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Autofarben: Grüne Gebrauchtwagen sind am teuersten

Manche Autofarben schreien, aber andere wirken größer. Manche kosten 25.000 Euro. Und für eine sprechen alle rationalen Argumente. Zwölf überraschende Autofarbfakten

autofarben: grüne gebrauchtwagen sind am teuersten

Es gab eine Zeit, da war Rot in Deutschland die beliebteste Autofarbe. Doch das ist lange her.

Die Osterglocken und Forsythien blenden fast schon mit ihrem strahlenden Gelb, die noch zarten kleinen Blätter an den Bäumen und Sträuchern leuchten knallgrün, die Tulpen recken sich in allen Farben zur Sonne, in den Gärten hängen bunte Plastikeier. Frühling ist die Zeit der kräftigen Farben. So sehr, wie sich die Menschen nach einem langen grauen Winter darüber freuen, könnte man meinen, sie würden sich auch in ihrer künstlich erschaffenen Umgebung mit Farbe umgeben. Doch im Verkehr ist das Gegenteil der Fall: Bei Autofarben dominieren Weiß, Schwarz und Grau. Dabei ging es auf den Straßen schon einmal wesentlich bunter zu. Warum hat sich das gedreht? Wer sorgt heute noch für Farbtupfer im grauen Verkehrsfluss? Wir haben zwölf bemerkenswerte Fakten rund um Autofarben recherchiert.

Die Farbvielfalt auf den Straßen nimmt ab

1980 war die häufigste Autofarbe bei Neuzulassungen in Deutschland Rot, auf Platz zwei und drei fanden sich Grün und Gelb. Doch seit der Jahrtausendwende erobern Grau/Silber, Schwarz und Weiß die Straßen.

Manche sehen darin einen Apple-Effekt, dezente Farben als Symbol für Eleganz und Fortschritt. Es lässt sich aber auch nüchtern erklären. Zwei von drei Autos werden heute gewerblich zugelassen, etwa Dienst-, Miet- oder Carsharingwagen. Oft lassen die Firmenvorschriften keine außergewöhnlichen Farben zu, sagt Martin Endlein, Sprecher der Deutsche Automobil Treuhand. Dazu komme, dass der Wiederverkaufswert eines Wagens auch von der Farbe abhänge. “Generell lassen sich Automobile mit klassischen Farben besser verkaufen als mit ausgefallenen”, sagt Endlein. Weiß hat noch weitere Vorteile, doch dazu später.

Paolo Tumminelli, Designprofessor an der Technischen Hochschule Köln, sieht noch einen anderen Grund für die Abkehr von bunt: “In den Siebzigern haben sich die Menschen den Traum eines eigenen Autos erfüllt und es lange gepflegt.” Heute würden Autos schon nach wenigen Jahren wieder verkauft, so wird der Wiederverkaufswert wichtiger, sagt Tumminelli, der früher für Alfa Romeo arbeitete. Oder sie würden gleich geleast oder abonniert. Außerdem seien die Umweltvorschriften für Lacke verschärft worden, wodurch bunte Farben teurer geworden seien.

Europäer lieben Grau

Überall auf der Welt ist seit mindestens zehn Jahren Weiß die Farbe Nummer eins für Autos – außer in Europa. Hier war von 2013 bis 2018 ebenfalls Weiß führend, hat der Autolackhersteller Axalta ermittelt. Doch seit 2019 dominiert Grau. “Bei uns gilt ein Metallic-Auto als wertvoller, das ist kulturell geprägt”, sagt Tumminelli. Gerade in Deutschland sei das Auto ein Vorzeigeobjekt. Auf anderen Kontinenten seien Autos dagegen noch viel mehr Nutzfahrzeuge. Die sollten vor allem billig sein und leicht zu reparieren. In vielen Ländern des Südens sei es zudem ein Vorteil, dass sich Weiß weniger erhitze.

In weißen Autos kann es fünf Grad kühler sein

In Zeiten, in denen der Klimawandel für immer heißere Sommer sorgt, ist ein helles Auto die bessere Entscheidung. Denn es gibt mehr Sonnenstrahlung wieder ab als ein dunkles, das die Sonne quasi schluckt. Die Oberfläche eines schwarzen Autos hat sich in einem Test des ADAC in der Mittagshitze auf 65 Grad erwärmt, die eines weißen nur auf 44 Grad. Im Innenraum war es in der Folge im weißen Auto fünf Grad kühler. “Alle rationalen Argumente sprechen für Weiß”, sagt Tumminelli.

Helle Farben wirken größer

Wer will, dass sein Auto groß wirkt, sollte ebenfalls weiß wählen. “Weiß betont die Form”, sagt Tumminelli, “deshalb sind klassische Skulpturen immer weiß.” Schwarz dagegen verdecke die Formen eher und lasse selbst Autokolosse kleiner wirken.

Teurer Schlitten, langweilige Farbe

Bei teuren Autos entscheiden sich deutsche Käuferinnen und Käufer heute meist für die zeitlose Eleganz von Schwarz, Grau/Silber oder Weiß. Bunte Autos sieht man noch am ehesten in den unteren Preissegmenten, vor allem bei Kleinwagen und Minis. Die werden selten als Dienstwagen zugelassen. “Kleine Autos sind eine geringere Investition”, sagt Tumminelli. Da denke man weniger über den Wiederverkaufswert nach.

Erstaunlich bunt geht es bei SUV zu, die preislich vom Dacia Spring bis zum Lamborghini Urus in allen Kategorien zu finden sind. Dass Sportwagen oft aufmerksamkeitsheischende Farben haben, dürfte indes niemanden überraschen.

“Mit der steigenden Beliebtheit von SUV gab es einen regelrechten Boom an Zweifarblackierungen”, teilt das Verkaufsportal carwow mit. “Das zeigt sich besonders im Kompakt-Segment, wo sich viele Modelle mit andersfarbigen, oftmals schwarzen Dächern kombinieren lassen. Es ist ein beliebtes Mittel, das Fahrzeug optisch weniger hoch erscheinen zu lassen.”

Frauen kaufen häufiger rote Autos

Deutsche Männer und Frauen unterscheiden sich kaum bei den Farbvorlieben. Mit einer Ausnahme: In den vergangenen Jahren waren zehn bis zwölf Prozent der Autos, die neu auf Frauen zugelassen wurden, rot, bei den Männern waren es etwa sechs Prozent. Männer kaufen vor allem mehr Grau, zeigen Zahlen des Kraftfahrtbundesamts.

Farben können schreien

Wenn Sportwagen grellgrün oder rot sind, macht sie das nicht nur optisch auffälliger – sondern auch akustisch. Zumindest subjektiv. “Unscheinbare Farben, wie weiß, lassen Fahrzeuge weniger laut erscheinen als schreiende Farben”, heißt es in einer Untersuchung des Center Automotive Research. Für diese fuhren identische Fahrzeuge mit unterschiedlicher Lackierung an Testpersonen vorbei.

Weiße Autos sind seltener in Unfälle verwickelt. Oder doch nicht?

Eine Studie australischer Forscher kam 2007 zu dem Ergebnis, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Farbe eines Autos und dem Unfallrisiko gibt. Schwarze, blaue, graue, grüne, silberne und rote Fahrzeuge seien tagsüber rund zehn Prozent häufiger in Unfälle verwickelt als weiße. Die Unfallfolgen seien außerdem gravierender. Andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Erklärung: Dunkle Farben reflektieren weniger Licht und sind damit schlechter sichtbar, insbesondere auf dunklem Asphalt. Weiß kommt – außer bei Hauswänden – selten vor und fällt daher auf.

Der Unfallforscher Siegfried Brockmann hält die Erkenntnisse der Studie jedoch für zweifelhaft und ohnehin nicht auf heute übertragbar. Seit 2011 ist bei neuen Autos Tagfahrlicht Pflicht, das sorge für mehr Sichtbarkeit als jede Farbe. “Außerdem würde den Weißton der Neunzigerjahre heute keiner mehr fahren. Gilt das Ergebnis auch für Cremeweiß?” Zudem zeige die Studie nur eine Korrelation, keine Kausalität. Die Unterschiede könnten also beispielsweise auch damit zu erklären sein, dass defensive Fahrer eher weiße Fahrzeuge kaufen.

Deutsche Taxis waren nicht schon immer beige

Bis 1971 waren Taxis in Deutschland schwarz. Dann legte der damalige Bundesverkehrsminister Georg Leber die heutige Farbe fest, die offiziell Hellelfenbein heißt. Als Gründe dafür sind überliefert, dass Taxis nun farblich klar erkennbar waren, dass es in schwarzen Taxis ohne Klimaanlage im Sommer arg heiß wurde und die helle Farbe für bessere Sichtbarkeit und damit Sicherheit (siehe oben) sorgt.

Grüne Gebrauchtwagen sind derzeit am teuersten

Silberne Autos profitieren offenbar nicht von der hohen Nachfrage nach grauen Autos. Laut einer Auswertung des Gebrauchtwagenportals mobile.de für ZEIT ONLINE wurden zuletzt silberne Autos gut 22 Prozent unter dem Durchschnittspreis aller Farben angeboten. Besonders teuer sind derzeit überraschenderweise grüne Gebrauchtwagen. Für die zahlt man fast 29 Prozent über Durchschnitt. Auch bei den Neuwagen lag zuletzt Grün im Trend mit plus 30 Prozent von 2021 auf 2022, zeigen aktuelle Daten des Kraftfahrtbundesamts.

Eine Lieblingsfarbe für 25.000 Euro

Im vergangenen Jahr hat Porsche zwei neue Farboptionen eingeführt. Zum einen können Kundinnen und Kunden zahlreiche historische Farben auswählen, die Porsche früher angeboten hat. Das erweitert das Spektrum auf mehr als 160 Optionen. Damit nicht genug: Besonders zahlungskräftige Käufer können sich eigens ihre individuelle Wunschfarbe mischen lassen. “Von der Handtasche bis zur Nagellackfarbe ist grundsätzlich alles denkbar”, teilte Porsche mit. Dann finde “für jede Anfrage eine separate Machbarkeitsprüfung statt, die je nach Aufwand mehrere Monate in Anspruch nehmen kann.”

Diese individuelle Lackierung kostet rund 25.000 Euro, damit ein Zehntel des Grundpreises des Carrera Turbo – und doppelt so viel wie mancher Kleinwagen. Trotzdem gibt es genug Interessenten: “In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach individuell lackierten Porsche stark gestiegen”, schreibt der Autohersteller.

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