Autokäufer haben noch eine große Skepsis gegenüber gebrauchten Stromern. Das schlägt sich in den Verkaufspreisen deutlich nieder.
Richtig tief in die Tasche greifen musste vor drei oder vier Jahren, wer sich einen neuen Mercedes EQC 400 4matic in die Garage stellen wollte. Schon die nackte Basisversion des E-Autos kostete damals rund 66.000 Euro, mit größeren Rädern, einer Metallic-Lackierung und Lederausstattung sowie dem Fahrerassistenz-Paket waren schnell 80.000 Euro erreicht.
Heute findet man den 300 kW oder 408 PS starken Elektro-SUV in großer Zahl in Mercedes-Niederlassungen und auf Internet-Verkaufsplattformen wie Mobile.de – zu Preisen eines Opel Corsa Electric GS. Ok, den zweitürigen Kleinwagen gäbe es für 38.045 Euro nagelneu, der Mercedes hätte schon um die 30.000 Kilometer auf dem Buckel. Aber dafür bekäme man ein Elektroauto mit zwar vergleichbarer Reichweite (400 Kilometer) und einer etwas höherer Ladeleistung (110 statt 100 kW), vor allem aber einem wesentlich größeren Platzangebot und höherem Prestige.
Audi e-tron 50 quattro Wenigstens 80.900 Euro rief Audi im Jahr 2020 für seinen ersten elektrische SUV auf. Heute werden topausgestattete Elektroautos des Typs mit einer Laufleistung von 45.000 Euro für weniger als 30.000 Euro angeboten. Foto: Audi
Das Ergebnis unserer zufälligen Internet-Recherche deckt sich mit aktuellen Recherchen der Deutschen Automobil-Treuhand (DAT). Demnach erleben gebrauchte Elektroautos der Oberklasse derzeit einen dramatischen Wertverlust: Erzielten diese Ende 2022 nach drei Jahren mit etwa 45.000 Kilometern Laufleistung noch gut 70 Prozent ihres einstigen Neuwagenpreises, erzielen sie inzwischen (Stand Ende Dezember 2023) im Handel nur noch durchschnittlich etwa 55 Prozent.
48 Prozent Wertverlust in drei Jahren
Preisverfall in der elektrischen Oberklasse Drei Jahre alte Oberklasse-Stromer mit 45.000 Kilometer Laufleistung erzielen heute im Gebrauchtwagengeschäft Preise, die im Schnitt 45 Prozent unter dem einstigen Neuwagenpreises liegen – das schmerzt. Grafik: DAT
E-Auto-Angebot größer als die Nachfrage
Über die Gründe für die hohen Wertverluste kann nur spekuliert werden. Eine Rolle spielt sicher die rasante Evolution der Antriebstechnik, die in den zurückliegenden zu erleben waren: Oberklasse-SUVs verfügen inzwischen über eine Ladeleistung von wenigstens 200 kW und kommen dank sparsamerer Motoren auch deutlich weiter mit einer Akkuladung. Hinzu kommt durch die große Zahl an Leasing-Rückläufern ein wachsendes Angebot an gebrauchten Elektroautos – die auf eine weiterhin schwache Nachfrage trifft.
Eine Rolle dürfte auch das nach wie vor geringe Vertrauen vieler Gebrauchtwagenkäufer in gebrauchte E-Autos spielen. Nach dem aktuellen DAT Report 2024 wird die Haltbarkeit der Akkus von 26 Prozent der Deutschen stark angezweifelt. Wenn dann der Autoverkäufer wie bei unserem Testkauf in der Mercedes-Niederlassung München noch nicht einmal ein Zertifikat über den Zustand des Akkus im ausgesuchten Mercedes EQC vorlegen kann, dürfte die Skepsis noch steigen. Da lässt man das Geld lieber stecken und fragt nach günstigen Leasingkonditionen für einen Neuwagen.