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Karl Geiger "Kein normaler Mensch wird den Cybertruck fahren" – was ein Profi-Importeur über den Tesla-SUV denkt

Herr Geiger, immer mehr amerikanische Hersteller, neue wie alte, bringen elektrische Versionen erfolgreicher Modelle – etwa den Hummer oder den F-150 – auf den Markt. Und jetzt kam mit großem Trara der Cybertruck dazu. Wie macht sich dieser Wandel bei Ihnen, einem der größten Importfahrzeug-Händler, bemerkbar?
Das Interesse ist auf jeden Fall da – und zwar bis zu dem Punkt, an dem die Leute sich dann genauer mit den Fahrzeugen beschäftigen. Sobald es um harte Fakten, etwa Anhängelasten oder Zuladung geht, greifen die Kunden dann doch zu den Klassikern. Ein wichtiges Merkmal, gerade jetzt im Winter, ist auch die geringe Reichweite. Und bei diesem grässlichen Cybertruck hat Tesla schon auf dem Papier nicht Wort gehalten, was das betrifft. Erst hieß es, der Truck schafft locker 500 Meilen, jetzt sind es laut Tesla plötzlich nur noch 320. Das schafft kein Vertrauen.

Dabei sehen die anderen Eckdaten der Fahrzeuge doch gar nicht so schlecht aus. Der Cybertruck kann laut Tesla 1,1 Tonnen zuladen und knappe 5 Tonnen ziehen.
Das kann ich nur schwer glauben. Ein großer Chevrolet oder Dodge hat eine Zuladung von 900 bis 1100 Kilogramm. Und die wiegen um die 2,5 Tonnen. Wie soll also ein noch schwereres Auto auch noch so eine Zuladung haben? Der Cybertruck wiegt leer schon über drei Tonnen.

Mit welchem Führerschein darf man das Auto dann eigentlich fahren?
Wenn man den Cybertruck nicht zu sehr belädt, fällt er unter Klasse B. Allerdings hat man 3,5 Tonnen durch das sehr hohe Grundgewicht sehr schnell überschritten. Etwas mehr Luft nach oben hätte man mit dem alten Führerschein. Doch ab einer bestimmten Zuladung wäre der SUV ein Lkw und würde den entsprechenden Führerschein voraussetzen.

Was halten Sie generell von dem Cybertruck?
Nun, ich muss sagen, dass ich überhaupt kein Elektrofan bin. Und was den Truck betrifft, denke ich nicht, dass ein normaler Mensch sowas fährt. Absolut unnötiges Teil. Der Wagen ist so unglaublich hässlich, ich würde den nicht einmal geschenkt fahren.

Hartes Urteil.
Ein Auto ist für mich immer ein kleines Kunstwerk. Und schon die normalen Elektroautos mag ich alle nicht sonderlich. Der Ford Mustang Mach-E ist in meinen Augen noch am schönsten.

Nun ist Schönheit erst einmal subjektiv.
Mag sein, aber ich höre auch nicht viel Gutes von den Elektroautos in meinem Umfeld. Natürlich macht es mal Spaß, bei einem 1000-PS-Hummer ein paar Mal aufs Pedal zu drücken, aber auch das wird schnell langweilig, weil es im Alltag keine Rolle spielt. Da zählen andere Stärken. Und wenn ich höre, dass der Tesla meines Bekannten im Winter vielleicht 250 Kilometer schafft, vergeht mir an diesen Autos die Lust.

Wollen Ihre Kunden denn Elektrofahrzeugen aus den USA?
Wie gesagt – Interesse ist da, aber die Bestellungen sind selten. Wir haben jetzt zwei Ford F-150 Lightning nach Österreich verkauft, weil es dort auf PS-starke Verbrenner so unglaublich hohe Steuern gibt, die bei Stromern entfallen. Zwei Hummer haben wir auch verkauft, aber den einen habe ich bald schon wieder auf dem Hof.

Was ist passiert?
Der neue Wagen ist kaputt. Dessen Käufer hatte großen Spaß daran, das schwere 1000-PS-Auto sehr oft mit maximaler Beschleunigung aus dem Stand zu treten – und jetzt hat es die Vorderachse zerlegt. Was dann mit dem Auto passiert, wissen wir noch nicht. Das müssen wir alles klären. Normalerweise stellen wir den Wagen auf ein Schiff und dann geht der zurück in die USA. Aber sobald ich eines meiner E-Fahrzeuge aufs Meer schicke, schlafe ich nicht mehr.

Das klingt dramatisch.
Erinnern Sie sich an das Schiff, auf dem wohl auch Elektroautos gebrannt haben? Das hat mich wachgerüttelt und ich wollte mal von meiner Versicherung wissen, was eigentlich passiert, wenn das ein Auto aus meinem Bestand gewesen wäre.

Und?
Die Spedition hat mir mitgeteilt, dass, sofern mein Wagen als Ursache identifiziert wird, ich dafür hafte. Für das ganze Schiff. Und die Versicherungen decken immer nur ein paar Millionen ab. Würde das passieren, wäre ich pleite. Das Risiko ist einfach viel zu hoch. Vor dem Import von Elektroautos habe ich inzwischen Angst.

Preise, Reichweite, Leistung

“Apokalyptisches Biest” – das kann Teslas neuer Cybertruck

Wie schätzen Sie die Chancen ein, einen Cybertruck überhaupt nach Deutschland zu holen und den Wagen hier auch fahren zu dürfen?
Der Cybertruck hat in Deutschland keine Chance. Zumindest nicht in seiner aktuellen Form. Das fängt schon bei der Lichtanlage an und ich würde wetten, dass auch das Gewicht am Ende nicht hinhaut. Das muss man ja hier alles nochmal richtig messen und dann erlebt man schnell eine Überraschung. Das ist aber denke ich nicht einmal das größte Problem.

Denn das wäre?
Schauen Sie sich die Front an. In den USA gibt es andere Auflagen hinsichtlich Fußgängerschutz. Das kann man hier so unmöglich fahren.

Was müsste man denn tun, um das Auto hierzulande fahren zu können?
Da müssen wir für den Moment auf unsere Erfahrungen in verschiedenen EU-Ländern mit anderen Pick-ups, die man ab Werk nicht zugelassen bekommt, zurückgreifen. Wir müssten vermutlich die gesamte Front neu aufbauen – vielleicht mit Weichgummi? Und dann gibt es viele Prüfungen, die der Wagen bestehen muss. Am Ende hat man dann eine sehr teure Einzelabnahme, die sich eigentlich überhaupt nicht rechnet.

Was kostet sowas?
Bei einer Einzelabnahme, bei der wir wissen, was zu tun ist, und die Abnahme beim ersten Anlauf schaffen, muss man mit 15.000 Euro rechnen. Bei einem Auto wie dem Cybertruck, wo ich auf einen Blick so viele scharfe Kanten sehe, dass mir schwindlig wird, deutlich mehr. Die Front wird man komplett umbauen müssen, sonst wird das keine Prüfung bestehen. Keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben.

Elon Musk hat ja selbst gesagt, dass der Cybertruck bei sämtlichen Zusammenstößen gewinnt – ohne dabei explizit Menschen oder Radfahrer zu erwähnen. Er meinte wohl Autos – aber die Aussage steht.
Elon Musk ist in meinen Augen ein sehr guter Geschäftsmann und spricht mit solchen Äußerungen seine Zielgruppe gekonnt an. Am Ende aber macht er sich hier vermutlich die Taschen voll, kassiert alle Subventionen, zahlt keine Gewerbesteuer und wir bleiben auf der Rechnung sitzen. Sie glauben doch nicht, dass diese Autos eine nennenswerte Haltbarkeit haben. Das ist alles Schrott, den wir irgendwann teuer entsorgen müssen.

Wie kommen Sie zu der Annahme?
Ich baue Schulen in Afrika – aktuell die dritte. Da habe ich einen Professor getroffen, dessen Familie einen alten Mercedes-Benz Strich-Acht fährt. Das Ding ist uralt, aber in einem sagenhaften Zustand. Das wird erhalten und gepflegt und bringt die Menschen selbst in diesem bitterarmen Land von A nach B. Elektroautos sehe ich da nicht – wie auch? Ohne Strom laden Sie die Dinger nicht auf – wenn die Batterien überhaupt so lange halten. Ich habe ja schon von dem Tesla meines Bekannten erzählt – da lässt nicht nur die Reichweite nach, sondern die anfänglich eher schlechte Qualität macht sich auch immer mehr bemerkbar. Das sind keine Autos für die Ewigkeit.

In Afrika engagiert sich Karl Geiger bei sozialen Projekten, baut aktuell seine dritte Schule. Wenn er dort Autos sieht, sind es fast immer Oldtimer. © privat

Und trotzdem sieht man sie in großer Zahl auf der Straße.
Das meinen Sie. Fahren Sie mal durch die noblen Vororte von München. Es ist noch nicht lange her, da stand der GT3 in der Garage und der Tesla vor der Tür – das hat sich wieder komplett geändert. Wenn überhaupt noch einer seinen Tesla hat, steht der hinter den Toren und der Porsche wird gezeigt.

Merken Sie das an Ihren Verkäufen?
Allerdings. Zu mir kommen Leute, die sich vorher nie für einen V8 interessiert haben, die jetzt dringend einen haben wollen. Wir kaufen fast alles auf, was wir kriegen können – und lange steht es nicht. Corvetten fahren hier ständig vom Hof. Und jetzt, wo Dodge verkündet hat, die großen Aggregate nicht mehr bauen zu wollen, geht bei den Modellen auch das große Sammeln los. Benziner und Diesel halten uns am Leben, elektrische Fahrzeuge machen hingegen nur Probleme.

Aber irgendwie muss es ja weitergehen.
Das wird es auch. Ich denke, dass wir langfristig bei der Brennstoffzelle oder alternativen Kraftstoffen landen.

Ist ein Ende Ihres Geschäftsmodells absehbar?
Das kommt auf die Regularien an, die uns jetzt erwarten. Bei Autos ohne ein COC, also die Typengenehmigung der Europäischen Union, ist es schon heute fast unmöglich geworden. Eine vereinfachte COC kann helfen, aber dann ist die Anzahl möglicher Zulassungen in der EU limitiert – und missachtet man das, müssen die Hersteller eine Strafe zahlen. Das will natürlich niemand.

Hört sich alles nicht so gut an.
Ich mache das jetzt seit 45 Jahren mit Leidenschaft. Aber es ist sehr unruhig in unserem Geschäft geworden und man investiert auch nicht mehr viel, weil es eben von heute auf morgen vorbei sein kann. Man hangelt sich so durch. Bis hierher war es aber eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte.

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