Verkehr

Gericht ermöglicht Fahrverbote: Kommentar

Die Fahrverbote für alte Diesel werden schmerzen. Deren Besitzer dürfen nicht alleingelassen werden, die Kosten für ein Nachrüsten sollten sich Politik und Autoindustrie teilen. Kommentar!

Gericht ermöglicht Fahrverbote: KommentarIm Autoland Deutschland will jeder gerne leben, nur nicht so gern an den meistbefahrenen Straßen der größten Städte. Wer dort wohnt, kann bald aufatmen, punktuelle Fahrverbote sollen die Luft besser machen. Viel zu spät macht das Bundesverwaltungsgericht den Ausputzer für die Politik, denn mit Ausnahme der Akteure in Düsseldorf und Stuttgart traute sich bislang kein Volksvertreter, Fahrverbote für alte Diesel anzustoßen. Nun werden Fahrverbote kommen, und die große Ratlosigkeit setzt ein. Dabei hätte man es lange wissen müssen: Lange ist bekannt, wie giftig Stickoxide sind. Auch, wer sie ausstößt: die Dieselmotoren älterer Bauart, die in Lkw, Transportern und Pkw ihren Dienst verrichten.

Dieselprivileg lockte Auto-Käufer

Zu lange schielten Behörden wie Hersteller auf den günstigen Verbrauch und die gegenüber Benzinern bessere CO2-Bilanz. Seit 1994 fördert die Politik den Diesel durch das Steuerprivileg. Die Industrie warf immer neue Autos auf den Markt, die stets gerade so sauber waren, wie sie sein mussten. Nun sind die Autos da, und das Gejammer groß. Klar ist auch: Die Fahrverbote verdrängen die schmutzigsten Diesel, doch einfach so verschwinden werden sie nicht. Also ist Nachrüsten das Gebot der Stunde. Nachrüstlösungen für Euro-5-Diesel sind marktreif, auch Euro-4-Diesel sollten geprüft werden. Nur: Wer sollte für die Umrüstung zahlen? Der private Autofahrer sicher nicht, er kaufte seinen Diesel im Vertrauen auf saubere Technik.

Staat und Industrie sollten für Nachrüst-Kats zahlen

Die Politik nahm durch lasche Kontrollen und einfach auszutricksende Prüfstandtests billigend in Kauf, dass heute so viele Schmutzdiesel unterwegs sind. Wo also bleiben die steuerlichen Anreize wie bei der Umweltprämie? Hier sollte der Staat sinnvoll umsteuern – und für Nachrüstungen zahlen. Doch nicht allein: Auch die Autohersteller sollten, nein, sie müssen für ihre mangelhaften Produkte einstehen: Mit der Übergabe der Autoschlüssel endet ihre Verantwortung für die vor wenigen Jahren als sauber angepriesenen Diesel nicht. Immerhin sind diese noch viele Jahre lang als blecherne Markenbotschafter unterwegs. Wie wär’s also mit einer 50/50-Lösung, Staat und Industrie teilen sich die Kosten der Nachrüstung? Das wäre nur fair und würde den Imageschaden durch Schmutzdiesel heilen. Erst wenn die ersten nachgerüsteten Diesel wieder sauber unterwegs sind, verlieren die kommenden Fahrverbote ihren Stachel. Vorher nicht.

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