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Mazda MX-30

Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV (2023) im Test: Es wankelt wieder

Ein Kreiskolbenmotor macht das Elektroauto zum seriellen Plug-in-Hybrid

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Felix Wankel war kein Mensch, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt. Berühmt wurde sein Ausspruch, als NSU sein ursprüngliches Motorenkonzept zum Kreiskolbenmotor änderte, der millionenfach die Welt eroberte.

Wankel bezeichnete diese kinematische Umwandlung seiner Idee mit den Worten: “Sie haben aus meinem Rennpferd einen Ackergaul gemacht.” Der NSU-Vorstandsvorsitzende von Heydekampf konterte hingegen: “Hätten wir wenigstens schon den Ackergaul!”

Doch so faszinierend sich der Pferdestall über die Jahrzehnte entwickelte (Vom NSU/Wankel Spider über Ro 80 und Mazda RX-7 bis zum RX-8), so vielfältig waren auch die Probleme: Dichtleisten, Standfestigkeit (beides später gelöst), hoher Kraftstoff- und Ölverbrauch und die Notwendigkeit präziser Fertigung auf eigenen Bändern. Kurz gesagt: Faszinierend, aber wirtschaftlich fragwürdig.

Bildergalerie: Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV (2023) im Test

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Und so verabschiedete sich 2012 mit dem Mazda RX-8 das letzte von einem Wankelmotor angetriebene Auto. Bis jetzt. Denn einen unbestreitbaren Vorteil hat das Aggregat. Es ist kompakt. Quasi ein Miniaturpferd, um bei der Einleitung zu bleiben. Nun haben sie in Hiroshima aus dem Renesis-Wankel des RX-8 einen neuen Motor namens 8C gemacht.

Eine Scheibe Wankel, bitte!

Es handelt sich um einen neu entwickelten Einscheiben-Kreiskolbenmotor mit einem Kammervolumen von 830 ccm. Er leistet maximal 55 kW/75 PS und arbeitet mit einer Benzin-Direkteinspritzung sowie einem hohen Verdichtungsverhältnis von 11,9:1 – bei- des verbessert den Wirkungsgrad des Motors laut Mazda deutlich. Ergänzend wurden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um die Reibungsverluste zu reduzieren.

Zur weiteren Steigerung der Effizienz kommt zudem ein Abgasrückführungssystem (AGR) zum Einsatz. Die Abgase werden von einem geregelten Dreiwege-Katalysator und einem dahinter angeordneten Otto-Partikelfilter von gasförmigen und festen Schadstoffen nahezu vollständig befreit. So erfüllt er problemlos die derzeit strengste Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM inklusive Realemissionstest (RDE) auf der Straße. 

Bildergalerie: Mazda MX-30 R-EV Wankelmotor

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Mit einem Rotorradius von 120 mm (die trochoidale Kurve der Rotorbewegung) und einer Rotorbreite von 76 mm sorgt die kompakte Bauform dafür, dass sich der Kreiskolbenmotor im Motorraum in einer Reihe mit dem Elektromotor und dem Generator anordnen lässt. Mit einer Gesamtbreite von weniger als 840 mm passt diese Einheit in dieselbe Karosseriestruktur wie beim vollelektrischen Mazda MX-30.

Moment mal! MX-30? Vollelektrisch? Ganz genau. Der Wankelmotor wird zum braven Ackergaul und dient als Reichweitenverlängerer in einem Elektroauto. Im Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV, so der recht lange offizielle Name, hat man den Akku von 35,5 auf 17,8 kWh verkleinert. Und zugleich den rotierenden Verbrenner samt 50-Liter-Tank implementiert. So wird der MX-30 als (gut 130 kg schwererer) R-EV zum seriellen Plug-in-Hybrid. Der Wankel treibt nämlich nicht direkt die Räder an, sondern erzeugt als Generator elektrische Energie.

Innenraum und Platzangebot

Wo beim rein elektrischen MX-30 nach gut 200 Kilometer Schicht im Schacht war, kommt der R-EV wesentlich weiter. 85 Kilometer elektrisch, insgesamt aber bis zu 680 Kilometer. Wir starteten unsere Testfahrt mit 92 Prozent Batteriefüllstand und knapp über 600 km Gesamtreichweite. Drei Betriebsmodi stehen zur Wahl: Bei “Charge” kann ein Batteriefüllstand gewählt werden, der nicht unterschritten werden soll. “EV” bedeutet elektrisches Fahren bis zum Nullpunkt. Und in “Normal” nimmt der Wankelmotor bei etwa 40 Prozent Strom-Restmenge im Akku seine Arbeit auf.

Klingt kompliziert, ist es aber im Alltag nicht. Betrachten wir uns zuvor kurz den Innenraum des 4,39 Meter langen MX-30 R-EV. Auffällig sind die gegenläufig öffnenden Türen nach Art des RX-8. Allzu bequem ist der Zustieg in den Fond damit nicht, generell ist das Platzangebot dort eher überschaubar. Pluspunkt: Die vorderen Türen öffnen fast im 90-Grad-Winkel.

Vorne hingegen sitzt man gut und blickt auf ein aufgeräumtes Armaturenbrett mit einem gelungenen Materialmix aus Stoff, Leder, Chrom und Kork. Netterweise setzt Mazda auf klassische Instrumente und viele echte Tasten, der Dreh-/Drücksteller auf der Mittelkonsole erinnert an selige BMW-Zeiten.

Wie fährt sich das?

Jetzt aber los! Lass hören, Wankel! Pustekuchen. Zunächst einmal hört man nichts. Doch dann ist der Akku ausreichend leergesaugt oder man tritt voll aufs Gaspedal. Da ist er endlich, der kreisende Kolben und zeigt sich mit einem kleinen Wankel-Symbol neben dem Tacho. Man hört ihn, aber nicht aufdringlich. Leicht brummig, das Geräusch erinnert an einen Badlüfter. Spätestens bei höherem Tempo auf der Autobahn drängen Windgeräusche den Wankel-Klang in den Hintergrund.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es bleibt stets leise im MX-30 R-EV, leider ist bei Tacho 144 Schluss. Die etwas brummige Note mag mehrere Gründe haben: Zwei Scheiben hätten mehr Massenausgleich. Zudem läuft die eine Scheibe des 8C in einem konstanten Drehzahlfenster, um den Verbrauch im Rahmen zu halten. 117 Nm maximales Drehmoment bei 4.000 U/min, maximale Leistung bei 4.500 U/min. 

Uns gefiel die Leistungsentfaltung im Mazda besser als bei den PHEV-Modellen von Toyota, die auch aufgrund ihrer CVT-Getriebe einen “Gummiband-Efekt” nie ganz ablegen können. Vibrationsarm bewegt sich der MX-30 R-EV flott vorwärts, ergänzt um eine gut austarierte Lenkung. Auch das Fahrwerk ist gut abgestimmt, wenngleich mit etwas straffer Note. Rekupiert werden kann ihn mehreren Stufen, die höchste davon ermöglicht zwar kein One-Pedal-Driving, verzögert aber dennoch angenehm.  

Verbrauch und Preis

Noch ein Wort zur Ladeleistung per CCS: Wir kamen auf 27 bis 33 kW. Nicht berühmt, reicht aber, um den kleinen Akku in gut zehn Minuten von 40 auf 80 Prozent zu bringen. Aber in diesem Auto findet Reichweitenangst nicht statt. Unsere Testroute betrug zweimal rund 100 Kilometer mit Landstraße, etwas Autobahn und etwas Stadt. Am Ziel zeigte der Akku noch 48 Prozent an, der Stromverbrauch lag laut Bordcomputer zwischen 14,2 und 14,7 kWh, der Benzinverbrauch zwischen 4,0 und 5,2 Liter. 

Und was kostet das neue Wankel-Auto nun ab November 2023 auf dem deutschen Markt? 35.990 Euro die Basis-Version namens Prime-Line. Exakt soviel wie der rein elektrische MX-30. Die Ausstattung ist hier schon recht gut und umfasst 18-Zoll-Alus, eine 2-Zonen-Klimaautomatik, Navi, Rückfahrkamera, Voll-LED-Scheinwerfer und ein Head-up-Display. Schade: Eine Sitzheizung gibt es erst ab “Advantage” für 38.490 Euro, dann sind aber auch eine 230-V-Steckdose im Kofferraum mit bis zu 1.500 W Leistung sowie andere Extras serienmäßig.

Eine staatliche Förderung existiert für den R-EV aktuell lediglich noch in Form einer geringeren Dienstwagenbesteuerung. Was käme als Konkurrenz in Betracht? Technisch ist der Mazda einzigartig, aber mit Blick auf PHEV zum Beispiel ein entsprechender Kia Niro. Kostenpunkt: ab 38.690 Euro. So stehen die Chancen nicht schlecht, dass das Ziel von 650 MX-30 R-EV für 2023 in Deutschland und 2.500 Einheiten in 2024 erreicht werden kann. 

Fazit: 8/10

Mazda ist nicht Mainstream. Sagt man dort selbst. Und tatsächlich muss man erstmal auf die Idee eines Wankel-Plug-in-Hybrid kommen. Doch die Umsetzung ist wirklich gelungen. Hätte der MX-30 R-EV auch Felix Wankel gefallen? Zu seinen Lebzeiten schätzte er die Mazda-Ingenieure sehr. Solch eine leise und innovative Fortbewegung würde er wohl begrüßen. Hauptsache, im Pferdestall ist endlich wieder frisches Blut.

Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV (2023)

  • Motor: Einscheiben-Kreiskolbenmotor, 830 ccm Kammervolumen
  • Leistung: 55 kW (75 PS) bei 4.500 U/min
  • Motor: 125 kW (170 PS), Dauerleistung 30 Minuten 60 kW (82 PS)
  • Max. Drehmoment: 260 Nm (Elektromotor), 117 Nm bei 4.000 U/min (Kreiskolbenmotor)
  • Antrieb: Frontantrieb
  • Getriebeart: Eingang-Getriebe
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 9,1 Sek.
  • Höchstgeschwindigkeit: 140 km/h (abgeregelt)
  • Länge: 4.395 mm
  • Breite: 1.795 mm
  • Höhe: 1.560 mm
  • Kofferraumvolumen: 350 – 1.155 Liter
  • Leergewicht: 1.853 kg
  • Zuladung: 473 kg
  • Ladeanschluss: max. 11 kW (AC), mind. 36 kW (DC)
  • Aufladezeit: 0 – 100 Prozent: 5 – 8 Stunden (230V) , 1:30 h (AC, mind. 11 kW); 20 – 80 Prozent: 25 Minuten (DC)
  • Batterie: 17,8 kWh
  • Elektrische Reichweite: 85 km
  • Verbrauch: 1,0 Liter/100 km (WLTP)
  • Emission: Euro 6d-ISC-FCM
  • Basispreis: 35.990 Euro

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