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FFB PreFab eröffnet: Warum Batterieforschung so wichtig ist

In Münster wurde vor wenigen Tagen ein bedeutender Meilenstein für die Erforschung und Produktion nachhaltiger und ressourcenschonender Batteriezellen erreicht: Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Holger Hanselka haben gemeinsam den ersten Bauabschnitt der Fraunhofer-Forschungsfertigung Batteriezelle FFB eröffnet, die sogenannte FFB PreFab. Auf rund 6800 Quadratmetern Forschungsfläche startet die Fraunhofer FFB damit nun auch den Forschungsbetrieb am Originalstandort mit der Inbetriebnahme innovativer europäischer Maschinentechnologie.

Batterie- und Speichertechnologien sind ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg der weltweiten Energie- und Verkehrswende. Elektroautos benötigen leistungsfähige Batterien für entsprechende Reichweiten, Strom aus erneuerbaren Energien ist auf stationäre Energiespeicher angewiesen. Als offene Batteriezellfabrik zu Forschungs- und Entwicklungszwecken will die Fraunhofer FFB hier einen zentralen Beitrag leisten, um die Fertigung von Batteriezellen ‚Made in Germany‘ voranzutreiben. Sie adressiert damit den internationalen Marktbedarf und will dazu beitragen, den Technologiestandort Deutschland langfristig erfolgreich im internationalen Spitzenfeld zu etablieren.

Mit über 500 Gästen wurde die FFB PreFab am vergangenen Dienstag im Hansa-BusinessPark in Münster feierlich eingeweiht. Eine Musterlinie für die komplette Batteriezellproduktion im kleineren Maßstab ermögliche es der Fraunhofer FFB, ihre industriellen Partnerinnen und Partner bei der Erprobung und Umsetzung neuer Batteriezellkonzepte und Fertigungsverfahren zu unterstützen. Im Mittelpunkt der Forschungsfabrik steht die Produktion von Pouchzellen und prismatischen Zellen für Forschungszwecke, die unter anderem in E-Autos, in der Medizintechnik und Smart Devices Anwendung finden.

„Die Batterietechnologie ist eine wichtige Schlüssel- und Zukunftstechnologie. In Münster bauen wir deshalb die Batteriezellproduktion von morgen in großem Maßstab auf. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem technologisch souveränen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Batterieökosystem“, sagte Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger. „Die FFB wird ein weltweit einzigartiges Innovationsinstrument sein, mit dem Industrie und Wissenschaft gleichermaßen innovative Batterietechnologien erproben sowie neuartige Batteriezellkonzepte entwickeln und effizient zur Marktreife bringen können.“ Dabei setze die FFB auf „unsere exzellente Wissenschaft und auf die Kernkompetenzen der deutschen Industrie wie den Maschinen- und Anlagenbau, die Automobil- sowie die Chemieindustrie zur Entwicklung innovativer Batteriezellen und entsprechender Produktionsverfahren“, so Stark-Watzinger weiter. Das Bundesforschungsministerium fördert den Aufbau der Forschungsfertigung Batteriezelle demnach mit bis zu 500 Millionen Euro.

„Mit der Eröffnung der PreFab erreichen wir einen wichtigen Meilenstein für die Fraunhofer-Gesellschaft, die Forschungsfertigung Batteriezelle FFB und vor allem für die nachhaltige und wettbewerbsfähige Batterieproduktion in Europa. Mit innovativer Maschinentechnologie schlagen wir eine Brücke zwischen Forschung und Industrie für eine zukunftsfähige europäische Batterieproduktion“, erklärte der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka. Und weiter: „Mein aufrichtiger Dank gilt der Zusammenarbeit mit Industrie, Politik und unseren Partnern, darunter das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Münster und unsere Standortpartner, sowie meinen Kollegen an den Fraunhofer-Instituten. Gemeinsam haben wir bedeutende Fortschritte für die Batterieforschung erreicht und setzen einen wichtigen Schritt für eine nachhaltige Zukunft.“

Ein weltweit einmaliges Konzept

Die FFB PreFab ist ein wichtiger Schritt hin zum Aufbau der FFB Fab, mit der 20.000 Quadratmeter zusätzliche Produktions- und Forschungsflächen entstehen sollen und eine industrienahe Produktionsforschung und Entwicklung im Gigawatt-Bereich mit Anlagentechnik im großindustriellen Maßstab in Münster ermöglicht werden soll. Die Fraunhofer FFB ist demnach mit beiden Anlagen – PreFab und FFB Fab – eines der aktuell größten Forschungsbauvorhaben in Deutschland und in ihrer Konzeption und Ausrichtung weltweit einmalig.

In sogenannten Innovationsmodulen in der FFB PreFab stehen Partnerinnen und Partnern aus unterschiedlichsten Branchen Erprobungsflächen zur Verfügung. Diese ermöglichen die temporäre Unterbringung von Anlagenkonzepten zur gemeinsamen Erprobung und Weiterentwicklung mit Projektpartnern. Unter einem Dach werde in Münster die Technologiereife aus dem Labor ins Innovationsmodul bis zur Fertigungslinie gehoben. Innovations- und Kommerzialisierungsprozesse sollen so vorangetrieben und Risiken bei der Überführung neuartiger Zellkonzepte und Produktionstechnologien in die Großserienfertigung reduziert werden.

ffb prefab eröffnet: warum batterieforschung so wichtig ist

So soll der Komplex aus FFB PreFab und FFB Fab einmal aussehen. Quelle: Fraunhofer ISI / ART

„Wir brauchen gemeinsame Projekte wie die FFB, um die Zukunftsfähigkeit unseres Industriestandortes zu sichern, die Energie- und Verkehrswende erfolgreich zu gestalten und technologische Souveränität in Zukunftsfeldern zu erlangen“, betonte Mona Neubaur, NRWs Wirtschafts- und Klimaschutzministerin sowie stellvertretende Ministerpräsidentin. NRWs Wissenschaftsministerin Ina Brandes verwies auf die Relevanz von Batterien als eines dieser Zukunftsfelder: „Unsere Zukunft ist nur mit smarten Batterien denkbar. Sie werden einen festen Platz im Alltag der Menschen haben: für die Energieversorgung, für Elektromobilität und Smartphones – überall sind wir auf diese Schlüsseltechnologie angewiesen“. Mit der Fraunhofer FFB besteht laut Brandes „die Chance, die Lücke zwischen Grundlagenforschung und der Anwendung in großindustriellem Maßstab zu schließen“.

BatteryCityMünster als zentraler Wirtschafts- und Technologiestandort in Deutschland und Europa

Aktuell tüfteln und forschen rund 125 Mitarbeitende für die Fraunhofer FFB. Zusammen mit dem MEET (Münster Electrochemical Energy Technology) der Universität Münster sowie weiteren Forschungspartnern in Aachen, Jülich und der gesamten Republik werde die BatteryCityMünster damit zu einem zentralen Wirtschafts- und Technologiestandort in Deutschland und Europa, und erfahre eine international beachtete Weiterentwicklung, so das Fraunhofer ISI in seiner Mitteilung.

Das Großprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Der Bund fördert die Fraunhofer FFB mit bis zu 500 Millionen Euro für Forschungsanlagen und -projekte. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt bis zu 320 Millionen Euro für Grundstücke und Neubauten zur Verfügung und hat sein finanzielles Engagement damit zuletzt deutlich erhöht, um die Gebäude bestmöglich an den weiterentwickelten Bedarfen der FFB ausrichten zu können.

„Alle Zellformate haben ihre Daseinsberechtigung und Einsatzbereiche“

Prof. Achim Kampker vom Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen leitet die FFB gemeinsam mit Prof. Dr. Simon Lux und Prof. Dr. Jens Tübke. Den Kolleg:innen von Electrive gab er anlässlich der Eröffnung der FFB PreFab einige Einblicke auf das, was dort an Forschung betrieben wird und die Batterieforschung im Allgemeinen.

„Wir haben jetzt die Möglichkeit, innovative Anlagentechnik weiterzuentwickeln“, erklärte Kampker. Auf sogenannten Innovationsflächen in der FFB PreFab stehen demnach Partnern aus der Industrie – also etwa Batteriezell- und Automobilherstellern, Maschinen- und Anlagenbauern – und aus der Forschung Erprobungsflächen zur Verfügung. Diese könne man sich, so Kampker, „vereinfacht ausgedrückt wie Garagen vorstellen, die zur temporären Unterbringung von Anlagenprototypen oder zur gemeinsamen Erprobung und Weiterentwicklung von Produktionstechnologien dienen. Das ermöglicht im ersten Schritt einen Stand-alone-Betrieb der Prototypen, um Erfahrungen zu sammeln. Im zweiten Schritt können diese Prototypen dann auch in die Pilotlinie zur Erprobung einer verketteten Produktion integriert werden“.

Sowohl in der FFB PreFab als auch in der FFB Fab gehe es „um die Weiterentwicklung von Technologien, also um ihre Skalierung“, also die Überführung von Prototypen und Pilottechnologien in marktreife Produkte. Zunächst stehen in der PreFab Pouch- und prismatische Zellen im Fokus, erst später sollen auch Rundzellen hinzukommen. „Alle Zellformate haben ihre Daseinsberechtigung und Einsatzbereiche“, so Kampker hierzu, eine „beste“ Technologie gebe es in dieser Hinsicht nicht, sagt er. Aktuell gehe der Trend in Europa „zum prismatischen Rund- beziehungsweise Hardcase, aber das sind alles Momentaufnahmen in einem sehr dynamischen Markt“, so der Batterieforscher. Für die Feststoffbatterie, die als kommender Technologiesprung gilt, sei das Pouch-Format „aufgrund guter und gleichmäßiger Druckapplikation sehr bedeutsam und interessant“.

„Wir spüren eine starke Nachfrage nach unseren Dienstleistungen“

Ob die Eröffnung der FFB PreFab nicht etwas zu spät erfolge, wollte Electrive wissen, was Kampker verneinte: „Wir spüren eine starke Nachfrage nach unseren Dienstleistungen, weil der Bedarf aus der Industrie an den Kompetenzfeldern der Fraunhofer FFB sehr hoch ist – zum Beispiel zu innovativer Prozesstechnologie, Technologiemanagement, Musterproduktion oder Qualitätsmanagement in der Batteriezellproduktion“, sagte er. In Deutschland und Europa gebe es „noch nicht viele laufende Batteriezellfabriken, und die Fertigungsprozesse lassen sich noch erheblich optimieren“. Darüber hinaus erhalten die Forschenden demnach auch „verstärkt Anfragen aus dem US-amerikanischen Raum, die sich für die Struktur und den Aufbau unserer Einrichtung interessieren.“

Zuletzt hat die Bundesregierung ihre Etats für die Batterieforschung stark gekürzt. Kampker und seine Kolleg:innen „betrachten die Entwicklungen rund um die geplante Streichung von 75 Prozent der Batterieforschungsförderung weiterhin mit großer Sorge, weil sie einen bedenklichen Schatten auf den Innovationsstandort Deutschland werfen“. Die Fraunhofer FFB und der Aufbau der Forschungsfertigung sei, „soweit wir derzeit wissen“, wie Kampker sagt, nicht direkt betroffen.

Dennoch erschwere „die Situation doch unsere Arbeit. Einem in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebauten und gewachsenen Batterie-Ökosystem für Innovationen aus der Forschung und zur Ausbildung von Fachkräften droht die Grundlage entzogen zu werden“, sagt der Forscher mit Blick auf die gesamte deutsche Forschungslandschaft. „Als Fraunhofer FFB sind wir auf diese innovative Forschungslandschaft angewiesen, um die frühzeitig gesetzte Saat zu ernten und innovative Technologien schnell zur industriellen Umsetzung bringen zu können.“

Quelle: FFB – Pressemitteilung vom 01.05.2024 / Electrive – Die „FFB PreFab“ der Forschungsfertigung Batteriezelle geht in Betrieb – Acht Fragen an Prof. Achim Kampker

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