme (englisch Badges) auf das gleiche Produkt zu kleben. Eine ironische Bezeichnung also für eine vermeintliche Ingenieursleistung (Engineering).

Erwin Hymer sah darin eine Möglichkeit, insbesondere für das Einsteigersegment preislich konkurrenzfähige Produkte anbieten zu können. Zu sehen ist das in der Historie der Reisemobil-Vermarktung. Nachdem Dethleffs mit seinem Günstig-Ableger Sunlight bereits Vorarbeit geleistet hatte, mündeten die gemeinsamen Überlegungen der Gruppe in der Gründung der Produktionsfirma Capron, die in einer ehemaligen Landmaschinenproduktion eine neue Reisemobil-Fertigung für die Marken Sunlight und Carado aufbaute.

LMC

Eine besondere Rolle bei der EHG kommt dem Hersteller LMC zu. Das Traditionsunternehmen baut am Standort Sassenberg bei Warendorf einen Großteil der Wohnwagen für die Gruppe, mit Ausnahme der Eriba-Modelle Feeling und Touring, die in Bad Waldsee gefertigt werden, sowie der Dethleffs-Baureihen Camper, Nomad und Beduin Scandinavia, die in Isny entstehen. LMC-Caravans und sämtliche Modelle der Wohnwagenflotte von Bürstner sowie Dethleffs Aero, C’Go und C’Joy kommen aus Westfalen.

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Dort erklärt Dominik Osthues, Leiter im Produktmanagement bei LMC, welche Vorteile es hat, unterschiedliche Modelle auf der gleichen Plattform aufzubauen. “Es muss nicht für jedes neue Modell jeder Entwicklungsschritt neu gemacht und gedacht werden.” Im Werk heißt das, dass die Caravans selbst, aber auch einzelne Raumabschnitte wie das Bad beispielsweise zwar dieselbe Grundfläche (der Fachmann spricht hier vom Footprint) haben, aber in der Montage unterschiedlich aussehen können. Das Unternehmen entwickelt für die Möblierung mehrere modulare Baukästen, die untereinander kombiniert werden können.

Wer denkt, dass sich das Innenleben der Caravans daher nur durch die Farbe einzelner Komponenten unterscheidet, der irrt. Der Produktmanager erklärt, dass eine Klappe in Blau und eine in Grün für den Lieferanten dennoch zwei Klappen und somit zwei Posten sind. Da sich so demnach eh nicht sparen lässt, kann man auch gleich zwei unterschiedliche Bauteile entwickeln.

Trigano

Als Vorreiter der Plattformstrategie im Freizeitfahrzeug-Sektor gilt die französische Trigano-Gruppe mit Sitz in Paris. Deren Gleiche-Teile-Strategie begann mit den Reisemobilmarken Chausson und Challenger – bislang einzige von Trigano gegründete Marke. Spätestens mit der Übernahme von Chausson Mitte der 1990er Jahre wurden die Modelle beider Marken immer ähnlicher.

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Im Caravan-Bereich hat Trigano heute die Marken Rubis, Silver, Sterckeman und Caravelair vereint. Bei den beiden letztgenannten betreiben die Franzosen das erwähnte Badge Engineering. So ist das Modellprogramm von Caravelair und Sterckeman heute – bis auf die Außen- und manche Polsterdekors – quasi identisch. Allerdings gibt’s mit dem Caravelair Alba 426 Family einen einzigen Grundriss, den es beim Zwilling Sterckeman Easy nicht gibt. Gebaut werden die Wohnanhänger in dem Werk, in dem auch die Reisemobile von Chausson und Challenger vom Band gehen – im französischen Tournon südlich von Lyon.

Seit 2017 gehört zum Trigano-Konzern auch mehrheitlich das Unternehmen Adria Mobil, das seine technisch eigenständigen Wohnwagen im slowenischen Novo Mesto baut. Plattformen gibt es hier aber keine.

In Deutschland vertriebene Wohnwagen mit ähnlichem Raster kommen nicht nur von der Erwin-Hymer-Gruppe und von Trigano. Auch die Knaus-Tabbert AG fährt mit ihren Marken Knaus, Tabbert, T@b und Weinsberg die Gleiche-Teile beziehungsweise Footprint-Strategie: Bis auf die Tabbert-Modelle bauen die Niederbayern ihre Caravans im ungarischen Nagyoroszi.

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Die Produkte von Tabbert wiederum fertigt der Konzern hierzulande, nämlich in Mottgers. Allerdings ist man im Werk in Hessen auch in der Lage, den Südwind zu bauen. Prinzipiell können alle Werke auch alle Produkte bauen. Das lässt vermuten, dass auch die Knaus Tabbert Group (KTG) bestehende Produktionslinien für verschiedene Marken innerhalb ihrer Gruppe nutzt. Die Verwandtschaft der Marken lässt sich beispielsweise bei den Baureihen Knaus Sport und Tabbert Da Vinci sowie Rossini erkennen.

Wer genau hinsieht

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Dass die Caravan-Flotte der EHG mit wenigen Ausnahmen (Eriba und manche Dethleffs-Modelle) aus einer Hand bzw. von einem Band kommen, sieht man an den Wohnwagen deutlich. Das zeigt sich an Größe und Position der Oberschränke und offener Ablagen oder bei den Sitzmöbeln. Auch die Betten in den verwandten Grundrissen sind gleich dimensioniert. Bei den Modellen griff man in Sassenberg zudem zu den gleichen Armaturen. Unterschiede gibt es bei Polstern und teils bei den Griffen. Preislich liegen der Bürstner und der Dethleffs nah beieinander (17.550 und 15.999 Euro). Der LMC ist mit 22.600 Euro deutlich teurer, was unter anderem am GfK-Boden mit XPS-Dämmung und der Zwölf-Jahre-Dichtigkeitsgarantie liegt.

Gleiche Modelle Erwin-Hymer-Group

Bürstner Premio Life/ Dethleffs C-Joy/ LMC Sassino

  • Bürstner Premio Life 415 TK = Dethleffs C-Joy 410 LK = LMC Sassino 390 K
  • Bürstner Premio Life 425 TS = Dethleffs C-Joy 420 QSH = LMC Sassino 390 D
  • Bürstner Premio Life 480 TL = Dethleffs C-Joy 460 LE = LMC Sassino 460 E
  • Bürstner Premio Life 480 TS = Dethleffs C-Joy 480 FSH = LMC Sassino 450 D
  • Bürstner Premio Life 490 TK = Dethleffs C-Joy 480 QLK = LMC Sassino 470 K

Bürstner Premio (Plus)/ Dethleffs C-Go (Up)/ LMC Style (Lift)

  • Dethleffs C-Go (Up) 475 EL = LMC Style 460 E
  • Bürstner Premio (Plus) 450 TS = Dethleffs C-Go (Up) 475 FR = LMC Style 440 D
  • Bürstner Premio (Plus) 495 TK = Dethleffs C-Go (Up)495 QSK = LMC Style 490 K
  • Bürstner Premio (Plus) 460 TS = Dethleffs C-Go (Up) 495 FR
  • Dethleffs C-Go (Up)/ 525 KR UP = LMC Style Lift 500 K
  • Bürstner Premio (Plus) 530 TL = LMC Style 530 E
  • Bürstner Premio (Plus) 550 TK = Dethleffs C-Go (Up) 565 FMK = LMC Style 582 K

Dethleffs Aero/ LMC Tandero

  • Dethleffs Aero 410 QS = LMC Tandero 430 D
  • Dethleffs Aero 470 FR = LMC Tandero 480 D
  • Dethleffs Aero 500 QSK = LMC Tandero 500K
  • Dethleffs Aero 520 ER = LMC Tandero 500 E

Caravelair und Sterckeman fast identisch

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Ein bekanntes Beispiel für Badge Engineering kommt in Form der Modelle von Caravelair und Sterckeman von Trigano. Gefertigt werden die baugleichen Caravans in Tournon. Lediglich das Emblem und manch Polsterfarbe sind hier unterschiedlich. Es wundert daher nicht, dass sich mit einer Ausnahme auch die Modellpaletten und die Preise beider Wohnwagen-Marken gleichen. Angeboten werden jeweils vier unterschiedliche Baureihen. Auf Caravelair-Seite heißen die Modelle Alba, Titanium, Artica und Allegra, bei Sterckeman sind die Pendants Easy, Graphite, Evolution und Alizé. Die Preise liegen zwischen 15.470 und 42.650 Euro. Einziges Solitärmodell ist der Alba 426 Family, den es lediglich im Portfolio von Caravelair gibt.

Parallelen bei den Niederbayern

Guckt man sich die Modellpaletten von Knaus, Tabbert und Weinsberg an, findet man keine eindeutigen Zwillinge, wie es sie bei den Mitstreitern aus Sassenberg oder Tournon gibt. Allerdings nutzt auch die KTG ähnliche Grundrisse und setzt an manchen Stellen auf gleiche Bauteile. Sowohl bei Knaus als auch bei Tabbert gibt es Parallelen innerhalb zweier Baureihen. Bei Knaus beispielsweise lassen sich bei den Modellen von Sport und Südwind gleiche Grundrisse finden. Gleiches ist bei Tabbert der Fall. Auch zwischen den Marken zeigen sich teilweise Gemeinsamkeiten.

Gleiche Modelle Knaus-Tabbert Group

  • Knaus Sport 450 FU = Tabbert Rossini 450 TD 2,3
  • Knaus Sport 500 FU = Tabbert Rossini 490 TD 2,3/ Da Vinci 490 TD 2,3
  • Knaus Sport 500 QDK = Tabbert Rossini 490 DM 2,3

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