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E-Auto-Experte: "Ich erwarte eine Preisschlacht"

Wie sich Lieferzeiten und die Ladeinfrastruktur für E-Autos entwickeln – und welche Zukunft der Verbrenner hat.

Da kommt was ins Rollen: Neuwagen des Typs ID.3 und ID.4 stehen auf einem Parkplatz im Zwickauer Volkswagen-Werk. © Jan Woitas/dpa

Wichtiger als der Rückblick sei für ihn der Ausblick, sagt Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbands Elektromobilität. Seine Prognose: „Das wird ein sehr spannendes Jahr für die Autobranche.“ Er rechne in den nächsten Monaten mit einem massiven Einbruch bei Neuwagenverkäufen, sagt der 64-Jährige. „Der Markt ist unheimlich gesättigt.“ Ab dem zweiten Quartal sei deshalb eine „Preisschlacht“ der Hersteller zu erwarten. Auch deren Ergebnis glaubt Sigl zu kennen. „Der Gewinner wird am Ende des Jahres Tesla heißen.“

Wohin geht es 2023 für die Autoindustrie und ihre Kundschaft? Lassen sich aus den jüngsten Zulassungszahlen Tendenzen ablesen? Diskussionsstoff gibt es genug. Etwa die Jahresstatistiken des Kraftfahrtbundesamtes. Die fürs vergangene Jahr zeigt gegenläufige Tendenzen für Deutschland und Sachsen: Während der bundesweite Pkw-Absatz nach zwei schwachen Corona-Jahren wieder ein kleines Plus verzeichnet, sind die Zahlen für den Freistaat das vierte Jahr in Folge rückläufig.

Kurt Sigl (64) ist seit 2009 Präsident des Bundesverbands E-Mobilität. © BEM e.V.

Bei den Neuzulassungen der als Wachstumstreiber gepriesenen E-Autos ist dagegen die Richtung identisch. Hier meldet das KBA für ganz Deutschland in diesem Segment ein Plus von über 32 Prozent, in Sachsen rund 17 Prozent. Die gegenüber den Vorjahren abgeschwächte Dynamik sei den langen Lieferfristen vieler Elektro-Modelle geschuldet gewesen, erklärt Sigl. Doch das könnte sich im Laufe des Jahres zum Besseren ändern, wenn Hersteller ihre Produktionskapazitäten besser nutzen und damit mehr Autos ausliefern. So zumindest hat es kürzlich das Duisburger Center Automotive Research (CAR) prognostiziert. Beim Model 3 und Model Y von Tesla beträgt die Lieferzeit schon jetzt im Idealfall nur noch einen Monat, geht aus einer am Freitag veröffentlichten Abfrage des Preisvergleichsportals Carwow hervor.

Spannend dürfte auch die Frage sein, wie schnell chinesische Autobauer auf dem deutschen Markt Fuß fassen. BYD, weltgrößter Hersteller von Elektrofahrzeugen, hat kürzlich angekündigt, 2026 hierzulande eine sechsstellige Zahl von Autos absetzen zu wollen.

Hinderlich für eine schnellere Verbreitung von Tesla & Co sind der seit Jahresbeginn verringerte Umweltbonus und die zu langsam mitwachsende Infrastruktur. Nachholbedarf sehe er auf dem Land ebenso wie in den Städten, sagt Michael Papke vom sächsischen Start-up eClever. „In Dresden und Leipzig werden zwar kontinuierlich Ladestationen errichtet, das Engagement reicht aber nicht aus, um den Bedarf zu decken.“ Insbesondere fehle es an Lademöglichkeiten in Parkhäusern, Tiefgaragen und an Supermärkten, um die von den Stadtwerken betriebenen Ladestationen zu entlasten, so Papke. Der ländliche Raum profitiert seiner Einschätzung nach von den bundesweit agierenden Betreibern. „EnBW und Aral gehören hier zu den Fleißigsten“, sagt der E-Auto-Pionier.

Allerdings sind diese Unternehmen nur noch im Bereich der Schnellladeinfrastruktur tätig. Damit sind Steckdosen gemeint, an denen sich Akkus mit einer Leistung von 150 bis 300 Kilowatt laden lassen. „Aus Nutzersicht lässt sich festhalten, dass es nahezu unmöglich geworden ist, irgendwo mit leerem Akku liegen zu bleiben“, sagt Papke. Auch hier hat Tesla eine Sonderstellung: Der US-Autobauer betreibt ein weltweites Netz von 35.000 Schnellladern. Immerhin sind inzwischen einige wenige der deutschen „Supercharger“-Standorte jetzt auch für andere Marken freigegeben.

Weitgehend einig sind sich die Fachleute im Hinblick auf den Niedergang des Hybrid-Segments. Begründet wird dies mit dem kompletten Wegfall des staatlichen Kaufzuschusses seit Anfang des Jahres. „Wir sagen schon seit Jahren, dass Hybrid nur eine Brückentechnologie ist“, sagt Verbandspräsident Sigl. Dank der Produktion größerer Stückzahlen seien inzwischen reine E-Autos kosteneffizienter herzustellen als Plug-in-Hybridmodelle.

Und die von manchen schon totgesagten Verbrenner? „Ich sehe für 2023 einen stabilen Absatz von diesen Fahrzeugen“, sagt Michael Schneider vom Landesverband des Kfz-Gewerbes in Sachsen. „Die Nachfrage ist vorhanden und übersteigt zum Teil das Angebot der Hersteller.“

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