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Mit über 600 PS und Selbstfahr-Kompetenz: BMW i5 M60 im Test

Der 5er-BMW ist ein Klassiker unter den Business-Limousinen. Die neueste Generation nutzt eine Mischplattform, fährt also auch vollelektrisch. Stärkster i5 ist der M60 xDrive mit über 600 PS. Passen die sportliche Performance-Philosophie und der Elektroantrieb zusammen? Das klärt unser Test. Gefahren sind wir nicht immer selbst. Auf der Autobahn hat der i5 übernommen.

mit über 600 ps und selbstfahr-kompetenz: bmw i5 m60 im test

Starker Stromer: BMW i5 M60 xDrive. Daniel Kraus/BMW

Was er ist:

Eine vollelektrische Business-Limousine der extrasportlichen Art. Gebaut wird der i5 wie alle 5er-BMW in Dingolfing, er ist also ein echter Niederbayer. Mit 5,06 Metern Länge und 1,90 Metern Breite weist er beachtliche Dimensionen auf, die ihn über sein angestammtes Segment der gehobenen Mittelklasse eigentlich schon hinauswachsen lassen.

Wie er aussieht:

Anders als Mercedes, wo die elektrischen Entsprechungen der E- und S-Klasse ein spezielles Gewand tragen, hat sich BMW dazu entschieden, dem 5er ein antriebsübergreifend weitgehend ähnliches Design auf den langen Leib zu schneidern. Eine kluge Strategie. Denn während die Mercedes-Kunden den stromlinenförmigen Modellen EQE und EQS mit Zurückhaltung begegnen, macht BMW es den klassischen 5er-Käufern leichter, statt eines Benziners, Diesels oder Plug-in-Hybriden die Elektro-Lösung zu wählen. 5er bleibt 5er, so oder so.

Auch der i5 tritt daher als wohlproportioniert dynamische Limousine auf, die unter dem Diktat der Aerodynamik nicht jede charakterbildende Kante verloren hat. Eine lange Motorhaube kombiniert er mit einem Heckabschluss, dessen leichte Dachschräge flüssig elegant in ein Stufenheck übergeht. Das muskulöse Performance-Modell M60 gibt sich unter anderem an einer Frontschürze mit großen Lufteinlässen zu erkennen, auch die mindestens 19 Zoll großen Bicolor-M-Leichtmetallräder, etliche hochglanzschwarze Flächen und die Heckschürze mit Diffusoreinsatz zählen zu den spezifischen Merkmalen. Serienmäßig ist beim M60 die Kontur der BMW-Niere beleuchtet, “Iconic Glow” heißt dieses Detail.

Alternativ zur Limousine kann ein Kombi geordert werden, der – ebenfalls in bester BMW-Tradition – “Touring” heißt.

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Wie er eingerichtet ist:

Zunächst einmal lederfrei, als mindestens gleichwertigen Ersatz für Tierhaut verwendet BMW ein Hightech-Material namens Veganza, das die vorzüglichen Sportsitze unseres Testwagens perforiert und gesteppt überzogen hat.  Die Verarbeitungsqualität ist erwartungsgemäß ohne Fehl und Tadel, optisch wie haptisch meldet das M60-Interieur seinen Premium-Anspruch an.

Das Bildschirm-Doppel fügt sich zu dem leicht gebogenen, rahmenlosen “Curved Display” zusammen – links das 12,3 Zoll große Fahrerinstrumentarium, dessen eckige Grafik uns schon in anderen BMW-Modellen wie dem i4 (unseren Test lesen Sie hier) nicht gefallen hat, rechts der 14,9-Zoll-Hauptbildschirm mit dem neuesten Operating System 8.5. Die Bildgebung ist brillant, die Reaktionsgeschwindigkeit blitzschnell und die Funktionsvielfalt schier unerschöpflich, selbst die Bundesliga lässt sich streamen, zum Beispiel während der Wartezeit an der Ladestation, alternativ kann man sie sich auch mit Youtube-Videos oder AirConsole-Games vertreiben.

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Die Wegführung durch die vielen Menüs, Untermenüs und Unteruntermenüs gestaltet sich weniger labyrinthisch als von uns, zugegebenermaßen, zunächst befürchtet, fürs Einarbeiten sollte man aber dennoch Zeit einplanen. Der Zugriff aufs Infotainment erfolgt entweder per Touch oder über den immer noch praktischen Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole. Vorbildlich verständig zeigt sich die Sprachassistenz.

Definitiv unkomfortabel fanden wir, dass die Klimafunktionen über den Touchscreen angesteuert werden müssen, und die Regulierung der Belüftung über kleine, berührungssensitive Slider ist eine arg fummelige Angelegenheit. Schön aber, dass sich die Lautstärke mithilfe einer kleinen Drehwalze einstellen lässt.

Als großer Wagen wird der i5 gewohnheitsmäßig auch Fondpassagiere mitnehmen. An sie ist mit Getränkehaltern in der ausklappbaren Mittelarmlehne gedacht, ferner mit einer eigenen Bedieneinheit für die Klimaautomatik einschließlich der Sitzheizung sowie mit vier USB-Anschlüssen, von denen jeweils einer in der Rücklehne der Vordersitze untergebracht wurde, plus einer Aussparung, in der beispielsweise Kinder ein Tablet zu Unterhaltungszwecken fixieren können.

Wie viel Platz er hat:

Der Größe des Fahrzeugs entsprechend fallen Raumangebot und -gefühl gut aus. Weder Kinder noch Erwachsene von stattlicherer Statur unterliegen im Fond Einschränkungen, was Kopf-, Bein- und Ellbogenfreiheit betrifft. Nur der Mittelplatz erfordert Beingymnastik, des Mitteltunnels wegen. In den Kofferraum passen 490 Liter, das sind 30 Liter weniger als bei den Verbrennermodellen. Durch Umklappen der dreigeteilten Rücksitzlehnen lässt sich der Stauraum erweitern, zudem gibt es eine Durchreiche für langes, schmales Transportgut sowie ein Unterflurfach. Einen “Frunk” unter der Fronthaube bietet der i5 nicht. Für ein Elektroauto ist er aber auch für Aufgaben als Zugfahrzeug gut gerüstet, bis zu 2000 Kilogramm darf er in Schlepp nehmen.

Was ihn antreibt:

Der i5 M60 xDrive ist der zweitstärkste 5er-BMW. 308 kW/517 PS System- und 442 kW/601 PS Peakleistung erbringen die beiden Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse, das mächtige Drehmoment beträgt 795 beziehungsweise 820 Newtonmeter. Die immensen Antriebskräfte werden über alle vier Räder (xDrive) auf die Straße gebracht. Der Lithium-Ionen-Antriebsbatterie ist eine nutzbare Kapazität von 81,2 kWh zuzuschreiben.

Blick auf die vielen Alternativen: Wer elektrisch fahren will, aber mit weniger Leistung zufrieden ist, kann dies auch im heckgetriebenen i5 eDrive40 mit 250 kW/340 PS oder im i5 xDrive40 mit 290 kW/394 PS tun. Daneben bietet BMW drei Plug-in-Hybride an: Den heck- oder allradgetriebenen 530e mit 220 kW/299 PS, den 550e xDrive mit 340 kW/489 PS und den bärenstarken Allradler M5 mit 535 kW/727 PS. Zudem gibt es den per 48-Volt-System mildhybridisierten 520i (153 kW/208 PS) und, für die gar nicht wenigen Diesel-Fans, den wiederum heck- oder allradgetriebenen 520d (145 kW/197 PS) sowie den 540d xDrive (223 kW/303 PS).

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Wie er sich fährt:

So, wie man es von einem BMW erwartet: Ungemein dynamisch und dabei jederzeit bestens beherrschbar, sportlich straff, ohne die Insassen mit Härte zu malträtieren – besser kann man den Spagat nicht hinbekommen, das Wort “Kompromiss” würde der Feinarbeit der Entwickler nicht gerecht. Das gute Gefühl, gleichermaßen sicher wie komfortabel unterwegs zu sein, ist vor allem dem hervorragenden, mit 4100 Euro allerdings aufpreispflichtigen adaptiven M-Fahrwerk Professional zu danken, das neben elektronisch geregelten Stoßdämpfern auch eine Tieferlegung um acht Millimeter umfasst. Serienmäßig ist die sogenannte Integral-Aktivlenkung, bei der die Hinterräder mitlenken, was der großen und immerhin 2,2 Tonnen schweren Limousine zu einer überraschenden Wendigkeit und Agilität verhilft.

Die enorme Power seines Elektroantriebs katapultiert den i5 M60 mit einer ansatzlosen Schubkraft voran, die eines Sportwagens würdig wäre und die unserem Beifahrer tatsächlich eine leicht grünliche Farbe um die Nase gemalt hat. Die volle Leistung von 601 PS und das maximale Drehmoment von 820 Newtonmeter stehen allerdings nicht permanent bereit, sondern werden durch Ziehen des Boost-Paddles am Lenkrad zehn Sekunden lang aktiviert. Dann fegt der M60 in 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Er könnte auch schneller stürmen, wenn man ihn ließe, aber die Elektronik setzt bei 230 km/h einen Schlusspunkt, ist auch gesünder so.

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Das Schöne am elektrischen Fahren ist auch die damit verbundene Lautlosigkeit. Wer trotzdem eine Begleitmusik braucht, kann sich unter den sogenannten “Iconic Sounds” den passenden aussuchen, wir fanden die synthetischen Motorgeräusche allesamt albern und haben sie über den Touchscreen zum Schweigen gebracht.

Absoluter Star unter den vielen elektronischen Fahrhelfern ist der Autobahn-Assistent: Er erlaubt es, bis zu einer Geschwindigkeit von 130 km/h die Hände vom Lenkrad zu nehmen und sich vom i5 fahren zu lassen – und zwar dauerhaft, nicht nur für ein paar Sekunden. Automatisch werden Spur und Abstand gehalten, und um zu überholen und danach wieder nach rechts einzuscheren, muss nicht einmal mehr der Blinker gesetzt werden. Es genügt, den Blick kurz auf den linken beziehungsweise rechten Außenspiegeln zu richten, den Rest erledigt das Fahrzeug. Das funktioniert mit einer beeindruckenden Zuverlässigkeit, allerdings nur auf Autobahnen und da nicht in Baustellen. Zudem muss die Kamera im Fahrerdisplay die Augenbewegungen des Fahrers respektive der Fahrerin erkennen und überwachen können, weder der Lenkradkranz noch dunkle Sonnenbrillengläser dürfen dem im Wege stehen.

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Was er verbraucht – und wie weit er kommt:

Laut WLTP-Norm liegt der Stromverbrauch bei 20,6 bis 18,2 kWh/100 km und die Reichweite bei 455 bis 516 Kilometern.

In der Praxis und bei Temperaturen um die 25 Grad hat der i50 M60 uns bei einem Verbrauch von 20,9 kWh/100 km rund 400 Kilometer weit gebracht, ohne dass wir uns dabei besonders mäßigen mussten. Nach unserer Sparrunde schrieben wir 458 Kilometer und 17,4 kWh/100 km ins Fahrtenbuch. Bei Autobahnfahrten mit Richtgeschwindigkeit 130 wiederum sollte man damit rechnen, dass sich der Stromvorrat im Akku nach etwa 350 Kilometern erschöpft und 23,5 kWh/100 km konsumiert werden. Angesichts von Größe, Gewicht und Leistung zeugt das durchaus von Effizienz.

Für den Fall, dass die Reserven zur Neige gehen, der nächste Ladestopp aber in weiterer Entfernung liegt, kann in den “Max Range”-Modus gewechselt werden. Er erhöht die Reichweite um bis zu 25 Prozent, indem beispielsweise die Höchstgeschwindigkeit auf 90 km/h eingebremst und Verbraucher wie Klimaanlage, Sitz- und Lenkradheizung ausgeschaltet werden.

Wie er lädt:

An der Wallbox oder Standard-Wechselstrom-Ladesäule mit bis zu 22 kW, an der Gleichstrom-Schnellladestation mit maximal 205 kW. Auf Langstrecken arbeitet das Navigationssystem eine versierte Laderoutenplanung aus: Es schlägt Ladestationen vor, nennt deren Leistung, ferner sagt es, wie viele Ladepunkte aktuell frei sind und welche Ladezeit man einplanen soll. Gleichzeitig fließen die Ladestopps in die Berechnung der Ankunftszeit ein.

Zum Laden während der Fahrt, also durch Rekuperation, lassen sich über ein Untermenü drei verschiedene Intensitätsstufen sowie der Adaptivmodus einstellen, den wir überwiegend genutzt haben: Mithilfe der Informationen, die das Navi und die Sensoren der Fahrassistenzsysteme liefern, wird die Rekuperationsstärke an die jeweilige Verkehrssituation angepasst.

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Was er bietet:

Beispielsweise M-Leichtmetallräder, adaptive LED-Scheinwerfer, Navigationssystem, Harmann-Kardon-Soundsystem, beheizbare Sportsitze, Vierzonen-Klimaautomatik, Luftfederung an der Hinterachse, Adaptivfahrwerk mit Integral-Aktivlenkung, Wärmepumpe, Driving Assistant (unter anderem Spurwechsel- und Querverkehrswarnung hinten) und Parking Assistant (Rückfahrkamera, Park- und Rückfahrassistent). Dem lässt sich noch vieles hinzufügen – vom umfangreicheren Fahrassistenzpaket “Driving Assistant Professional” (2000 Euro), das Voraussetzung für den beschriebenen Autobahnassistenten (850 Euro) ist, über das Innovationspaket (Head-up-Display, Gestensteuerung, Innenraumkamera, Surround-View, 2100 Euro) bis hin zum Travel-Paket mit automatischer Heckklappenbetätigung (1750 Euro).

Was er kostet:

Ab 99.500 Euro. Das liegt haarscharf unter der Sechsstelligkeit. Unser Testwagen kam auf 118.445 Euro.

Was wir meinen:

Der BMW i5 M60 xDrive ist eines der besten Elektroautos, die es gibt. Beeindruckend gut gelingt es dem starken Stromer, die Performance-Philosophie seines Herstellers ins Elektrische zu übersetzen. Ob so viel Leistung wirklich sein muss und ob man überhaupt genügend Gelegenheiten hat, sie abzurufen, steht auf einem anderen Blatt. Wer eine klassische Business-Limousine mit E-Antrieb sucht, dürfte schon mit dem heckgetriebenen i5 eDrive40 sehr gut bedient sein. Mit 340 PS ist er alles andere als untermotorisiert, schafft aber eine höhere Reichweite von bis zu 582 WLTP-Kilometern und ist “schon” ab 70.200 Euro zu haben.

Ulla Ellmer

Die Daten der BMW i5 M60 xDrive Limousine

Antrieb: Mit je einem Elektromotor auf die Vorder- und Hinterräder. Einstufiges Automatikgetriebe mit fester Übersetzung.

Leistung: Elektromotor vorn 192 kW261 PS Spitzenleistung, Elektromotor hinten 250 kW/340 PS Spitzenleistung. Systemleistung 380 kW/517 kW, Peakleistung im Sport-Modus 442 kW/601 PS.

Max. Drehmoment: 795 Nm, bei Sport-Boost 820 Nm

Batterietyp: Lithium-Ionen

Batteriespannung: 400 Volt

Batteriekapazität: 81,2 kWh netto

Ladeleistung: AC (Wechselstrom, Wallbox) 3-phasig bis 22 kW, DC (Gleichstrom, Schnellladestation) bis 205 kW

Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 sec

Reichweite WLTP: 455 – 516 km

Stromverbrauch kombiniert WLTP: 20,2 – 18,2 kWh/100 km

Testverbrauch: 20,9 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A

Länge: 5,06 m

Breite: 1,90 m ohne, 2,16 m mit Außenspiegeln

Höhe: 1,51 m

Sitzplätze 5

Gepäckraum: 490 l

Leergewicht (EU): 2380 kg

Zulässiges Gesamtgewicht: 2895 kg

Zuladung: 590 kg

Anhängelast: 750 kg ungebremst, 2000 kg gebremst

Stützlast: 80 kg

Dachlast: 75 kg

Reifengröße: 245/45R19Y (vorn), 275/40R19Y (hinten)

Versicherungs-Typklassen: 20 (HP), 27 (TK), 30 (VK)

Preis: Ab 99.500 Euro

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