Stephan Winkelmann ist Chef des Sportwagenherstellers. Andia/Imago
5558 Fahrzeuge hat der Sportwagenhersteller Lamborghini im ersten Halbjahr 2024 verkauft und damit 1,6 Milliarden Euro umgesetzt. Eine Steigerung von 14,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Doch das Umfeld für den Hersteller der Sportwagen mit den bis zu 1015 PS starken Motoren wird ungemütlicher. Denn 2035 soll in der EU Schluss sein mit dem Verbrennermotor.
Kleine Hersteller wie Lamborghini und Ferrari haben zwar ein Jahr länger Zeit, aber im Gespräch mit der NZZ äussert der Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann dennoch Bedenken. Sorgen bereitet ihm die fehlende globale Koordination bei der Dekarbonisierung des Autosektors. «Für kleine Marken wie Lamborghini ist es ein Riesenaufwand, die verschiedenen Regeln in den Ländern zu erfüllen.»
Er wünscht sich deshalb mehr politische Unterstützung: «Es muss einen klaren Plan der Regierungen geben. Die Frage ist, woher der Strom für die Elektroautos kommt. Und es braucht einen Zeitrahmen, zu dessen Einhaltung sich alle Beteiligten verpflichten müssen im Hinblick auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur.» Aufgabe der Hersteller sei es, sich mit Themen wie dem Preis der Fahrzeuge, der Ladegeschwindigkeit und der Reichweite zu beschäftigen.
Elektro-Lamborghini soll preiswert sein
Als erstes rein elektrisch betriebenes Lamborghini-Modell soll noch vor dem Jahr 2030 der viertürige Lanzador auf den Markt kommen. Damit ist Lamborghini später dran als die Konzernschwester Porsche oder Ferrari, kann aber ein günstigeres Modell anbieten. So soll der Lanzador zwischen 265 000 und 300 000 Euro kosten. Zum Vergleich: Der erste vollelektrische Ferrari, der für 2025 angekündigt ist, soll ab 500 000 Euro erhältlich sein.
Der Sportwagenhersteller nimmt viel Geld in die Hand für die Entwicklung der neuen Fahrzeuge. Das Unternehmen investiert bis 2028 mindestens 1,9 Milliarden Euro in die Elektrifizierung, die Hybridisierung und die Modellerweiterung. Demnächst dürfte der Betrag sogar noch aufgestockt werden. 500 neue Mitarbeiter werden eingestellt. In einer erneuerten Produktionshalle, die weitgehend digitalisiert ist, wird gerade die Produktion des Revuelto hochgefahren.
Der Urus – ein SUV, der 60 Prozent zu den Verkäufen beiträgt – soll demnächst zuerst in einer Hybridversion angeboten werden, bevor die Elektroversion kommt. Bei den beiden Supersportwagen Revuelto und dem Huracan-Nachfolger, der im August vorgestellt wird, wolle man so lange wie möglich Hybridantriebe einsetzen – wenn möglich über das Jahr 2035 hinaus, so Winkelmann.
Potenzial bei der Ertragskraft
Für das laufende Geschäftsjahr von Lamborghini ist Winkelmann optimistisch. «Wir haben einen Auftragsbestand von 1,5 Jahren, und 2024 wird ein sehr gutes Jahr – auch im Hinblick auf die Rendite.»
Der CEO sieht aber im Hinblick auf die Ertragskraft noch Luft nach oben. «Unser Ziel ist es, aus jedem einzelnen Fahrzeug durch Optionen, Sonderausstattung und immer mehr Individualisierung mehr Ertrag pro Auto zu erwirtschaften.»
Winkelmann rechnet vor, wie das bei der limitierten Neuauflage des legendären Countach anlässlich von dessen 50. «Geburtstag» ausgesehen hat: Insgesamt wurde mit den 112 verkauften Modellen ein Erlös von 250 Millionen Euro erwirtschaftet. Das entspricht fast 10 Prozent des Umsatzes von 2,6 Milliarden Euro.
Allerdings müsse man aufpassen. «Das kann man nicht zu oft machen, denn das würde zu einer Verwässerung führen.» Zu den Prinzipien Lamborghinis gehört es, die Exklusivität durch eine gezielte Verknappung des Angebots zu bewahren.